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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Erlaubnis, sich mit ihrer Tochter zurückziehen zu dürfen.
    Die große königliche Rundreise endete kurz vor dem erneuten Aufbruch des Königs nach Italien. Marguerite hatte sich gewünscht, in ihren Lieblingsorten Montrichard und Saint-Aignan haltzumachen, nun bat Louise darum, der Hof möge über Amboise, ihre Wahlheimat, nach Blois zurückkehren.
    Und der König, der kürzlich einen hohen Gast eingeladen hatte, verspürte plötzlich das Bedürfnis, sich mit diesem zu unterhalten. Konnte es überhaupt einen bedeutenderen Gast als ihn geben? Leonardo da Vinci? Nachdem der junge Monarch von der Pracht nach italienischem Vorbild erfüllt war, die er auf seiner gesamten Reise entdeckt hatte, würde er sich erst zufriedengeben, wenn die Renaissance ihren festen Platz hatte.
    Leonardo da Vinci war in Clos-Lucé untergebracht, ehemals Château du Cloux, das über einen Geheimgang auf diskrete Weise mit Schloss Amboise verbunden war. Von seinen Fenstern aus betrachtete der Siebenundsechzigjährige die zarten Blau- und Grautöne des Himmels im Val de Loire, die ihn an den Himmel in seiner Heimat Florenz erinnerten.
    Der Schatzmeister Philibert Babou hatte Château du Clos-Lucé, das mit seinem achteckigen Turm und der Hauskapelle aus weißem Stein eher einem einfachen Herrenhaus glich, kürzlich an den König verkauft. Etienne de Loup, ein Küchenjunge unter Louis XI ., hatte das Gebäude aus weißen und rosafarbenen Steinen auf einem sehr alten Fundament errichtet. Bevor es Sire Babou erstanden hatte, gehörte das Schloss zum königlichen Besitz von Karl VIII ., der es Königin Anne schenken wollte.
    François, der auf seiner Rundreise durch das Val de Loire bislang nur hübschen Schlossherrinnen begegnet war, machte eine erneute Eroberung in Gestalt von Marie Babou, der Tochter des ehemaligen Eigentümers.
    Er scharwenzelte um sie herum und bemühte sich mit den wohlvertrauten Gesten und Worten, sie auf elegante Weise auf sein Lager zu locken. Währenddessen unternahm Mathilde, die vorübergehend von den Pflichten des Hofes befreit war, einen Spaziergang durch die Alleen von Clos-Lucé.
    Leonardo da Vinci, der an jenem Tag den Besuch des Königs erwartete, hatte seinen treuen Diener Baptista de Villussis gebeten, ihm seinen wertvollsten Mantel aus Seidenbrokat zu reichen. Er war von Goldfäden durchzogen und mit weißem Fell besetzt. Eigentlich schien er etwas zu warm für die Jahreszeit, aber seine alten Knochen verlangten viel Wärme, und die Frische des frühen Morgens rechtfertigte die gewählte Kleidung, zumal er beschlossen hatte, im Garten von Clos-Lucé auf den König zu warten.
    Plötzlich sah er die junge hübsche Demoiselle mit dem wilden, störrischen Blick einer Bergziege auf sich zukommen. Als sie auf ihn zutrat, begrüßte sie ihn anmutig mit einem Knicks.
    Â»Wie bedauerlich, Maître da Vinci, dass meine Mutter bereits nach Tours abgereist ist. Sie hätte Euch so gern noch einmal gesehen.«
    Â»Wenn ich Euch betrachte, Demoiselle, dürfte Eure Mutter noch jung und schön sein. Ich kann mich nicht erinnern, eine solche Frau seit meiner Ankunft in Clos-Lucé gesehen zu haben.«
    Â»Sie ist Euch nicht hier begegnet, Maître da Vinci, sondern in Florenz.«
    Â»In Florenz!«
    Â»Ja«, bestätigte Mathilde, »sie war in Begleitung meines Vaters, eines Florentiners, den ich leider nicht kennengelernt habe.«
    Er deutete höflich auf eine Steinbank, die im Schutz einiger Birken stand.
    Â»Und darf man erfahren, wie Euer Vater hieß?«
    Â»Sein Name war Alessandro van de Veere. Er lebte in Brüssel und Florenz.«
    Â»Alessandro van de Veere!«, wiederholte der alte Maler und grub in seinem Gedächtnis nach einem Gesicht, das zu diesem Namen passte.
    Â»Ich helfe Euch, Maître da Vinci, denn ich kenne die Geschichte auswendig. Meine Mutter hat sie mir häufig erzählt. Es war bei einem Abendessen im Haus von Alessandro van de Veere. Abgesehen von Euch und meiner Mutter saßen an seinem Tisch noch der Maler Raffael, dem sie ihre ersten Grotesken verdankt, der Gonfaloniere Soderini, der Goldschmied Cesare Rossetti, der Bildhauer Pietro d’Ancona sowie der Freund eines florentinischen Malers, den Ihr gut kennt, denn es handelt sich um Michelangelo. Schließlich gehörte noch der Bildhauer Benedetto da Rovazzano in die Runde.«
    Leonardo da

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