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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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nach Lübeck und in andere Städte des Deutschen Reiches verschleppt werden. Wisst Ihr vielleicht, ob an diesen Gerüchten etwas wahr ist?«
    »Verschleppt?« Landsbergs Brauen hoben sich. »Was für Mädchen meint Ihr?«
    »Sehr junge Mädchen. Jüdinnen, Polinnen.«
    »Woher wisst Ihr das alles?«
    »Es gibt ein Wirtshaus in unserer Heimatstadt«, erklärte Baldo. »Dort haben wir ein paar dieser armen Mädchen angetroffen.«
    Cristin warf ihm einen warnenden Blick zu, und Baldo brach ab.
    Landsbergs Augen wurden schmal. »Die Sündhaftigkeit der Menschen kennt keine Grenzen«, murmelte er wie zu sich selbst. »Ich wünschte, ich könnte Euch helfen. Leider kann ich Euch nicht mal einen Schlafplatz für die Nacht anbieten, mein Haus ist zu klein. Doch im nächsten Dorf gibt es ein Gasthaus. Dort könnt Ihr sicher die Nacht verbringen, bevor Ihr morgen weiterreist.«
     
    Für zwei winzige Kammern verlangte der polnische Wirt fünfzig Pfennige, fast einen Viertelgulden.
    »Ein Wucherpreis«, wie Baldo grollend feststellte, während er die Pfennige und Hälblinge nachzählte, die ihm der Wirt auf einen der Goldgulden herausgab.
    Piet erinnerte ihn daran, dass sie dank des Geldes, das ihnen Bastian Landsberg für die Bernsteine gegeben hatte, froh sein konnten, nicht in einer muffigen Scheune oder unter freiem Himmel schlafen zu müssen. Außerdem wurde es abends schon empfindlich kühl. Dass Piet den Wirt überreden konnte, den Hund mit auf die Kammer nehmen zu dürfen, sowie das reichhaltige Abendessen, eine kräftige Gemüsesuppe mit geräuchertem Fleisch und mit Pilzen gefüllte Maultaschen, besserte Baldos Stimmung schnell wieder. Ebenso wie das polnische Bier, dem die beiden Männer reichlich zusprachen, bis sie schließlich Arm in Arm und herzhaft gähnend, in die gemeinsame Kammer wankten und in ihre Betten fielen. Auch Cristin war erschöpft, aber das kräftige Schnarchen, das aus der Kammer nebenan durch die Holzwand an ihre Ohren drang, hielt sie noch lange wach.

3
     
    A ls sie am nächsten Morgen in Richtung Süden aufbrachen, lag Nebel über den Feldern und Weiden und kündigte den Wechsel der Jahreszeit an. Cristin zog den Umhang enger um ihren Leib und hoffte, sie würden am Nachmittag in Slupsk sein, der nächstgrößeren Stadt und Mitglied der Hanse, wie Landsberg ihnen erklärt hatte. Hier hatte Kairas gelebt. Unterwegs begegneten ihnen immer wieder Menschen, die zu Fuß reisten, aber auch Pferdefuhrwerke und Ochsenkarren, auf denen Händler und Bauern zwischen den Ortschaften im Norden des polnischen Reiches unterwegs waren. Als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, kamen ihnen mehrere Reiter im Galopp entgegen. Cristin und Piet sprangen zur Seite, und Baldo packte Lump im Genick und zog ihn von der ungepflasterten Straße, damit der Hund nicht unter die Pferdehufe geriet. Acht hochgewachsene Männer ritten mit erhobenen Häuptern an ihnen vorüber, auf ihren geöffneten Helmen prangten schwarze Federn. Die Reiter trugen weiße, im Wind flatternde Mäntel, die weit über den Rücken der Pferde reichten, und an der linken Seite der Umhänge waren schwarze Kreuze aufgenäht. Cristin konnte unter den schweren Stoffen das Schimmern ihrer Rüstungen erkennen. Jeder der Männer trug ein Schwert bei sich.
    Einer der Reiter wandte den Kopf, und ein Blick aus kalten Augen glitt über die kleine Gruppe am Straßenrand. Cristins Herz pochte hart gegen die Rippen, schnell schlug sie die Augen nieder. Piet stieß hörbar die Luft aus, als die Reiter vorbei waren, und Baldo klopfte sich den Staub von der Hose, den die Hufe der Pferde aufgewirbelt hatten.
    »Puh, was waren das denn für Kerle?« Er ließ Lump los und gab ihm einen Klaps. »Habt ihr die Rüstungen unter den Mänteln gesehen?«
    Cristin nickte. »Waren das Ritter?«
    »Ja, Schwesterherz, aber nicht irgendwelche«, erwiderte Piet. »Das sind Deutschritter. Die schlimmsten, wenn ihr mich fragt. Haben im Heiligen Land gegen die Muselmanen gekämpft und unterstehen nur dem Papst. Reich sind sie, Ländereien und ganze Städte sollen ihnen gehören, habe ich mir sagen lassen.«
    »Woher weißt du das alles?«, wollte sie wissen.
    Ihr Bruder hob die Schultern. »Bin eben viel herumgekommen. Nicht nur im Deutschen Reich, sondern auch in Polen. Da lernt man so einiges.«
    Kurze Zeit später erreichten sie eine Anhöhe, von der aus sie in etwa einer Viertelmeile Entfernung eine kleine Ortschaft vor sich liegen sahen, die malerisch zwischen abgeernteten

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