Die goldene Königin
vor ihnen her. Mehrere Stunden lang durchsuchten die Männer die Werkstatt und das Verkaufskontor. Sie untersuchten Webstühle, Tische und Zimmerecken, ohne dabei je ihre misstrauische Haltung abzulegen, die Mathias und Alix wie die schlimmsten Diebe ihres Jahrhunderts dastehen lieÃ.
Nachdem die Männer alles inspiziert, ausführlich untersucht und auf den Kopf gestellt hatten, ohne dass Alix sie daran hindern konnte, traten sie mit groÃen Schritten in den Innenhof, der Werkstätten und Nebengebäude voneinander trennte. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, schritten sie auf und ab.
»Sehen wir uns weiter um«, forderte der GröÃere, an den Gläubiger gewandt.
Es dauerte nicht lange, bis sie am Ende der Gebäude den Raum entdeckten, der Properzia als Werkstatt diente.
»Was ist das?«
»Eine Werkstatt, die wir als Lager nutzen«, antwortete Alix schnell.
»Ãffnet sie.«
»Wir haben den Schlüssel nicht bei uns. Ihr müsstet morgen oder in ein paar Tagen zurückkehren.«
Der Kleinste von ihnen lachte höhnisch.
»Ihr verspottet uns! Schlagt die Tür ein. Ich will sehen, was sich in dieser Baracke verbirgt.«
Baracke! Alix zuckte mit den Schultern. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte ebenfalls gelacht. Aber die Männer scherzten nicht. Als sie sahen, dass weder der Weber noch seine Frau noch der kleine Arbeiter bereit war, ihnen zu helfen, warfen sich der Gläubiger und seine zwei Begleiter achselzuckend gegen die Tür und drückten sie laut schreiend mit ein paar kräftigen StöÃen ein.
Knarrend öffneten sich die zwei Flügeltüren. Die Männer traten ein und gebärdeten sich wie die Hausherren. Die Blöcke aus Marmor, Alabaster und Basalt verrieten die Herkunft ihrer Besitzerin. Für die Herren bestand kein Zweifel, dass es sich hierbei um den Raum eines Bildhauers handelte.
Der Gläubiger jubelte.
»Ach!«, rief er und stürzte auf die Skulptur Die Frau von Potiphar zu.
Alix erblasste, als sie den Steinblock in der Mitte der Werkstatt bemerkte. Die Skulptur, an der Properzia gearbeitet hatte, als sie aufbrechen musste, zeigte eine noch undeutliche Gestalt. Mathias beugte sich über die unfertige Skulptur, die er nicht kannte. Nackt, schön und lasziv streckte die noch kaum erkennbare Frau die Arme aus, als wolle sie jemanden zurückhalten.
Der Gläubiger lachte hämisch und sagte: » Die Frau von Potiphar , die aus Bologna.« Natürlich kannte er die Werke seiner Schuldnerin. Am liebsten hätte Alix geschrien: »Nein, das ist nicht die Frau von Potiphar, das bin ich! Seht Ihr denn nicht, dass sie mir ähnelt?« Aber sie schwieg und verlieà nervös die Werkstatt.
Kurz darauf traten Mathias und Pierrot zu ihr.
»Leugnen wir es, und lassen den Dingen ihren Lauf«, flüsterte Mathias seiner Frau ins Ohr.
»Der eine Prozess geht zu Ende, der andere wird eröffnet«, murmelte Alix, »das ist das Gesetz der Menschheit!«
Aufgeregt traten die drei Männer aus der Werkstatt.
»Wem gehört diese Skulptur?«, brüllte der Gläubiger, als er auf die Weber zukam.
Seine Arme wirbelten wie Windmühlenflügel durch die Luft, und er stampfte mit dem Fuà auf den Boden.
»Aber das wissen wir nicht«, entgegnete Alix vorsichtig.
»Doch, Ihr wisst es.«
»Nein! Wir wissen nichts darüber.«
Wie ein einfacher Bauer spuckte der Gläubiger auf den Boden.
»Das Gefängnis wird Eure Zungen lösen.«
Er keuchte und lief rot an wie eine Tomate. Verzweifelt riss er den Mund auf und rang nach Luft. Mit hartem Blick und gerunzelter Stirn warteten die zwei Polizisten an seiner Seite, bereit, ihm den kleinsten Wunsch zu erfüllen.
»Wir sind keine Bildhauer«, schaltete sich Mathias ein, »sondern Weber.«
»Genau!«, zeterte der Mann.
Dann packte er Alix grob am Arm und führte sie in die Werkstatt.
»Ich verbiete Euch, meine Frau anzufassen«, schrie Mathias.
»Ihr habt mir nichts zu verbieten. Was ist das?«
Er deutete auf eine kleine Tapisserie, die Alix mitgebracht hatte, um sie Properzia zu zeigen. Sie lag auf einem Stapel Zeichnungen.
»Und das! Und das!«, schrie er, wobei er die Kartons mit den Zeichnungen auf den Boden schleuderte.
Erschrocken über seine Gehässigkeit, betrachtete Alix den Mann voller Entsetzen. Weià vor Wut, bot Mathias ihm die Stirn.
»Was
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