Die goldene Königin
Geschichte von Daniel und Nabuchodonosor mit seinen reich verzierten Figuren und den faszinierenden Farben. Der groÃherzige König im weiten blauen Mantel befahl einer Frau, sich zu erheben. Die Soldaten richteten die Spitzen ihrer Lanzen gen Himmel. In der Ferne sah man eine befestigte Stadt, und in einer Ecke hob ein Pferd, weià wie Fildor, anmutig einen Huf. Es handelte sich um die berühmte Szene von der Triumphalen Rückkehr. Ihre Mutter hatte viel davon gesprochen, als er in Flandern gewebt worden war.
Doch Mathilde wandte den Blick wieder König Guillot zu, der an eine Truhe trat und daraus alle erdenklichen Kostbarkeiten hervorzauberte und ihr zu FüÃen legte.
»Da du Könige magst, bin ich heute Abend der deinige und verlange deine Liebe.«
»Aber ich möchte Euch nicht lieben!«
»Du wirst mich lieben, da bin ich mir sicher. Alle meine Mätressen gehen zufrieden von mir fort, die Hände voll mit quasi königlichen Geschenken. Manche wollen bleiben, aber das dauert nur ein paar Tage.«
Er umkreiste sie und beäugte sie mit seinem Raubtierblick.
»Andere wiederum«, sprach er weiter, »gehen geradezu reich von mir fort.«
Erstaunt betrachtete Mathilde die prächtigen Geschenke zu ihren FüÃen: schillernde Tücher, Schmuck, Pelze und Parfum.
»Das ist alles für dich. Du gehst von hier fort mit einem Beutel, der alles enthält, das zu deinen FüÃen liegt.«
Mathilde geriet in Aufruhr.
»Ihr seid verrückt«, murmelte sie.
»Ja! Nach dir, meine Schöne. Sei tagsüber meine Königin. Des Nachts streife ich umher, beobachte und befehlige die Männer, die mir bringen, was ich von ihnen verlange. Hör zu, ich werde mich groÃherzig zeigen: Ich lasse dich heute Abend gehen.«
»Ich möchte nicht Eure Königin sein. Warum muss ich das?«
»Weil du keinen Mann hast!«
»Ich versuche nicht, Euch zu überzeugen. Glaubt, was Euch gefällt. Lassen wir Lüge oder Wahrheit. Wir werden ja sehen, wer von uns beiden dieses kleine Ratespiel gewinnt.«
»Ich gewinne immer, das ist gewiss. Es wäre kindisch von dir, meine Schöne, das Gegenteil zu erwarten. Nun, hör auf nachzudenken, und reich mir deine Arme.«
Er nahm ein Smaragdarmband und legte es um ihr zartes Handgelenk, das er einen Augenblick festhielt. Dann trat er hinter sie und befahl ihr, den Kopf zu senken. Als sie anmutig wie ein Schwan den Hals neigte, schloss er die dazugehörige Kette und nahm ein Ohrgehänge, das das Geschmeide vervollständigte.
Während er die Ohrringe befestigte, spürte Mathilde seinen Atem in ihrem Nacken, dann strich seine warme Hand über ihre Haut. Es brannte. Seine geschmeidigen Finger glitten ihren ganzen Rücken hinunter, bis zu ihrer Taille. Sie brannten durch den Stoff ihres Kleides hindurch auf ihrer Haut. Dann richtete er sich auf, trat erneut vor Mathilde und erforschte mit seinem Adlerblick ihre Augen.
»Gehen wir nach nebenan. Ich habe Hunger und Durst. Wir nehmen eine Mahlzeit ein.«
Obwohl es noch Tag war, wurde ein opulentes Souper serviert. Die Diener sprachen nicht, hatten jedoch auf alles ein wachsames Auge. Sie huschten hinter ihnen von einer Seite zur anderen und führten jeden Befehl ihres Herrn, der sich lediglich durch Gesten bemerkbar machte, umgehend aus.
Mathilde trank ausschlieÃlich Wasser, das weit davon entfernt war, unangenehm zu riechen. Der Brunnen, aus dem man es gezogen hatte, konnte nicht verseucht sein. Trotz der hervorragenden Qualität der Speisen aà Mathilde wenig.
Nachdem die Diener Cremespeisen und Desserts, begleitet von kandierten Früchten und in Schokolade gehüllte Dragees, gebracht hatten, entlieà Guillaume sie. Doch Mathilde, die beobachtete, wie sie gingen, spürte, dass sie sich direkt hinter der Tür, die den Salon von seinem Zimmer trennte, bereithielten.
Guillaume nahm ihre Hand, diesmal ganz ohne Gewalt.
»Dir fehlt ein Ring, meine Schöne, und da dir dein Phantasieehemann keinen über den Finger geschoben hat, werde ich das an seiner Stelle tun.«
Er lieà einen schönen Goldring mit eingefassten Smaragden über ihren Finger gleiten, das letzte Teil des Geschmeides, und raunte in ihr Ohr:
»Ich bitte dich, diesen Schmuck als Zeichen meiner Bewunderung zu behalten. Wenn du zu deiner Familie zurückkehrst und ihn betrachtest, denkst du an König Guillot, nicht an François
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