Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
Vom Netzwerk:
Streitereien, an allen Spielen und Späßen, die sein junges Leben füllten. Seine Augen funkelten ebenso fröhlich wie die seines Vaters. Unablässig warf er schalkhafte Blicke auf seine Umgebung, die er mühelos mit seiner stets guten Laune unterhielt. Er verströmte eine unbändige Energie, die man mit Zurechtweisungen in Bahnen lenken musste, was er gütig zur Kenntnis nahm, ohne ihnen weitere Beachtung zu schenken. Seine blonden Haare fielen in Locken auf die Schultern herab, und sein sicheres Auftreten machte aus ihm einen beliebten Thronfolger, den der Hof zu bewundern schien.
    So fröhlich, aufgeweckt und ausdrucksstark der ältere war, so schweigsam gab sich der jüngere. Henri besaß allerdings jede Menge Charme. Trotz der sanften verträumten Augen fesselte einen sein feuriger Blick, und wenn er innehielt, um die Erwachsenen zu betrachten, schien er sie unerbittlich zu analysieren. Wie Charlotte stellte er Fragen und merkte sich nur die besten Antworten.
    Die Comtesse d’Angoulême, die den Ammen folgte, sorgte sich um ihre Tochter, und obwohl Marguerite ihr nichts von den Schwierigkeiten mit ihrem Mann anvertraut hatte, begann Louise zu bedauern, dass sie diese Ehe angestiftet hatte, die offensichtlich gescheitert war. Damals war sie nur am Heil ihres Sohnes interessiert gewesen.
    Â»Mutter, ich möchte Charlotte sogleich besuchen.«
    Â»Willst du nicht erst Claude begrüßen?«
    Â»Zuallererst möchte ich zu Charlotte.«
    Louise widersprach nicht, und nach einem letzten Kuss für die anderen Mädchen gingen sie über den Flur zum Zimmer der jungen Kranken.
    Als sie den Raum betrat, erschrak Marguerite. Das Kind lag in einem abgedunkelten Zimmer. Zwei Lampen brannten an ihrem Bett und tauchten den Rest des Zimmers in Dunkel oder Halbdunkel.
    Als sie an der Truhe vorbeikam, griff Marguerite eine der Lampen, die dort stand, und beleuchtete damit das Gesicht von Charlotte. Das Kind war stark abgemagert, und unter seinen großen blauen Augen, die einst so fröhlich gefunkelt hatten, lagen große dunkle Schatten. Ihre Wangen waren nicht mehr die kindlichen Pausbacken von einst, in denen zwei winzige Grübchen erschienen, wenn sie lachte, sondern blass und eingefallen.
    Â»Tante Marguerite«, hauchte das kleine Mädchen, »ich freue mich so, Euch zu sehen.«
    Die junge Frau stellte die Lampe auf den Boden und fasste ihre Nichte an den Schultern.
    Â»Mein kleiner Liebling, du wirst schnell wieder gesund werden. Anschließend fahren wir in die Normandie und machen weite Ausritte.«
    Â»Gern, Tante Marguerite, aber ich bin so müde. Ich weiß nicht, ob wir das schaffen.«
    Leise ging die Tür auf, und die Königin trat ein. Obwohl sie nicht schwanger war, besaß sie einen beträchtlichen Leibesumfang, sie war beinahe dick. Ihre Gehbehinderung verstärkte sich durch ihr ansehnliches Körpergewicht, und sie hinkte stark.
    Sie betrachtete traurig ihre Tochter, dann richtete sie den Blick auf ihre Schwägerin. Louise, die hinter Claude hereintrat, ging auf das Bett zu und schüttelte die Decke aus. Anschließend sorgte sie behutsam dafür, dass das Gesicht des Kindes nicht verdeckt war.
    Â»Mir scheint, dir ist zu warm, Charlotte.«
    Â»Hat sie Fieber?«, erkundigte sich Claude.
    Sie legte die Lippen auf die feuchte Stirn ihrer Tochter und murmelte mit müder Stimme:
    Â»Ich überlasse sie Euch, Marguerite. Ihr habt nicht die ganze Reise auf Euch genommen, um gleich wieder aufzubrechen, oder? Ich bin so erschöpft. Sobald ich ein paar Schritte gehe, bin ich außer Atem und bekomme keine Luft mehr.«
    Â»Eure letzte Schwangerschaft hat Euch völlig ausgelaugt, Claude. Eure letzte Tochter ist ein so pausbäckiges Kind, es hat Euch alle Energie geraubt. Ruht Euch aus, und sorgt Euch nicht. Ich bleibe in diesem Zimmer, bis Charlotte wieder zu Kräften kommt.«
    Das Gefolge der Königin wartete an der Tür auf sie, und sobald sie das Zimmer verlassen hatte, brachten sie sie in ihr Zimmer zurück, das sie kaum noch verließ.
    Â»Tante, bitte reist nicht wieder ab!«, flehte das geschwächte Kind.
    Â»Na, weißt du, was wir zwei jetzt machen? Wir öffnen weit das Fenster und betrachten den Himmel.«
    Â»Ist er noch immer blau?«
    Â»Natürlich, und heute Morgen zeigt er sich in seiner ganzen Pracht.«
    Das Mädchen lächelte schwach, dann erkundigte es sich

Weitere Kostenlose Bücher