Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
chinesischen Dieners Li Wong erinnern, das den Zeitungen im Jahr 1940 große Schlagzeilen und zahllose Kolumnen voller Gerüchte und Mutmaßungen bescherte.
Ganze Bände wurden über den Fall geschrieben, doch zieht man einmal die Ausschmückungen der Reporter ab, bleibt kaum etwas übrig, um daraus eine Story zu konstruieren. Weder gab es ein nachweisbares Motiv noch irgendwelche Umstände, die das Ganze zu erklären vermochten, nicht einen einzigen Anhaltspunkt, geschweige denn eine Spur. Die beiden Männer waren von einer Stunde auf die andere verschwunden, als hätten sie sich einfach in Luft aufgelöst. Quasi verdampft, so wie einige der merkwürdigen Chemikalien, mit denen Malgraff in seinem privaten Laboratorium experimentierte. Niemand wusste, wozu er diese Chemikalien brauchte, und niemand hatte eine Ahnung, was Malgraff und Li Wong zugestoßen war.
Den Allerwenigsten dürfte bewusst sein, dass mit der Veröffentlichung des Manuskripts, das Sylvia Talbot vor einem Jahr – also im Herbst 1941 – erhielt, nunmehr eine verlässliche Antwort auf all diese Fragen vorliegt.
Miss Talbot war mit Malgraff verlobt gewesen, hatte die Verlobung jedoch bereits drei Jahre vor seinem Verschwinden gelöst. Zwar hatte sie ihn wirklich geliebt, doch stellten sein träumerisches Gemüt und seine weltfremden Neigungen ein aus ihrer Sicht entscheidendes Hindernis dar. Dem jungen Mann schien die Auflösung der Verlobung wenig auszumachen. Er stürzte sich in seine naturwissenschaftlichen Forschungen, verriet jedoch niemandem, woran genau er forschte. Weder damals noch zu einem späteren Zeitpunkt zeigte er auch nur das geringste Interesse daran, das riesige, von seinem Vater ererbte Vermögen durch eigene Anstrengungen zu vermehren.
Was nun sein Verschwinden betrifft, tappte Miss Talbot ebenso sehr im Dunkeln wie jeder andere auch. Nachdem die Verlobung gelöst war, hatte er sich noch hin und wieder bei ihr gemeldet, doch mit der Zeit wurden seine Briefe immer seltener, da er viel zu sehr in seine unzähligen Studien und Versuche vertieft war. Die Nachricht von seinem Verschwinden kam für Miss Talbot vollkommen überraschend und traf sie wie ein Schock.
Seine Anwälte und Verwandten ließen überall auf der Welt nach ihm suchen, doch vergeblich. Im Spätsommer 1941 schließlich wurde das sonderbare Behältnis, welches das bereits erwähnte Manuskript enthielt, in der Bandasee zwischen Celebes und den Gewürzinseln treibend von einem holländischen Perlenfischer gefunden.
Bei dem Behälter handelte es sich um eine aus einer unbekannten, kristallklaren Substanz bestehende Kugel mit abgeflachten Enden. Sie misst im Durchmesser fünfundvierzig Zentimeter und besitzt im Innern einen Mechanismus aus Miniaturdynamos und Induktionsspulen, alle aus demselben durchsichtigen Material gefertigt, sowie eine Apparatur, die an ein Stundenglas erinnert. Diese ist zur Hälfte mit einem grauen Pulver gefüllt. Außen weist die Oberfläche mehrere winzige, knopfartige Verdickungen auf. Exakt im Zentrum befand sich in einem kleinen zylindrischen Fach eine dicke, grünlich-gelbe Rolle Papier, auf der, durch die verschiedenen Schichten der Kugel deutlich lesbar, Name und Anschrift von Miss Sylvia Talbot notiert waren. Zum Schreiben war ein Pinsel oder eine extrem schwere Feder benutzt worden, die Tinte besaß einen eigenartigen Rotstich.
Zwei Monate später traf das Ganze bei der überraschten Miss Talbot ein. Voller Entsetzen erkannte sie Domitian Malgraffs Handschrift.
Nach zahllosen vergeblichen Versuchen gelang es ihr schließlich, indem sie sich an den außen angebrachten Knöpfen zu schaffen machte, das Behältnis zu öffnen. Es klaffte in zwei halbkugelförmigen Teilen auseinander. Miss Talbot stellte fest, dass die Schriftrolle einen umfangreichen, auf meterlange Papierbögen geschriebenen Brief Malgraffs enthielt. Dem Wunsch seines Verfassers gemäß wird dieses Schreiben hiermit – unter Auslassung einiger weniger vertraulicher Sätze und Passagen – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Malgraffs unglaubliche Geschichte lässt sich selbstverständlich leicht als einfallsreiches Märchen abtun. Wer ihn kannte, wird mir beipflichten, dass dies durchaus zu seinem Charakter passen würde. Man sagt ihm nach, er sei auf die ihm eigene launenhafte, fantastische Art ein Scherzbold gewesen. Darum wurde, davon ausgehend, dass er sich irgendwo im Orient noch am Leben befindet, die Suche nach ihm wieder aufgenommen. Derzeit werden alle
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