Die goldene Königin
gegenüber aufgeschlossen, von denen er anscheinend nicht ablassen wollte.
An jenem Tag, der einen milden Frühling erwarten und auf schöne Sommertage hoffen lieÃ, erreichten die Feierlichkeiten mit der Hochzeit von Renée de Bourbon, der Schwester des Konnetabel, und dem Duc de Lorraine ihren Höhepunkt.
Der junge König und seine Gefährten wussten nicht mehr, wie sie ein Publikum unterhalten sollten, das stets etwas Neues erwartete. So suchten seine Freunde Bonnivet, Montmorency, La Marck und Chabot, alle von ebenso ungestümem Charakter wie er, nach einer originellen Idee, um die hübsche Gesellschaft zu überraschen, die sich auf den Rängen der Galerie versammelt hatte.
Zum allgemeinen Erstaunen kündigte man die Ankunft eines Wildschweins im Hof des Schlosses an, und man munkelte, dass der König mit ihm kämpfen wollte. Einige bestaunten es wie ein auÃergewöhnliches Museumsstück, andere reagierten verängstigt, als die Arbeiter eilig eine behelfsmäÃige Arena aus Holzpflöcken und im Kreis aneinandergelegten Planken errichteten. Darüber spannten sie eine Plane, um die Mutigsten, die sich weigerten, auf der Galerie in der ersten Etage Platz zu nehmen, vor möglichem Regen zu schützen.
»Gütiger Himmel!«, rief Louise, deren Gesicht leichenblass geworden war, »der junge Narr wird selbstverständlich nicht gegen diese wilde Bestie antreten!«
»Mir erscheint die Idee eher mutig als albern«, murmelte der alte Genouillac und rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Mein lieber Genouillac«, wandte sich Louise aufgebracht an den alten Soldaten, »bei meinem Sohn gehen Kühnheit und Irrsinn nur selten getrennte Wege.«
Auf einmal erinnerte sie sich an die harten Worte von Maréchal de Gié. Er hatte François ganz bewusst zu dieser Kühnheit angestachelt, ohne dass er die Folgen unter Kontrolle hatte. Wie oft hatte der Maréchal seine Spielgefährten provoziert, um dem jungen François eine Chance zum Kämpfen zu verschaffen? Wie oft hatte er die Verantwortung für einen ebenso verrückten wie gefährlichen Waldausflug übernommen, damit François seine Grenzen ausloten konnte?
Sie wandte ihren Blick dem Hof zu, in dem eine lächerliche Arena Gestalt annahm.
Bonnivet lief unruhig hin und her. Louise spürte, wie sehr es ihn reizte, mit François gemeinsam gegen das starke Tier zu kämpfen. Aber der junge König wollte der alleinige Sieger sein, zumal alle voller Ungeduld den Ausgang des Kampfes erwarteten.
Der Königin blieb der Mund offen stehen, ihre Augen wurden vor Angst immer gröÃer, und sie wirkte ebenso aschfahl wie ihre Schwiegermutter. Fahrig strich sie sich über das Gesicht, fasste sich an den Hals und legte die Hand schlieÃlich auf ihren vorstehenden Bauch.
Claude kannte den Ãbermut ihres Mannes viel zu gut, als dass sie versucht hätte, ihn von seiner Idee abzubringen. Wie oft hatte sie ihn schon siegreich kämpfen sehen? Wie oft hatte sie seinen Heldentaten applaudiert? Sie lieà ihre Hand an ihrem Körper hinaufgleiten und legte sie schlieÃlich auf ihre schweiÃnasse Stirn.
Louise und Marguerite waren zu sehr mit dem Schauspiel beschäftigt, das in tödlichen Wahnsinn auszuarten drohte, um sich um die junge Königin zu kümmern. Doch zwei ihrer Zofen, die über die plötzliche Entscheidung des Königs ebenfalls entsetzt waren, eilten ihr sogleich zur Seite.
Das Tier war noch in dem eindrucksvollen eisenbeschlagenen und mit Stroh ausgelegten Käfig angebunden, in dem man es festhielt, seit man es am Morgen in den Wäldern von Sologne gefangen hatte. Beim Anblick der staunenden Menge gebärdete sich das Biest wie verrückt. Die Oberjäger bekamen es nicht unter Kontrolle. Das kräftige Tier wehrte sich, sobald sich ihm ein Mensch näherte, sabberte vor Wut und schlug aus.
Beeindruckt von dem groÃen Mut des Königs, hielt die Menge erwartungsvoll den Atem an. Das Wildschwein mit den kurzen festen Borsten drohte jeden Moment die Lederriemen zu sprengen, mit denen es festgebunden war.
»Der König wird mit ihm kämpfen. Er ist genauso stark wie diese Bestie«, flüsterte eine Dame vom Hofe, der Mathilde, die im zweiten Rang saÃ, vernichtende Blicke zuwarf. Ihre Augen waren ebenso vor Schreck wie vor Bewunderung für den jungen Monarchen geweitet.
»Das ist unmöglich«, entgegnete eine andere
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