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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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als im hellen Tageslicht leuchtete der Stein im Halbdunkel des nur mit einem Fenster ausgestatteten Raumes kaum.
    »So, da bin ich wieder.« Landsberg nickte Cristin zu, die den Stein zurücklegte. »Hier ist Euer Geld. Darf ich Euch noch etwas zu essen anbieten, bevor Ihr weiterzieht?« Er zog den Vorhang zur Seite, hinter dem sich die Stube des Bernsteinhändlers befand. »Ein paar Heringe habe ich noch da, etwas Brot und einen Krug Bier. Kommt nur herein.«
    »Gern. Mir hängt der Magen schon bis zu den Schuhsohlen.« Piet grinste schief.
    »Ich könnte auch etwas vertragen«, gab Baldo zu.
    »Dann folgt mir«, forderte Landsberg sie auf einzutreten.
    Mit Lump an ihrer Seite trat Cristin nach den Männern in die Stube.
    Nachdem der Bernsteinhändler einen halben Laib Haferbrot, eine Schale gesalzener Heringe und einen Krug mit verdünntem Bier auf den Tisch gestellt hatte, setzten sich die vier. Landsberg faltete die Hände zum Gebet und schloss die Augen.
    Cristin tat es ihm gleich.
    »Himmlischer Vater, durch Jesus Christus komme ich zu dir und danke dir für diese Speise, die wir von deiner Güte empfangen. Segne sie und lass sie uns zur Stärkung dienen. Ich befehle dir auch meine drei jungen Freunde hier für ihre Weiterreise an und bitte dich, dass du deine Engel um sie stellst auf allen Wegen, die noch vor ihnen liegen. Amen.«
    Sie schlug die Augen auf. Dieser Mann hielt keine langen Litaneien wie die Priester in der Heiligen Messe, sondern sprach mit einfachen Worten zu Gott, beinahe wie mit einem Freund.
    »Ich danke Euch«, sagte sie mit brüchiger Stimme.
    Bastian Landsberg nickte ihr freundlich zu. »Sagt mal, wie heißt Ihr drei eigentlich? Seid Ihr miteinander verwandt?«
    Sein Blick war offen. Fast hätte Cristin dem Drang nachgegeben, ihre wahren Namen zu verraten und sich diesem gastfreundlichen Mann anzuvertrauen. Lübeck war schließlich weit entfernt, etliche Tagesreisen lagen zwischen der Stadt, in der man sie suchte, und diesem kleinen Ort an der polnischen Ostseeküste. Niemand würde hier von ihnen Notiz nehmen. Doch etwas hielt sie zurück.
    »Ja … wir sind Geschwister«, antwortete sie zögernd, während sich Baldo ein Stück Brot abbrach und in den Mund schob. »Mein Name ist Agnes, und die beiden hier sind meine Brüder Piet und Adam.«
    Autsch. Baldo hatte ihr unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein verpasst, und Cristin errötete.
    Der Bernsteinhändler hob seinen Becher. Er nahm einen herzhaften Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von der Oberlippe. »Agnes, Piet und Adam, so. Woher kommt Ihr drei?«
    Cristin warf Baldo einen Seitenblick zu, und seine Lippen verzogen sich zu einem Strich.
    »Wahrscheinlich kennt Ihr die Stadt nicht«, antwortete sie betont gleichmütig. »Sie liegt im Norden des Reiches und heißt Ham…«
    »Lübeck«, platzte es aus Baldo heraus.
    »…burg.« Cristin schloss die Augen.
    »Ihr scheint Euch nicht ganz einig zu sein«, bemerkte Landsberg und hob fragend die Brauen.
    »Sie heißt Hamburg«, beharrte sie mit zitteriger Stimme und fing einen Blick ihres Bruders auf. Piet war kreidebleich. Während der nun herrschenden Stille schielte sie zu dem Bernsteinhändler hinüber.
    Der schob seinen Stuhl zurück, erhob sich und trat neben sie. »Gibt es etwas, das Ihr mir erzählen möchtet?« Er berührte leicht ihre Schulter. »Seid Ihr etwa auf der Flucht, oder warum macht Ihr aus Euch so ein Geheimnis?«
    Cristin schluckte, und als Baldo ihr unmerklich zunickte, holte sie tief Atem.
    »Ich habe Euch nicht die Wahrheit gesagt«, gestand sie. »Bitte verzeiht. Unsere Namen sind nicht Agnes und Adam, und wir sind auch keine Geschwister. Doch mehr kann ich Euch nicht sagen.«
    Piet beugte sich vor und sah den Bernsteinhändler eindringlich an. »Wir würden Euch gern mehr verraten, aber leider …«
    Landsberg nickte. Er wandte sich ab und trat an das kleine Fenster. Eine Weile sah er mit nachdenklicher Miene durch die dünne Hornscheibe hinaus, die als Fenster diente. Niemand sagte ein Wort.
    Dann drehte er sich um. »Ich habe den Eindruck, Ihr braucht Hilfe. Kann ich etwas für Euch tun?« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Es wäre schön, wenn Ihr in Zukunft bei der Wahrheit bleiben würdet und mir vertraut.«
    Baldo räusperte sich. »Ich glaube, Ihr seid ein ehrlicher Mann. Deshalb will ich Euch reinen Wein einschenken. Wir sind hier, weil wir erfahren haben, dass immer wieder junge Mädchen aus dem Königreich Polen

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