Die goldene Königin
links und sah, dass in den Ecken jeweils kleinere Tische standen.
Frescobaldi Hieronymus saà in der entlegensten Ecke vor einem noch unberührten Bierkrug. Gerade kam der Wirt auf sie zu, da rief der Bankier mit rauer Stimme:
»Das junge Mädchen ist meinetwegen hier. Setzt Euch an meinen Tisch, Demoiselle und soupiert mit mir. Wirt! Bringt uns das Beste, was Eure Küche zu bieten hat.«
AnschlieÃend stand er auf, kam ihr entgegen und verneigte sich leicht.
»Verratet Ihr mir Euren Namen, schöne junge Dame?«
»Ich heiÃe Mathilde.«
»Ah, Demoiselle Mathilde, speisen wir gemeinsam.«
Er lieà sie auf der anderen Seite Platz nehmen und rief erneut nach dem Wirt.
»Was serviert Ihr meinem jungen Gast? Einen kleinen französischen Wein mit Ingwer oder Zimtgeschmack?«
»Einen Hypokras!«, sagte Mathilde hastig.
»Gut, mein Freund! Wir nehmen zwei Gewürzweine«, erklärte Frescobaldi. »Mein Bier trinke ich später.«
Dann wandte er sich wieder dem jungen Mädchen zu, stierte sie mit seinen Raubtieraugen an und fragte:
»Mögt Ihr dieses königliche Getränk?«
»Ich trinke es üblicherweise mit François, dem Ersten seines Namens.«
»Von welchem François sprecht Ihr?«
»Nun, vom französischen König! Von welchem François sollte ich sonst sprechen? Ich kennen keinen anderen.«
Stillschweigend beobachtete er sie und erwiderte nichts. Sie spürte, dass er die Wahrheit herausfinden wollte. Sie täuschte sich nicht. Er fragte sich: Ist sie wirklich die Tochter einer Weberin aus Tours oder nur eine Dienerin, die am Hof des französischen Königs gedient hat und sich nun auf der Flucht befindet? Es heiÃt, der junge Monarch sei hinter den Röcken koketter Mädchen her, und diese hier schien nicht gerade schüchtern. Sie sah ihm derart unverfroren in die Augen, dass er sich nicht mit ihr anlegen wollte. Aber der Hypokras würde seine Wirkung tun, und sofern sie noch einen zweiten und vielleicht sogar einen dritten nahm, würde dieses junge Ding sich schon verraten.
Der Gastwirt kam mit zwei Krügen in den groÃen behaarten Händen zurück.
»Ach«, sagte Mathilde, an ihn gewandt, »Euer Stallknecht hat sich meines Pferdes angenommen. Wir sind von Lyon bis hierher geritten, ohne uns eine Nacht auszuruhen oder auch nur eine Pause einzulegen.«
Frescobaldi hob die Brauen. Eine einfache Dienerin wüsste weder, wie man reitet, noch besäÃe sie ein Pferd. Wenn sie sich geschickt anstellte, gehörte ihr bestenfalls ein Muli oder ein Esel. Aber dieses Mädchen, vorausgesetzt sie sagte die Wahrheit, war eine hervorragende Reiterin.
»Dort ist es gut aufgehoben«, antwortete der Wirt. »Mein Stalljunge wird sich um Euer Pferd kümmern. Benötigt Ihr ein Zimmer für die Nacht? Eins habe ich noch, aber in ein oder zwei Stunden wird auch das sicher belegt sein.«
»Dann nehme ich es und reise morgen früh bei Sonnenaufgang ab.«
Sie griff ihren kleinen Geldbeutel und zeigte ihn dem Hotelier, damit er sah, dass sie bezahlen konnte.
»Wohin reist Ihr?«, erkundigte sich Frescobaldi mit einem undurchsichtigen Lächeln.
»Nach Marseille. Dort schiffe ich mich nach Florenz ein.«
»Das ist nicht gerade ein Katzensprung! Ich komme von dort.«
Sie lieà die Geldkatze sinken, und als sie sah, dass der Wirt anscheinend zufrieden war, lieà sie sie in ihrem Ãrmel verschwinden.
»Langweilt es Euch, Sire Hieronymus, wenn wir von Florenz sprechen?«
»Keineswegs! Aber wolltet Ihr nicht über das kleine byzantinische Werk sprechen, das ich dem Kaufmann Riccio abgekauft habe, das ich aber weiterverkaufen möchte?«
Nun beging Mathilde ihren ersten Fehler, denn sie gestand, dass sie lieber über Florenz als über dieses Werk sprechen wollte, das ihr im Laden des Goldschmieds angeblich noch so am Herzen gelegen hatte.
»Dann wart Ihr noch nie in Florenz?«
»Nein.«
»Nun, Ihr werdet es lieben und nicht mehr verlassen wollen.«
Mit scharfem Blick musterte er den Mund seiner Begleiterin, die soeben das Glas mit den letzten Tropfen des kühlen alkoholhaltigen Getränks geleert hatte.
»Darf ich Euch eine Frage stellen?«, fragte sie und stellte ihren Krug auf den Tisch zurück.
»Ich wäre glücklich, wenn ich sie beantworten könnte.«
Und während er einen weiteren Gewürzwein
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