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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Grundregeln kann ich hier mit Euch sprechen, doch anderes müsstet Ihr selber in Augenschein nehmen. Allerdings auf
Flamme oder Wasserbad, im Gluttopf und im sauren Becken. In einer Kemenate wird das kaum möglich sein.«
    Die Prinzessin ließ ihren eisblauen Blick lange über Aurelias Gesicht wandern, so dass diese schon fürchtete, in der Eile den Bart falsch angebunden zu haben.
    »Wie besorgt Ihr seid. Zollt Ihr allen Frauen solch Umsicht?«, fragte die Prinzessin Margret leichthin.
    Durch die nächste Tür erklang eine gezupfte Melodie.
    »Vihuelas hier am Hof?«, entfuhr es Aurelia überrascht.
    »Der weit gereiste Meister Heliodor ist also erfahren mit den Dingen, die das Leben an einem Hof angenehm machen.« Sie öffnete die Lippen ein wenig, zeigte perlweiße Zähne. »Man zupft hier gern … die Saiten.« Ein wenig schimmerten die Wimpern Margrets im Sonnenlicht.
    Aurelia sah vor ihrem geistigen Auge Babette, Mora, Gela und wie die fahrenden Weiber alle geheißen hatten; sie kannte das neckende Spiel nur zu gut. Hatte sie nicht selbst Romuald so gern gelockt? Doch als Meister Heliodor durfte sie sich nicht auf Tändeleien einlassen. Nicht mit den Schaffnerinnen im Palast, die ihr wie zufällig Sicht auf dralle Schenkel, Arme und Brüste gewährten, und mit der Kleinen Prinzessin schon gar nicht. »Wollen wir mit der ersten Instructio beginnen?«, sagte sie möglichst sachlich.
    »Setzt Euch hier zu mir auf die Bank am Fenster. Die Sonne wärmt schon. Bald ist Frühling auch in Neustadt.«
    Aurelia setzte sich ganz in die Ecke der Bank und drückte das gestickte Kissen fest gegen das Holz, darauf bedacht, dass sie nicht vom Knie der Prinzessin berührt werden könnte. »Nun denn. Bedenkt, Gott schuf Himmel und Erde. Seinem Ratschluss folgen die Wandlungen. Auch wenn wir seine himmlischen Gesetze nicht immer verstehen, so regieren sie die irdische Materia. Diesen allein folgt die Alchemia, sie ist also weder Magie noch Hexerei.«

    Die eisblauen Augen der Prinzessin schauten wissbegierig, ihre Züge hatten den tändelnden Ausdruck verloren, und eine Falte stand über der schmalen Nase. »Fahrt ruhig fort«, sagte sie mit einigem Ernst. »Ich kann Euch folgen.«
     
    Ehe Aurelia es sich versah, war die Stunde vergangen. Sie war überrascht, wie schnell der Geist der Prinzessin alles auffasste. Gezielt drangen ihre Nachfragen zum Kern einer Sache vor, die lateinischen Regeln übersetzte sie selber ohne Fehler. Der Kaiser sparte offenbar nicht an der Erziehung seiner Tochter.
    »Wo Ihr gerade von den blitzartigen und den gärenden Wandlungen sprecht, wäret Ihr in der Lage, dem Kaiser besseres Türkenpulver zu bereiten?« Die Prinzessin richtete den Blick auf eine Troddel an dem Behang unter dem Fenster. »Er hätte in seinem Krieg gegen meinen Ohm davon Vorteil.«
    Der Legat hatte sie vor einer Einmischung in die Reichsgeschäfte gewarnt, doch sie könnte mit der Herstellung von Türkenpulver Zeit gewinnen, bevor sie sich der Großen Goldwandlung stellen musste. »So man mir die Grundstoffe beschaffen kann, will ich dem Kaiser das Sprengpulver mischen.« Aurelia sah vor ihrem geistigen Auge die Seite mit der Rezeptur der Prophetissa im sechzehnten Kapitel.
    Die Prinzessin rieb die Fingerspitzen gedankenvoll aneinander. »Das nötige Geld schnell zu beschaffen, wird schwierig sein. Ich werde den Kaiser erinnern, dass er es der Kanzlei schriftlich befiehlt, sonst dauert es ewig.«
    »Ihr beratet Euren Vater?«, fragte Aurelia und schalt sich gleich ob ihrer unvorsichtigen Frage.
    Hinter ihnen im Raum erscholl ein Glöckchen.
    Die Prinzessin erhob sich augenblicklich von der Bank am Fenster. »Wer weiß?« Kurz legte sie Aurelia die Hand auf die Schulter. »Tut nicht so, als ob Ihr das Gerede am Hof nicht kennt. Ich schätze Verstellung nicht, genauso wenig wie der
Kaiser.« Sie neigte kurz den Kopf. »Bis morgen, nach der Frühmesse.«
    Als die Prinzessin sich noch einmal umwandte, schimmerten ihre Zähne wieder zwischen den vollen Lippen. »Lasst mich Teil haben an Eurer Erfahrung, Meister Heliodor.«
    Aurelia überging den spielerischen Unterton und verneigte sich.
    Die Dienerin mit den gelbgrünen Schleifen im Haar schob sie am Arm zur Tür hinaus. »Nun rasch hinaus mit Euch, Meister. Die Kaiserin ruft bereits zu Tisch, das darf ich nicht säumen«, sagte sie noch durch den Spalt, bevor sie die Tür schloss.
    Vor den Frauenräumen kehrte nur ein alter Diener den Gang. Aurelia wollte schon zur Gesindeküche

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