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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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vergebens, denn der Hovawart zerrte weiter an seinen Hosenbeinen.
    »Komm, Mädchen. Schnell«, hörte sie Baldo rufen.
    Cristin begriff. Lump verschaffte ihnen einen, wenn auch geringen, Vorsprung. Mittlerweile waren einige Männer und Frauen auf die Schlägerei aufmerksam geworden, was ihnen zum Nachteil gereichen konnte. Sie lief los, Baldos Hand in ihrer.

20
     
    N achdem sie die Bleschhowerstrate ein Stück hinuntergelaufen waren, bog Baldo in eine schmale Gasse ein, wo er schließlich vor einem zweistöckigen, lehmverputzten Giebelhaus stehen blieb. Eines der Fenster im obersten Stock war weit geöffnet, und eine alte Vettel mit fettigen Haaren lehnte sich hinaus. Er stieß die Tür auf und zog Cristin mit sich in den halbdunklen Flur, in dem es erbärmlich nach Schweiß und gekochtem Kohl stank.
    »Kennst du die Leute, die hier wohnen?«, flüsterte sie.
    »Nein. Ich glaube, das ist das neue Armenhaus«, erklärte er. »Hier können wir uns verstecken.«
    Cristin fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Ein Armenhaus, Herr, stehe uns bei. Eine schmale Holztreppe führte nach oben, rechts und links davon gingen mehrere Türen ab, hinter denen sie laute Stimmen vernahmen. Eine Frau schimpfte offenbar mit einem schreienden Kind.
    »Vielleicht können wir ein paar Tage hierbleiben.«
    »Hierbleiben?«, echote sie entsetzt. »Das ist nicht dein Ernst!«
    Baldo fuhr sich über das Gesicht. »Nur so lange, bis man uns nicht mehr sucht. Michel und die anderen ziehen morgen weiter nach Sleswig.«
    Über ihnen erklang ein heiseres Husten. Auf den obersten Stufen hockten zwei abgemagerte, in Lumpen gekleidete Kinder. Die Ärmsten der Armen.
    »Oh, verdammt!«
    Sie fuhr herum. »Was ist, Baldo?«
    »Lump – wir haben ihn verloren!« Seine Hand lag bereits auf der Türklinke. »Ich gehe ihn suchen.« Er öffnete die Tür. Cristin wollte ihm folgen, doch er schüttelte den Kopf. »Du bleibst hier. Erkundige dich nach der Aufsicht. Wünsch mir Glück!« Damit war er hinaus.
    »Was willst du hier?«
    Sie drehte sich um. Hinter ihr stand ein kahlköpfiger, großer Mann von etwa dreißig Lenzen, über dessen Kinn sich eine lange, fleischige Narbe zog. »Wir haben keinen Platz mehr!«
    Cristin schluckte. Obwohl der Kahlköpfige einen unangenehmen Schweißgeruch verbreitete, trat sie einen Schritt näher. Sie ergriff seine Hand und verlieh ihrer Stimme einen weinerlichen Klang. »Ich bitte Euch, schickt mich nicht fort, Herr. Mein Gemahl Adam und ich sind arme Bauersleute, die alles verloren haben. Vorige Woche hat der Blitz in unser Haus eingeschlagen, alles ist abgebrannt. Deshalb sind wir heute Morgen nach Lübeck gekommen, in der Hoffnung, dass mein Adam hier irgendwo Arbeit findet.« Sie sank auf die Knie, umklammerte die kräftigen Beine des Mannes und drückte die Stirn dagegen. »Lasst uns ein paar Tage in diesem Haus bleiben, Herr. Ich bitte Euch von Herzen.«
    Der Aufpasser schaute, immer noch argwöhnisch, auf sie herab. »Dein Mann, soso. Wo ist er gerade so schnell hingelaufen?«
    »Mein Adam sucht unseren Hund. Er ist das Einzige, was uns noch geblieben ist. Unsere Kuh und unsere Hühner, alle sind sie verbrannt«, log Cristin. »Nun haben wir auch noch unseren treuen Lump auf dem Marktplatz verloren. Gebe der Herrgott, dass Adam ihn wiederfindet!« Flehend blickte sie zu dem Mann empor.
    Der räusperte sich. »Steh schon auf. Du und dein Adam, ihr könnt vorerst hierbleiben. Wie eine Bauersfrau siehst du aber nicht aus, eher wie eine Zigeunerin. Aber ich bin schließlich kein Unmensch und schicke niemanden weg, der in Not ist, auch wenn das Haus eigentlich schon aus den Nähten platzt. Zweiunddreißig Frauen und Kinder haben wir hier«, erklärte er. »Einige von ihnen sind krank.« Er verzog bedauernd das Gesicht. »Mein Name ist übrigens Ewalt Falk. Hinrich Brandenburg, der dieses Armenhaus stiftete, hat mir persönlich die Aufsicht darüber übertragen. Hab früher mal für ihn gearbeitet, daher weiß er, dass er sich auf mich verlassen kann. Bei mir herrschen Zucht und Ordnung. Wenn die Weiber sich zanken, dann geh ich mit dem Stock dazwischen!«
    Cristin erhob sich und trat einen Schritt zurück, denn seine Ausdünstungen waren kaum zu ertragen. Dennoch setzte sie ein freundliches Lächeln auf und neigte den Kopf. »Ich danke Euch. Möge der Herrgott es Euch reichlich vergelten.«
    Falk nickte. »Dein Mann heißt also Adam, ja? Und wie lautet dein Name?«
    »Agnes«, erwiderte sie.
    »Dann komm

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