Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
Vom Netzwerk:
gelbrotes Zofenkleid passte ihr endlich, und ein paar Stoffschuhe im Korb kamen ihr wie gerufen. Aurelia schlüpfte hinein, stieg ins Kleid und schnürte das Tuch mit den Steinen unter die Bänder der Brust.
    Ihr Körper genoss, wie das feine Leinen ihre Haut streichelte. Endlich konnte sie wieder ein Frauenkleid tragen. Sie steckte sich das Pergament vor die Brust und verbarg den Geldbeutel im Kleid. Ihre langen, nassen Strähnen rieb sie in einem Stück Kissensamt trocken.
    Dann durchsuchte sie die nächsten Körbe. Zwei bunte Tücher brauchte sie noch, damit sie sich eine Zofenhaube winden konnte, die ihr rotgoldenes Haar verbarg.
    Aurelia sah an sich herunter.Wenigstens war sie wieder eine Frau, das verlieh ihr neue Zuversicht. Besser noch, sie wirkte auf ein paar Schritt Entfernung gewiss wie eine Zofe der Kaiserin. Niemandem sonst war es erlaubt, Kleider in diesen Farben und mit Samtbesatz zu tragen.
    Aurelia lugte an der Tür der Wäscherei in den Gang. Vom Burghof her drang Geschrei. Es half nichts: Sie musste hinausgehen, so gefährlich es auch war.

58
    O hne Wagemut war sie sowieso verloren. Am sichersten bist du in der Höhle des Löwen, nur darf er dich nicht riechen. Aurelia wusste nicht mehr, ob ein Possenspieler in Mailand den Spruch geklopft hatte oder der Schankwirt zu Marseille, in dessen Stuben sie gewohnt hatten. Doch sie ging zurück zum kaiserlichen Flügel der Burg, nur nicht auf demselben Weg, auf dem sie von dort geflohen war.
    Einer Zofe der Kaiserin stand das Recht zu, über die Prunktreppen der Herrschaft zu schreiten. Aurelia hob den Saum an den Steinstufen nur so weit, dass sie nicht stolperte, aber auch niemand die fehlenden Strümpfe bemerken konnte.
    Solange man draußen im Burghof herumschrie, saß das Gesinde auf seinen Verteidigungsposten. Die adeligen Herrn befehligten ihre Männer, während die hohen Frauen sich in die innersten Kemenaten zurückzogen und beteten.
    Aurelia lugte im ersten Stock in den Kaisertrakt. Vor der prächtigen ersten Flügeltür standen nur zwei Wachen, langgediente, alte Männer, die gerade noch einen Spieß halten konnten. Sie setzte ein herablassendes Gesicht auf und ging geradewegs auf die Tür zu.
    »Der Kaiser wünscht, nicht gestört zu werden.« Die Spieße kreuzten sich drei Ellen vor ihr, der rechte Wächter maß sie mit entzündeten Augen. Zahnlos nuschelte der andere Alte: »Was wollt Ihr?«
    Aurelia versuchte es mit der Hoffärtigkeit, die sie so oft an den Zofen geärgert hatte.Wortlos hob sie die Linke und drehte den Handrücken so, dass der Alte an ihrem Finger den Siegelring
Fürst Laszlos erkennen konnte. Niemand außer den ungarischen Magnaten trug solch teure Ringe.
    Der andere Wächter machte den Hals lang und sah den roten Stein auf ihrem Finger. Das Pfand des Fürsten Laszlo beeindruckte den Wachmann. Er zog den Spieß zurück. »Verzeiht, ich wusste nicht, dass Ihr zu dem Ungarnfürsten gehört.« Der Alte schob ihr sogar die Flügeltür auf.
    Aurelia blickte sich nicht um, das würde eine Zofe niemals tun. Sie ging einfach weiter um die Ecke an den verschlossenen Saaltüren vorbei zum nächsten Gang. Bis zur Nacht wollte sie sich in genau jener Kammer verstecken, in der die Prinzessin sie eingesperrt hatte. Dort würde sie keiner suchen.
    Als sie sich dem Kleinen Saal näherte, hörte sie Stimmen. Der niedrige Gesindeschlupf neben den verschlossenen Prunktüren war nur angelehnt. Aurelia lugte durch den schmalen Spalt hinein.
    Der Kaiser saß in der Mitte der Tafel unter den Bannern Habsburgs, die Stirn aufgestützt. »Falsches Gold habt Ihr uns untergeschoben, Fürst!«
    »Niemals, mein Kaiser. Ich habe das schiere Gold selbst in meinen eigenen Händen gehabt.« Aurelia ahnte nur am Faltenwurf seines prächtigen grünen Umhangs, dass Laszlo wohl dem Kaiser die Arme entgegenstreckte.
    »Sie hat uns allen Trugbilder eingeflüstert, die Hexe!« Die Kleine Prinzessin kam in Aurelias Blickfeld, von links trat sie hinter die Tafel zum Kaiser und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wie dem Fürsten Laszlo auch.«
    »Die Hexe ist sehr mächtig, wenn sie verschwinden kann, als sei sie ein Hauch Äther.« Der Kaiser ließ sich zurück gegen die Lehne seines Richtstuhls fallen.
    »Unsere Wachen suchen noch im ganzen Palast.« Die Prinzessin schlug ihre kleine Faust in die Hand. »Keiner hat sie davonfliegen oder im Graben davonschwimmen sehen.«

    »Venus stand vor Saturn – ich hätte es wissen müssen.« Der Kaiser seufzte. »Die

Weitere Kostenlose Bücher