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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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starkes Korps Nationalgardisten und Verbündete mit zwölf Kanonen.
    Als den Schweizern der Befehl des Schloßkommandanten mitgeteilt wurde, begab sich jeder von ihnen schweigend und entschlossen auf seinen Posten. Die Edelleute, die nur Waffen von kurzer Tragweite, Säbel oder Pistolen hatten, erwarteten in trunkener Wut den mörderischen Kampf mit dem Volke, mit dem alten Gegner, dem stets besiegten, aber seit acht Jahrhunderten immer größer gewordenen Riesen.
    Jetzt wurde an der Tür geklopft, und mehrere Stimmen riefen: »Parlamentäre!« Zugleich kam ein weißes Schnupftuch über der Mauer zum Vorschein.
    Man holte den Generalprokurator Röderer. »öffnen Sie die Tür!« sagte er und befand sich vor den Führern der Pikenmänner.
    »Freunde,« sagte der Generalprokurator, »ihr habt für einen Parlamentär und nicht für eine bewaffnete Schar Einlaß begehrt. Wo ist der Parlamentär?«
    »Hier!« antwortete Pitou mit seiner sanften Stimme und seinem gutmütigen Lächeln.
    »Wer sind Sie?«
    »Ange Pitou, Befehlshaber der Verbündeten zu Haramont.«
    »Was wünschen Sie?« fragte er weiter.
    »Einlaß für mich und meine Freunde.«
    Pitous Freunde waren in Lumpen gekleidet und machten grimmige Gesichter; sie schienen mit ihren Piken sehr gefährliche Feinde.
    »Warum wünschen Sie Einlaß?«
    »Um die Nationalversammlung zu blockieren. Wir haben zwölf Kanonen, und nicht eine wird abgefeuert, wenn geschieht, was wir wollen.«
    »Was wollen Sie denn?«
    »Die Absetzung des Königs.«
    »Bedenken Sie,« mahnte Röderer, »die Sache ist von großer Wichtigkeit.«
    »Jawohl, von großer Wichtigkeit«, erwiderte Pitou. »Es ist drei viertel zehn, wir geben Ihnen bis zehn Uhr Bedenkzeit. Wenn wir Schlag zehn keine Antwort haben, so greifen wir an.«
    »Inzwischen erlauben Sie doch, daß das Tor wieder geschlossen wird?«
    »Allerdings. – Freunde,« sagte er zu seinen Begleitern, »geht zurück.«
    Die Pikenmänner gehorchten. Aber die Belagerer hatten die furchtbaren Vorbereitungen zu ihrem Empfange gesehen.
    Als die festgesetzte Frist eben ablief, kam ein Mann aus den Tuilerien und gab Befehl, das Tor zu öffnen. Die Belagerer drangen ungestüm durch das geöffnete Tor, steckten die Hüte auf Piken und Säbel und ließen die Nation, die Nationalgarde und die Schweizer hochleben.
    Die Nationalgardisten antworteten: »Es lebe die Nation!« Die Schweizer hingegen verharrten in ihrem düsteren Stillschweigen.
    Erst vor den Mündungen der Kanonen hielten die Eindringenden an und schauten sich nach allen Seiten um.
    Die große Vorhalle war voll von Schweizern. Eine Abteilung war in drei Reihen auf der Haupttreppe aufgestellt.
    Einige fanden die Sache bedenklich, unter diesen Pitou. Sie versuchten durch Späße und Scherze mit den Nationalgardisten und Schweizern die Gefahr zu umgehen.
    Die Patrioten waren mit alten Pistolen, verrosteten Flinten und neuen Piken bewaffnet, es wäre vielleicht besser für sie gewesen, wenn sie gar keine Waffen gehabt hätten.
    Die Artilleristen waren zu ihnen übergegangen, die Nationalgarde schien geneigt, sich ebenfalls zu ihnen zu gesellen; sie suchten nun auch die Schweizer zu überreden.
    Einer von ihnen trug eine Stange mit einem Haken; er sagte zu seinem Nachbar: »Wie wär's, wenn ich einen Schweizer angelte?«
    Der Nachbar lachte. Der andere streckte seine Hakenstange vor, faßte damit das Lederzeug eines Schweizers und zog ihn an sich.
    Der Schweizer leistete nicht mehr Widerstand, als eben nötig war, um nicht das Ansehen gänzlicher Willenlosigkeit zu haben.
    Der Mann mit der Stange ging langsam zurück, und der Schweizer wurde aus der Vorhalle in den Hof gezogen wie ein geangelter Fisch.
    Lautes Gelächter brach unter den Sansculotten aus. »Weiter! weiter!« rief es von allen Seiten. Der Hakenmann, durch diesen Zuruf ermutigt, zog einen zweiten Schweizer in den Hof. Das ganze Regiment wäre vielleicht übergegangen, wenn nicht das Kommando: »Legt an!« dem Unfug ein Ende gemacht hätte.
    Während sich die Gewehre senkten, feuerte einer der Angreifenden einen Pistolenschuß auf ein Fenster des Schlosses ab.
    Pitou sah voraus, was kommen mußte.
    »Werft euch nieder!« rief er seinen Leuten zu. »Nieder auf die Erde, oder ihr alle seid verloren.«
    Er selbst warf sich platt auf die Erde nieder, aber ehe die übrigen Zeit hatten, seiner Aufforderung Folge zu leisten, ertönte das Kommando: »Feuer!« Eine furchtbare Salve krachte unter der Vorhalle, die sich mit Pulverrauch

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