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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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und her. Jeder von ihnen hatte etwas gesehen, hatte seine eigene Geschichte und Erasmus wusste, dass sie sie erzählen wollten. Dass sie darauf brannten, das Grauen, das ihnen ins Gesicht geschrieben stand, mit den anderen zu teilen.
    Ermutigend blickte er Zdenko an. »Man sagt, die schmatzenden Toten fressen ihre Leichentücher auf. Konntet Ihr so etwas erkennen, Zdenko?«
    Der erblasste, seine Hand griff zur Tischkante, er blickte Gafur an, doch der zuckte einmal mehr mit den Schultern.
    Zdenko schluckte, bevor er zu sprechen begann. »Ja, beinahe so hat es ausgesehen. Es war voller Löcher und so weit nach oben gerutscht, dass sein Geschlecht nicht mehr bedeckt war. Doch es war dunkel, und ich wollte nicht genauer hinsehen.« Die letzten Worte stieß Zdenko mit wutverzerrtem Gesicht hervor.
    »Sein Geschlecht war unbedeckt? Ist Euch etwas daran aufgefallen?« Erasmus versuchte, seine Aufregung zu zügeln. Allein, Thomasz, Gafur und Zdenko schüttelten die Köpfe.
    Da sog der Schmied hörbar die Luft ein. »Sein Gemächt war aufgerichtet«, antwortete er mit leiser Stimme. Er hob den Kopf, sah in die staunenden Gesichter und erinnerte sich an den Anblick. »Zum Teufel«, brach es aus ihm heraus, »der Alte hatte einen Ständer, wie ich ihn seit vielen Jahren nicht mehr hatte.«
    Erasmus nickte. Das hatte er immer wieder gehört. Die Toten lagen mit einer ungeheuerlichen Erektion im Grabe. Ob das erklärte, was die Gräfin zu dieser Stunde … Er wischte den Gedanken fort. Sorgfältig schrieb er das soeben Gehörte nieder. Dann fragte er weiter, wissend, dass er den Widerstand gebrochen hatte. »Was geschah, als Sie den Pflock in das Herz des Jägers getrieben haben?«
    Ein heiseres Würgen drang aus der Kehle eines Zuschauers.
    Zdenko blickte Erasmus ins Gesicht, er war blass, aber seine Stimme fest und deutlich. »Meiner Seel’, er hat gestöhnt«, erklärte er. Auch unter den Männern, die um den Tisch standen, stöhnten einige.
    »Es war ein dumpfes Aufstöhnen und ich konnte unter meinen Händen spüren, wie der Pflock in den kalten und dennoch mit Blut gefüllten Leib fuhr.« Gafur schüttelte den Kopf, seine Gesichtsfarbe wirkte beinahe grün.
    »Es ist frisches Blut aus seinem Mund gekommen.« Der Schmied sprach, als schmerzte ihn die Erinnerung an diesen Anblick noch immer. »Bei allen Heiligen, der Mund hat sich geöffnet und es ist frisches Blut ausgetreten. Ich habe ihm den Kopf abgetrennt, noch ehe er den Mund wieder zumachen konnte.«
    Bleiernes Schweigen lag über dem Wirtshaus. Die Männer tauschten Blicke und einer legte beschwichtigend seine Hand auf des Schmieds Schulter. »Was geschah danach?«
    Erasmus hatte seinen Griffel niedergelegt.
    »Danach, Euer Ehren, geschah nichts mehr. Wir haben den Kopf zwischen die Füße gelegt und das Grab wieder zugeschaufelt. Dann sind wir nach Hause gegangen.«
    Erasmus ließ die Stille auf sich wirken. Er dachte nach. Ernst maß er einen nach dem anderen. »Meine Herren, meiner wissenschaftlichen Meinung nach zu urteilen, haben Sie nicht nur Ihrem Dorf einen großen Dienst erwiesen. Sie haben den Vampir unschädlich gemacht.« Er machte eine kurze Pause. »Somit haben Sie die Gefahr abgewendet. Ich sorge nun dafür, dass keine weitere Gefahr mehr droht. Sie können sich auf mich verlassen.«
    Prüfend beobachtete er die Männer. Er musste sichergehen, dass sie ihn verstanden hatten. Es galt, um jeden Preis zu verhindern, dass der aufgebrachte Mob ins Schloss eindrang. »Ich habe die Krankheit des Vampirismus sorgfältig studiert. Sie können sich sicher sein, dass ich alles Notwendige tue, um Ihr Dorf vor diesem Unheil zu beschützen«, fügte er in belehrendem Tonfall hinzu. »Verlassen Sie sich ab jetzt ganz auf mich.«
    »Glauben Sie mir, Doktor, ich werde keinen Vampir mehr unschädlich machen, wenn ich es vermeiden kann.« Zdenko schenkte sich mit ruhiger Hand sein Glas zum zweiten Mal voll. Er trank langsam und bedächtig und setzte erst ab, nachdem es vollständig geleert war. Anschließend stand er auf und verließ die Gaststätte.
    Erasmus erhob sich, warf dem Wirt einen viertel Gulden auf den Tisch und ging ebenfalls. Er hatte genug gehört und fand seine Vermutungen allesamt bestätigt.
     
    *
     
    Amalia erwachte voller Zuversicht, sie hatte lange und tief geschlafen und machte sich hungrig über das Frühstück her, das Lucia schon vor Stunden bereitgestellt hatte. Nachdem sie den letzten Bissen verspeist und sich den Mund an einer

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