Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
»Geht so.«
»Aber wo steckt denn …« begann die Bäuerin und sah
sich besorgt um. Doch noch bevor sie die Frage beenden
konnte, tauchte die Fremde schon vor ihr auf.
Faraday legte Aschure drängend beide Hände auf den
Arm. »Ist Er …«
»Er ist nicht mehr«, antwortete die Jägerin. Dann umarmte sie die Edle und lachte aus vollem Herzen. »Wir
haben es vollbracht! Nun mögt Ihr in Frieden Euren
Wald zu Ende pflanzen!«
Faraday lächelte und drückte die Freundin so fest es
ging an sich. »Ich danke Euch so sehr, Aschure. Ihr habt
mir das Leben gerettet.«
Die Jägerin blickte nun ein wenig ernster drein, um
dann zu sagen: »Das war doch nichts im Vergleich zu all
dem, was Ihr für mich getan habt.« Sie wandte sich an
Frau Renkin. »Bäuerin, nehmt Faraday mit nach draußen,
und setzt sie auf diesen klapprigen Wagen. Und dann verlaßt mit Euren Gefährtinnen so rasch wie möglich Smyrdon. Ich habe hier nämlich noch einiges zu erledigen.«
»Zweifellos wollt Ihr noch mehr Morde begehen«, erklärte Barsarbe, die unbemerkt hinter ihnen aufgetaucht
war. Faraday befreite sich empört aus Aschures Armen.
»Wenn ich auf Euch gehört hätte, Magierin«, fuhr sie
die Waldläuferin mit harter Stimme an, »dann lägen wir
jetzt alle hier in unserem Blut und Artor hätte triumphiert!«
Aber die Magierin beachtete sie gar nicht, sondern
starrte unentwegt auf die Jägerin. Sie konnte einfach
nicht fassen, daß diese Frau schon wieder in ihr Leben
getreten war. Und natürlich verdankten sie alle Aschure
ihr Leben, wieder einmal, und das verbitterte Barsarbe
noch mehr. Wieviel Blutvergießen wollte diese Ebenenläuferin noch über sie bringen? Ohne ein weiteres Wort
drehte sie sich um und ging zornig hinaus.
Aber alle Bedrückung, die Barsarbes Worte hinterließen, verging, als Schra, immer noch etwas wacklig auf
den Beinen, in die Bethalle kam und sich zu Aschure
begab.
Die Jägerin schrie vor Freude und hob das kleine
Mädchen zu sich hoch. »Bei den Göttern, Ihr seid aber
gewachsen, Schra!«
Die Kleine berührte Aschure kurz an der Stirn. »Und
Ihr erst.«
Die Jägerin lächelte, weil sie wußte, was das Awarenmädchen ihr damit sagen wollte, und setze es wieder
auf den Boden. »Später mehr, Schra. Jetzt nehmt bitte
Faraday an die Hand, und helft der Bäuerin dabei, sie aus
dem Dorf zu bekommen.«
»Die Baumfreundin muß ihre Schößlinge aber mitten
im Ort einsetzen«, wandte Frau Renkin ein, und in ihrer
Stimme schwangen wieder einmal fremde Macht und
Wirkkraft mit.
Aschure sah sie an, denn sie erkannte die Stimme und
die dazugehörige Quelle. »Faraday kann nicht einpflanzen, solange diese Gemeinde noch so besteht, Mutter.
Laßt mich diesen Ort von dem reinigen, was von Artor
übriggeblieben ist.«
Die Bäuerin nickte und zog die Edle dann sanft am
Arm. »Kommt mit, mein Kind. Ihr dürft Euch vor den
letzten Bäumchen etwas ausruhen.«
Aber noch war Faraday nicht so weit. »Wie geht es
Axis?« fragte sie Aschure besorgt.
Die Jägerin schluckte, als sie den Ausdruck in den
Augen der Edlen sah. »Ihm geht es wieder gut«, antwortete sie. »Er hat sich erholt.«
Faraday verbeugte sich vor ihr und ließ sich dann von
Frau Renkin aus der Bethalle hinausführen.
Aschure befand sich an der Kellertür und gab sich ihren
Erinnerungen hin. Hier hatte sie gestanden, als der Axtherr die Zelle betrat, in der Ramu und Schra festgehalten
wurden. Damals hatte sie noch nicht im entferntesten
ahnen können, daß sie sich in ihn verlieben würde.
Hier hatte sie auch wenig später gestanden und gezögert, bevor sie die Stufen hinunterstieg, um Belial hinterrücks niederzuschlagen und Ramu und Schra zu befreien.
Sie waren zu dritt aus dem Dorf nach Awarinheim geflohen, und so hatte die wundersame Reise begonnen, die
Aschure so weit geführt und schließlich hierher zurückgebracht hatte.
Und heute stand die junge Frau wieder an der Kellertür; diesmal, um sich mit den Dorfbewohnern zu befassen. Nur eines wollte sie von ihnen erfahren.
Aschure öffnete bedächtig die Tür und lief dann
leichtfüßig die Stufen hinunter.
Die Alaunt hatten ganze Arbeit geleistet und sämtliche
Dorfbewohner mit Schnappen, Knurren und Beißen bis
hinter ein Eisengitter am äußeren Ende des Kellers getrieben. Dort standen sie nun so dicht aneinandergedrängt, daß so mancher von ihnen in Atemnot geriet. Die
Jägerin empfand kein Mitgefühl für diese Menschen.
Immer noch starrten ihre grauen Gesichter sie mit
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