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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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stieg in seinen Kopf. »Mechthild hatte recht!«, zischte er an Cristin gewandt. »Du bist tatsächlich mit dem Leibhaftigen im Bunde! Der Teufel soll dich holen!«
    Cristin trat näher, so nahe, dass sie seinen schwach nach Wein riechenden Atem wahrnehmen konnte.
    »Wohl kaum, du hinterhältiges Scheusal!«, entgegnete sie, und ihre Augen funkelten. »Aber du wirst in der Hölle schmoren für das, was du meinem Lukas, Elisabeth und mir angetan hast!«
    »Das wirst du erst beweisen müssen, Hexe!« Er wollte ihren Arm ergreifen, doch der junge Mann am Tisch, der genau wie die beiden Frauen bisher stumm geblieben war, sprang so heftig auf, dass sein Stuhl zu Boden fiel, und der Hund knurrte.
    Mit einem Satz war er bei Bremer und hob drohend die rechte Hand.
    »Fass sie nicht an, sonst kriegst du’s mit mir zu tun!«
    Der Pelzhändler wich zurück und prallte gegen die Büttel, die ihn sofort ergriffen und festhielten. Ein Fluch stieg in seiner Kehle auf. »Lasst mich los, ihr verdammten Mistkerle«, stieß er hervor. »Ich bin ein angesehener, rechtschaffener Bürger! Ihr habt nichts gegen mich in der Hand, nichts außer den Lügen dieses Weibes, das Euch alle verhext hat – selbst Euch, Büttenwart! Das wird Euch noch leidtun!«
    »Nehmt ihn in die Acht!«, hörte er den Richteherrn rufen. »Der Mann ist gefährlich.«
    Bremer wollte protestieren, doch schon legten sich eiserne, mit einer Kette verbundene Ringe um seine Handgelenke und quetschten schmerzhaft seine Haut. Das Letzte, was er sah, bevor sie ihn aus dem Raum führten, war Cristins Blick, aus dem pure Verachtung sprach.

28
     
    C ristin umfasste den Griff des eisernen Türklopfers und zögerte. Ihre Hände wurden feucht. Wie würde Mechthild auf ihr plötzliches Erscheinen reagieren? Bei der Verhandlung vor ungefähr einem Jahr hatte ihre Schwägerin sie als Hexe bezeichnet, als Frau, die mit dem Leibhaftigen im Bunde war, als Mörderin. Am Morgen hatte man Lynhard abgeholt, und nun wartete er in einer Zelle der Fronerei auf den Beginn seines Prozesses. Sicher wusste Mechthild inzwischen, dass sie für seine Verhaftung verantwortlich war, aber Cristin konnte das Warten nicht länger ertragen, musste endlich wissen, wo sich Elisabeth aufhielt. Sie atmete tief durch und pochte kräftig gegen das Holz der schweren Eichentür.
    Einen Moment später wurde diese geöffnet, und ein sommersprossiger Junge mit schulterlangen, blonden Haaren schaute sie fragend an. Das musste Dietrich sein, Lynhards Ältester.
    »Gott zum Gruße. Ist deine Mutter zu Hause?«
    Der Junge drehte sich um. »Mutter, eine Frau will dich sprechen!« Er schien sie nicht sofort erkannt zu haben.
    Schritte näherten sich, dann stand Mechthild in der Tür. Ihre Augen weiteten sich. »Du?« Sie wich einen Schritt zurück.
    »Darf ich hereinkommen, Mechthild?«
     
    Die beiden Frauen saßen sich an dem aus Buchenholz gefertigten Küchentisch gegenüber, während über der großzügig geschnittenen Feuerstelle das Abendessen kochte. Wie lange war Cristin nicht mehr in Lynhards Haus gewesen? Unendlich lang schien es her zu sein. Erneut stellte sie mit einem Kloß im Hals fest, wie komfortabel die Familie lebte, und fragte sich im selben Atemzug, mit welchen Geschäften Lynhard diesen Luxus wohl bezahlt hatte. Mit Blut, Furcht und Tränen unschuldiger Mädchen vermutlich …
    »Du musst nicht denken …«, begann Mechthild zögernd.
    »Was ich denke, tut nichts zur Sache, Schwägerin«, schnitt Cristin ihr das Wort ab. »Wir beide haben uns nichts mehr zu sagen. Ich bin nur aus dem einen Grunde hier.« Ihre Augen senkten sich in Mechthilds. »Sag mir, wo mein Kind ist. Dann gehe ich, und unsere Wege werden sich nie mehr kreuzen.«
    Mechthild wechselte die Gesichtsfarbe und schlug die Augen nieder. Ihre Finger spielten mit der Kordel ihres einfachen Gewandes. »Bitte, Cristin. Du musst mir glauben …«
    »Wo ist Elisabeth?«, wiederholte Cristin scharf. Während all der Zeit, die seit jenem unglückseligen Tag ihrer Verurteilung ins Land gezogen war, hatte sie diesen einen Moment ebenso gefürchtet wie ersehnt. Sie faltete die Hände im Schoß, lauschte, betete.
    Mechthild zog ein Tuch aus dem Beutel an ihrem Gürtel und schnäuzte sich kräftig. »Lynhard wollte deine Tochter von Anfang an nicht im Haus haben. Elisabeths Schreien war ihm lästig, und die Kleine hat viel geschrien die ersten Monate«, fügte sie betrübt hinzu.
    Cristin schluckte. Ihr war es, als würde sich ihr Innerstes

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