Die goldene Königin
König verliebt, der mir jedoch nie gehören wird. Deshalb hat es wenig Bedeutung, wer â¦Â«
Plötzlich beschämt, hielt sie inne. Ãberrascht betrachtete sie der alte da Vinci und kniff die faltigen Augen zusammen. Nun! In der Welt dieser Künstler kannte man keine Skrupel.
»Nun gut, du bist ehrlich. Aber deine Antwort gefällt mir. Somit bin ich nicht für irgendwelche anstöÃigen Vorkommnisse verantwortlich. Ich meine, wenn du in Begleitung von Francesco Melzi reist, hast du nichts zu befürchten. Vielleicht findest du dich nackt vor einer jungfräulichen Leinwand wieder, weil er deine Gestalt festhalten will. Der Rest geht mich nichts an. Verstehst du, was ich sagen will?«
Mathilde schluckte. Das machte ihr Angst, aber wie sollte sie dieses Hindernis umgehen?
»Ja.«
»Ich kenne zu viele Maler, schlieÃlich gehöre ich selbst dazu, um nicht zu wissen, dass sie alle in ihre schönsten Modelle verliebt sind. Sagt Euch mein Vorschlag zu?«
»Ja!«, antwortete sie mutig. Dann warf sie ihre Haare nach hinten, sah ihm tief in die Augen und sagte:
»Ihr habt mir noch nicht Euren Auftrag verraten, Maître da Vinci.«
»Ach richtig. Francesco wird dich verteidigen, egal, was geschieht, denn er ist stark und mutig und ein treuer Freund, wenn auch kein treuer Liebhaber. AuÃerdem wird er dich in eine Kammer führen, in der sich eine Leinwand findet, die du mir bringen sollst.«
»Das ist alles?«
»Täusche dich nicht. Das ist von höchster Wichtigkeit, denn dieses Bild ist für mich von unschätzbarem persönlichem Wert.«
»Habt Ihr denn niemanden, der es Euch bringen kann?«
Abwesend strich er sich über den Bart und schüttelte den Kopf.
»Ich weiÃ, dass man es mir nicht bringen wird.«
»Und mir vertraut Ihr!«
»Verrietest du deinen König?«
»Ach, warum sagt Ihr so etwas, Maître da Vinci? Ich liebe François so sehr.«
»Und du nennst ihn François!«
»Zuvor ja, aber jetzt soll ich ihn Sire nennen. Wie alle anderen.«
»Ich werde dir die Fortsetzung der Geschichte verraten. Ich möchte dieses kleine Bild deinem François schenken, um ihm dafür zu danken, dass er mich hier bis zu meinem letzten Atemzug beherbergt.«
»Ach, ein Geschenk des groÃen Meisters Leonardo da Vinci für den König! Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Nichts könnte mich mehr erfreuen. Es ist, als würde ich ihm selbst etwas schenken.«
»Nun, wir werden ihm sagen, dass du es gebracht hast. Nun hör mir gut zu. Ich werde dir die Geschichte dieses Bildes erzählen. Ich habe es La Gioconda genannt. Seit fünfzehn Jahren ist es stets bei mir. Eines Tages erhielt ich von einem reichen florentinischen Kaufmann den Auftrag, ein Portrait seiner Gattin anzufertigen. Sie hieà Mona Lisa del Giocondo.«
Er hielt einen Augenblick inne, denn er brauchte alle Kraft, um mit der Geschichte fortzufahren, über die er bis heute geschwiegen hatte.
»Ach! Sie war das bewunderungswürdigste Wesen, dem ich je in meinem ganzen Malerleben begegnet bin. Und weil ich nicht wollte, dass sie aus meinem Blick verschwand, habe ich unendlich viel Zeit auf ihr Portrait verwandt. Weil ich mir nicht vorstellen wollte, dass sie eines Tages nicht mehr für mich posiert, zögerte ich meine Arbeit bei jeder Sitzung weiter hinaus. Das zog sich über drei Jahre hin.«
»Oh!«
Mathilde spitzte die hübschen roten Lippen, und ihre drollige Grimasse brachte den alten Maler zum Lächeln.
»Eines Morgens«, fuhr er fort, »zog der Kaufmann von Florenz nach Venedig. Seine schöne Frau sollte ihm folgen, obwohl ich praktisch noch nichts gezeichnet oder gemalt hatte.«
»Oh!«, rief das junge Mädchen erneut.
»Also habe ich meine gesamte Erinnerung in meine Pinselspitze flieÃen lassen und meinen Blick auf die Augen anderer Frauen gerichtet. Ach, junge Mathilde! In diesem Portrait könnte man auch etwas von dem kühnen, aufreizenden Funkeln Eurer Augen entdecken.«
Mit seiner knorrigen Hand streichelte er die zarte Hand seiner Begleiterin.
»Ich brauche meine Gioconda . Ja! Ich brauche sie unbedingt.«
12.
»Worauf wartest du, Louis?«
Alix beobachtete ihren Sohn, der den Wandbehang im Speisesaal zur Seite schob. In dem schmalen Spalt tauchten seine blauen Augen auf, die denen seines Vaters glichen und an den Sommerhimmel im Val de
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