Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
Vom Netzwerk:
Schultern und schlug ihn um Naki. »In dem nassen Kleid holst du dir noch den Tod, Mädchen, wie konnte das geschehen, du mußt besser auf den Weg achten, geht es denn wieder?«
    Schwankend erhob sich Naki: »Es ist alles in Ordnung! Vielen Dank noch mal!«
    Nun blieb Lele dicht neben ihr, während Kori an der Hand ihrer Mutter weiterlief.
    Tante Mulai enthielt sich weiterer Äußerungen.
    Naki und Lele erreichten als letzte das Ende des Moores und betraten festen Boden.
    Vor ihnen, durch den Regen verschleiert, erhob sich der Grabhügel.
    Naki blieb stehen. Der Grabhügel wölbte sich wie der Leib einer hochschwangeren Frau. Wie der Leib der Göttin. Nakis Herz stockte: Auf dem Gipfel des Grabhügels, durch ein Gerüst erhöht, stand ein Mann und trieb mit wuchtigen Beilschlägen einen riesigen Pfosten in den Hügel – in den Nabel des schwarzen Leibes.
    Naki keuchte.
    Die Göttin – der Pfahl – er treibt der Göttin einen Pfahl in ihren Bauch – er martert die Göttin – er tötet ihre Leibesfrucht – er tötet das Leben – er tötet
Sie

    Schwindel erfaßte sie. In ihren Ohren schrillten zahllose Grillen.
    Eine schwangere Frau – sie krümmt sich am Boden – über ihr der schwarzgekleidete Mann – er hebt den Arm zum furchtbaren Schlag – ein Holzscheit in seiner Faust – er schlägt zu, wieder und wieder – sie schützt nicht ihren Kopf, Blut in ihrem hellen Haar, sie schützt nur ihren Bauch, das Kind, das Kind – ein schwerer Fußtritt in ihren gesegneten Leib – das Ungeborene, es wird sterben, ein Mädchen

    Sie wankte, Schwärze vor ihren Augen, brennend und bitter stieg die Übelkeit in ihr hoch, sie beugte sich vornüber und erbrach sich.
    Wimmernd kauerte sie am Boden.
    Lele kniete bei ihr nieder. »Du bist schwanger«, sagte sie heise, »ich hab' es schon geahnt, jetzt weiß ich es: Du bist schwanger von Lykos wie ich!«
    Naki umschlang die Beine mit den Armen, drückte den Kopf auf die Knie.
    »Ich weiß, wie das ist«, flüsterte Lele neben ihr. »Ich hasse ihn wie du. Ich stelle mir vor, wie dieser Lykos im Moor versinkt, wie ein Pferd ihm den Schädel eintritt, ein Eber ihn niedertrampelt, wie ein Bär ihn zerquetscht, wie ein Blitz sein Haus entzündet und er bei lebendigem Leib verbrennt – aber er, er lebt, und nicht genug mit allem, was er dir und mir angetan hat, müssen wir auch noch sein Kind in uns tragen!«
    Naki hob den Kopf, langsam sickerten Leles Worte in ihr Bewußtsein, dennoch begriff sie nicht, wovon Lele sprach. »Sein Kind«, wiederholte sie tonlos.
    »Mit vier anderen Wolfskriegern hat er in diesem Sommer unseren Hof überfallen, er hat behauptet, wir hätten den Hengst seines Vaters vergiftet und dafür werde er uns bestrafen, gewütet wie die Bestien haben die Wolfskrieger unter uns, unseren großen Bruder und Daires Mann haben sie erschlagen und Irrkru mit dem Dolch das Gesicht zerfetzt, und mich – ich bin vor Lykos davongerannt, beinahe wäre ich ihm entkommen, aber er hat mich eingeholt und niedergeschlagen, halb tot hat er mich geprügelt, aber das andere war schlimmer, ich kann nicht leben und nicht sterben seither...« Lele stockte.
    Naki starrte Lele an. Unendlich müde war sie auf einmal. Nur mit Mühe formten sich die Worte: »Dich hat er auch ...?«
    Lele nickte. »Mich auch. Und weißt du, was am schlimmsten ist? Ich kann es nicht lieben, das Kind, herausreißen möchte ich es mir, denn täglich erinnert es mich an das, was er mir angetan hat!
    Dir geht es genauso, nicht wahr?«
    »Was redest du da«, fuhr Naki auf, »was hat mein Kind damit zu tun! So darfst du nicht denken! Lykos hat meinem Kind nur den Weg bereitet, das hat keine Bedeutung, die Göttin hat mir mein Kind gegeben und dir deines auch!«
    Lele schlug die Hände vors Gesicht »Du hast ja recht. Aber die Söhne des Himmels sagen, ein Kind wachse aus dem Samen, den der Mann in die Frau pflanze, sie habe nicht mehr Anteil daran, als daß sie es nähre, sein Schößling sei es, sein Fleisch und Blut! Früher habe ich darüber gelacht, wo man hinsieht, erkennt man doch die Allmacht der Göttin in der Fruchtbarkeit alles Weiblichen. Aber seit Lykos mich vergewaltigt hat, er muß doch gemerkt haben, daß ich noch nie einen Mann hatte, wenn er erfährt, daß ich schwanger bin, dann hält er sich für den Erzeuger meines Kindes –«
    Tante Mulai lachte schrill: Naki, jetzt weißt du, was Lykos denken wird, wenn er erkennt, daß du ein Kind bekommst! Sein Kind!
    Naki preßte die Hände

Weitere Kostenlose Bücher