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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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Gefühl, als müsse er irgendetwas ›opfern‹, um seine ›künstlerische Integrität‹ wahren zu können.
    Dass Jackson Gregory auf großem Fuße lebte, erkannten wir im selben Moment, als er uns in sein riesiges Arbeitszimmer mit Ausblick auf den American River bat. Clark und ich verbrachten eine angenehme halbe Stunde in einem Domizil, wie ich es eines Tages selbst zu besitzen hoffte, wozu es aber weder Clark noch ich jemals bringen würden. Rückblickend glaube ich, dass Clark nicht das geringste Verlangen nach derartigem Luxus verspürte. Im Lauf der Jahre hörte ich ihn nicht ein einziges Mal, und sei es auch nur aus einer Laune heraus, den Wunsch nach etwas äußern, das er nicht bereits besaß.
    Als wir an jenem Abend um den Küchentisch versammelt saßen, wurde unser Appetit vom Duft der Brötchen angeregt, die im holzbeheizten Ofen buken, vom Wohlgeruch der Koteletts auf dem Grillrost und von einer Soße, die im Kochtopf herrlich bräunte. Und Timeus Smith, der seine Zurückhaltung ablegte, erzählte mir von seinen Reisen. Als ich die Rede auf die Philippinen brachte, berichtete er, wie er in Macao an Land gegangen war. Die Erwähnung von Madeirawein entlockte ihm einige Bemerkungen über Funchal, die Hauptstadt von Madeira. Und das Thema Portugal führte ihn schließlich in eine Zeit zurück, als er mit Dom Pedro dem Zweiten, Kaiser von Brasilien, zusammengetroffen war … Der alte Mann erzählte trocken, nüchtern und klar. Seine Intelligenz und die Untertreibung, mit der er seine Erinnerungen zum Besten gab, wirkten bestechend.
    Schriftstellerische Fachsimpelei fand während der Mahlzeit nicht statt. Solche Nebensächlichkeiten hoben wir uns für die Zeit nach dem Abendessen auf, als Clark und ich im Schein eines Windlichts bei der umgestürzten Eiche saßen. Und es war wunderbar, schließlich unter den Sternen zu schlafen, in der Kühle der Berge.
    Nachdem ich bei diesem ersten Besuch das Terrain sondiert hatte, brachte ich einige Monate später meine Frau mit. Dadurch erfuhr ich aus zweiter Hand mehr über Clarks Vorgeschichte – Bruchstücke, die sie beim gemeinsamen Geschirrspülen mit Mrs. Smith aufschnappte.
    Empfindlich wie ein Rennpferd oder eine Duellpistole vermochte Clark in seiner Jugend den Trubel und die Pöbeleien, die an den öffentlichen Lehranstalten herrschten, nicht zu ertragen. Vier oder fünf Jahre lang sahen die Smiths seine Qualen mit an und fühlten mit ihm, dann nahmen sie ihren Sohn von der Schule und gingen dazu über, ihn daheim zu unterrichten. Abgesehen von seiner überragenden Beherrschung des Englischen, eignete er sich genügend Kenntnisse des Französischen an, um Baudelaire zu übersetzen, und lernte ausreichend Spanisch, um Gedichte in dieser Sprache zu verfassen.
    Im folgenden Herbst war Mrs. Smith, die Verwandte in Oakland besuchte, zum Abendessen unser Gast. Ehe sie sich bei uns einfand, war diese erstaunliche alte Dame kreuz und quer über die Berge gekraxelt, um Mariposa-Lilien für meine Frau zu pflücken, die bei ihrem Besuch in Auburn bekundet hatte, noch nie von einer solchen Blume gehört zu haben. Wildblumen zu pflücken war in Kalifornien lange Zeit gesetzlich verboten, doch kümmerten solche Vorschriften Mrs. Smith ebenso wenig wie es seinerzeit die staatliche Schulpflicht getan hatte. In einer ihrer eigenwilligen Launen hatte sie zulasten der Haushaltskasse den Druck einer Sammlung von Clarks Gedichten veranlasst und den Verkauf des Buches genügend angekurbelt, um zumindest ohne finanziellen Verlust aus dem geschäftlichen Wagnis hervorzugehen.
    Bis heute weiß ich nicht, ob Clark seine Eltern ernährte oder ob sie Einkünfte aus Anlagewerten besaßen, die für sie alle zum Leben ausreichten. Ich weiß nur, dass ein starker Zusammenhalt und eine große gegenseitige Fürsorge unter den dreien herrschten.
    Mrs. Smith starb, soweit ich mich entsinne, 1935 oder 1936. 1937 lotste ich Henry Kuttner und seine Mutter nach Auburn. Wir brachten Trinkbares als Gastgeschenk mit. Und während Clark den beiden anderen das Haus zeigte, wie es früher seine Mutter getan hatte, saß ich zusammen mit Timeus Smith in der Küche. Seine Vorliebe für spanischen Sherry wärmte mir das Herz.
    »Mr. Smith, Ihr Glas ist leer.«
    Noch heute sehe ich seine knotige, runzelige Hand vor mir, die zittrig das Glas nach vorne schiebt, und das genüssliche Leuchten in seinen verblichenen, alten Augen.
    »Früher hab ich mir jeden Tag einen Streifen Holland-Gin genehmigt«, erklärte

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