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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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würde ihr ein solcher Blick bei dem Mann nützen, den sie heiraten sollte und der eine so schwere Erblast mitbrachte? Würde sie ihn so ansehen, würde dieser Gatte sie schnell vernichten.
    Â»Wir sind uns noch nie begegnet«, sagte Mathilde lächelnd.
    Â»Während ich auf meine Hochzeit warte, diene ich eine Zeit am Hof der Königin.«
    Â»Ich habe Euch noch nie gesehen.«
    Â»Weil Ihr dem Hof des Königs und seiner Schwester folgt, der Duchesse d’Alençon. Ich habe Euch sehr wohl bemerkt. Was macht Ihr hier in der Dunkelheit?«
    Â»Ich … ich wollte …«
    Â»Tut Ihr etwas Unrechtes?«
    Da Mathilde schwieg, fuhr die junge Diane in ruhigem Ton fort:
    Â»Ihr wolltet aber doch nicht fliehen?«
    Mathilde entspannte sich.
    Â»Ich weiß nicht. Vielleicht doch. Aber ich bringe es nicht übers Herz, meiner Mutter Sorgen zu bereiten. Sie soll mich früher oder später hier treffen.«
    Â»Und Eure Zwillingsschwester? Ist sie ebenfalls abgereist?«
    Â»Ach! Ihr kennt sie!«
    Â»Ihr zwei seid kaum zu übersehen. Schon wenn Ihr allein seid, zieht Ihr die Blicke auf Euch, und wenn dieses Bild sich noch verdoppelt, fallt Ihr erst recht auf.«
    Mathilde fing an zu lachen. Das tröstete sie ein wenig. Diese junge Diane schien ihr ausgesucht höflich und liebenswürdig und wollte die Unterhaltung mit ihr offenbar fortsetzen.
    Â»Wäre es Euch recht, wenn wir uns draußen ein wenig unterhielten?«, schlug ihre Begleiterin vor. »Hier drin ist es so warm, dort ist die Luft besser.«
    Â»Ihr habt recht, und außerdem glaube ich, dass ich so auf andere Gedanken komme. Ich habe keine Freundin.«
    Â»Ich auch nicht.«
    Â»Und Ihr? Was macht Ihr in der Dunkelheit?«
    Â»Ich habe das Zimmer von Dame d’Alençon gesucht.«
    Â»Wollt Ihr sie sprechen?«
    Â»Ich würde ihr gern einige Fragen über den Mann stellen, mit dem man mich verheiraten will, aber ich weiß nicht, wie ich es geschickt anstelle.«
    Â»Ich kenne sie gut. Wollt Ihr, dass ich sie um eine Unterredung bitte?«
    Â»Oh, das würdet Ihr tun?«
    Â»Natürlich. Wen sollt Ihr heiraten?«
    Â»Es handelt sich um den Comte Louis de Brézé, Seneschall der Normandie. Das Amt geht jeweils vom Vater auf den Sohn über. Die Duchesse d’Alençon wird ihn sicherlich kennen.«
    Â»Oh, zweifellos. Mir scheint, ich habe sie von ihm reden hören.«
    Â»Mein Vater weigert sich, mir mehr zu sagen. Ich weiß nichts über diesen Mann. Ist er alt? Hässlich? Böse? Geizig?«
    Â»Warum sagt Ihr nicht lieber jung, schön, liebenswert und großzügig?«
    Â»Ihr habt recht. Aber ich bin gezwungen, das Gegenteil anzunehmen.«
    Â»Warum?«
    Â»Ich habe Angst, dass er seinem Vater ähnelt und dass der Geist, der durch dieses Schloss spukt, mir nicht gewogen ist.«
    Sie lächelte dünn und ergriff Mathildes Hand.
    Â»Ich fürchte, dass es ziemlich finster ist.«
    Â»Von welchem Geist sprecht Ihr?«
    Â»Von dem von Charlotte.«
    Â»Charlotte?«
    Â»Ja, Charlotte, eine der Töchter von Agnès Sorel und Karl VII . Sie hatte den alten Seneschall Pierre de Brézé geheiratet. Das ist der Großvater des Mannes, den ich heiraten soll. Eines Tages überraschte Pierre de Brézé sie im Bett mit ihrem Liebhaber. Er tötete sie erbarmungslos mit einem Dolchstoß direkt ins Herz, nachdem er zunächst den Mann umgebracht hatte, den sie liebte. Seither, heißt es, spukt der Geist von Charlotte durch das Märchenschloss.«
    Mathilde seufzte und zog ihre Begleiterin mit sich.
    Â»Schnappen wir ein bisschen Luft. Das bringt uns auf andere Gedanken.«
    Leider musste die junge Diane de Poitiers rasch auf ihr Gut zurückkehren, um so schnell wie möglich zu heiraten. Mathilde bedauerte dies, denn die wenige Zeit, die sie in Brissac in Dianes Gesellschaft verbracht hatte, versöhnte sie ein wenig mit dem Leben. Sie sollten sich viele Jahre später am Hof von François I. wieder begegnen. Dann würde Diane Witwe sein und Kronprinz Henri – der jetzt noch nicht geboren war – ein Auge auf sie werfen und den Blick nicht mehr von ihr lösen.
    Während Mathilde von der schönen jungen Frau träumte, die man zwang, einen alten Mann zu heiraten, der vielleicht seinem mörderischen Großvater glich, ahnte Alix nicht, dass in ihrer Tochter gleichzeitig der Plan reifte,

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