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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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gerettet, Sie haben mich gerettet. Ich mache mich auf den Weg, sobald ich mich noch ein bißchen ausgeruht habe.« Mesmers nickte traurig und stand auf. Seine Augen waren dunkel umrandet und zeigten an, daß er noch weniger als gewöhnlich geschlafen hatte. Er entfernte sich müde von Tallow, und seine Schultern hingen herab. »Ich werde dafür sorgen, daß Sie sicher aus der Stadt kommen«, sagte er. »Und ich werde Sie nie wiedersehen, Mr. Tallow.«
    »Leben Sie wohl«, grinste Tallow, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ sich zurück in die Kissen sinken. »Ich hoffe, Sie kommen klar.«
    »Leben Sie wohl.« Mesmers ging langsam und war bald verschwunden. Tallow hörte die Außentür zuklappen.
    Zwei Tage später schlurfte ein altes Weib in ein Tuch gehüllt vom Haus fort, in dem sich Tallow erholt hatte. Die alte Frau war Tallow.
    Tallow hoffte, verkleidet die Kaianlagen erreichen und sich unter die Menschen mischen zu können, die sich dort jeden Tag versammelten, um sich die einlaufenden Schiffe anzusehen. Mesmers’ Anhänger hatten gesagt, daß es dort möglich sein könnte, auf eines der auswärtigen Schiffe zu gelangen oder sich ein Boot zu stehlen.
    Die Verkleidung war vollkommen. Tallow spielte seine Rolle ausgezeichnet, am Arm einen abgenutzten Korb, ein Tuch über den Kopf gezogen, das Gesicht im Schatten des Tuches. Niemand schenkte ihm auch nur einen Blick; in der Stadt gab es so viele arme alte Weiber. Als er die Hauptstraße erreichte, die zu den Kaianlagen führte, schloß er sich einer langsam gehenden Menge an, die dem Fluß zustrebte. Dort war ein Zaun, der die Hafengegend vom Rest der Stadt trennte, und der Zaun wurde bewacht. Man ließ jedoch die Menge durch. Tal low ging mit klopfendem Herzen an einem Wächter vorbei, den er wiedererkannte, doch der Wächter starrte einem Mädchen nach, das hinter seinem Vater ging. Tallow fing an, die Sache ruhiger zu nehmen. Er hatte es sich nicht so einfach vorgestellt, die Kais zu erreichen.
    Große Schiffe kamen in Sicht, und Tallow wurde sofort von Sehnsucht ergriffen. Jedes Schiff bedeutete Entkommen und noch mehr. Jedes Schiff war ein Mittel, der goldenen Barke zu folgen. Zwischen den größeren Fahrzeugen tanzten auf den Wellen kleine Einmannboote von der Sorte, die Tallow vertraut war.
    Er folgte der Menge, die an einem Kai zum Stehen kam. Männer waren damit beschäftigt, Schiffe zu entladen und zu beladen. Doch auch hier wimmelte es von Wächtern, die alles, was nicht normal war, mit argwöhnischen Augen betrachteten. Tallow entspannte sich und wartete auf seine Gelegenheit.
    Sie kam endlich, als am anderen Ende des Kais Unruhe entstand. Tallow wußte nicht, was der Grund war, doch die Aufmerksamkeit der Wächter war abgelenkt. Sie richteten die Gewehre drohend auf den Unruheherd, und Tallow hörte rauhe Stimmen, die irgend etwas forderten. Die Wächter bewegten sich auf den Lärm zu. Tallow begann zu rennen.
    Er hetzte zum Fluß, hörte hinter sich einen Schrei. Ein Gewehr knallte ziemlich nahe, aber er lief weiter. Dann strömten Wächter aus allen Richtungen zusammen, und ein paar rannten los, um ihm den Fluchtweg zum Wasser abzuschneiden. Er blickte wild um sich und war von blitzenden Bajonetten umgeben.
    Da zeigte er verzweifelt auf die Menge und rief: »Er ist dort,
Mesmers ist in der Menge! Er befahl mir, loszurennen, damit er
entkommen kann!«
Die Wächter waren unschlüssig.
    »Es ist wahr!« schrie Tallow. »Er wird entkommen!«
    Die Waffen richteten sich auf die Menge. Die Leute erkann
    ten die Gefahr und versuchten zurückzuweichen. Ein Hauptmann bellte den Befehl: »Stehenbleiben! Keine Bewegung!« Die Menge bekam es jetzt mit der Angst zu tun. Man begann zu rennen und stieß sich gegenseitig. »Feuer! Feuer!«
    Schüsse krachten, und zwei Männer stürzten nieder. »Halt!«
    Die Schüsse hatten aber die Menge in Panik versetzt. Sie lief in alle Richtungen über den Kai auseinander. Die Wächter feuerten blindlings auf die Leute und versuchten, sie vom Zaun fernzuhalten. Das Mädchen, das den Torwächter abgelenkt hatte, brach schreiend zusammen. Zwei Burschen stürzten zu Boden. Sie preßten die Hände gegen die Schenkel, um den Schmerz zu lindern, der durch ihre Körper fuhr.
    Tallow riß sein Tuch ab und wandte sich zum Fluß. Er sprang ins Wasser und schwamm hin zu einem Motorboot, das in der Nähe festgemacht war. Zwei Wächter entdeckten ihn. Sie zielten auf ihn. Kugeln zischten um ihn herum ins Wasser, doch er konnte

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