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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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Seine Augen durchbohrten den Bauern gleichsam. Langsam und überdeutlich wiederholte er seine Frage. »Haben die Herren etwas in dem Sarg gefunden?«
    »Ja, Euer Ehren. Der Jäger lag im Sarg.«
    Erasmus lächelte über die Anrede. Die Erfahrung mit dem Notizbuch hatte er im Laufe seiner Recherchen immer wieder gemacht. Nicht nur die einfachen Menschen, selbst die eingebildetsten Laffen nahmen beim Anblick seines Schreibwerkzeugs Haltung an und behandelten ihn mit dem Respekt, der einem Mann der Wissenschaft gebührte.
    »Konnten Sie erkennen, wie der Jäger ausgesehen hat?« Aufmerksam beobachtete er die Reaktionen der Männer. Thomasz‘ Gesicht wurde immer blasser. Zdenko blickte zu Gafur, der mit den Schultern zuckte. Einer der Umstehenden stieß den Schuster an. »Wir alle haben ein Recht darauf, zu erfahren, was in der Nacht vorgefallen ist.«
    Zdenkos Kopf fuhr herum. Er starrte den Zwischenrufer an und donnerte: »Wir haben unsere Pflicht getan, für euch alle! Für euch, euer Vieh, eure Weiber und eure Kinder!« Seine Augen blitzten, Schweigen legte sich über die Männer. Mit zusammengekniffenen Brauen fuhr Zdenko fort. »Es war dunkel. Wir konnten nicht viel sehen. Wir haben getan, was wir tun mussten, dann sind wir gegangen.«
    »Hat denn jemand anderes vielleicht mehr gesehen? Ich erinnere mich an die letzte Nacht. Der Mond hat immer wieder hinter den Wolken hervorgeschaut, manchmal für eine ganze Weile.« Erasmus fixierte jetzt den Schuster. Der nickte stumm, doch die Hand des Schmieds lag schwer auf seinem Arm und hinderte ihn am Sprechen.
    »Ihr wart dabei, Schuster. Ihr seid ein mutiger Mann. Man sagte mir, Ihr währet der Erste gewesen, der die Gefahr erkannt hat.«
    »Das ist wahr!« Ärgerlich schüttelte Thomasz die Hand ab, stürzte seinen Branntwein hinunter und begann, während Erasmus ihm nachschenkte, zu sprechen. »Ich habe sie beobachtet, all die Jahre bis zu jener Nacht vor zwei Tagen. Sie ist zu ihm gegangen, der da …«, mit dem Kinn zeigte er auf Gafur, »… hat’s auch gesehen. Dann hat er’s mir endlich geglaubt!« Zufrieden setzte er sich wieder hin und ergriff sein Glas.
    Erasmus legte die Hand darauf. »Was habt Ihr gesehen, als Ihr das Grab geöffnet habt?«
    Schweigen. Gafur und Zdenko wechselten einige Blicke.
    »Meine Herren, Ihre Aussagen dienen der Wissenschaft, der ganzen Menschheit. Ich bin, wie ich bereits sagte, nicht hier, um Gericht über Sie zu halten, das wird ein anderer zu einer anderen Zeit tun. Ich bin einzig hier, um die Wahrheit zu finden.«
    Zunächst leise, kaum hörbar, dann immer lauter begann Thomasz erneut zu sprechen. »Ich habe ihn gesehen. Während Gafur und Zdenko sich bereit machten, unser Werk zu vollenden, habe ich ihn genau gesehen. Er lag frisch und rosig in seinem Grab. Seine Augen waren blutunterlaufen und blickten mir genau ins Gesicht. Er hatte den Mund halb geöffnet und frisches Blut lief ihm das Kinn hinunter. Und dick war er, nicht nur die Wangen waren dick und rosig, der ganze Kerl war fett geworden. Bei der Heiligen Jungfrau, der Alte sah besser aus, als er jemals zu Lebzeiten ausgesehen hat.« Thomasz hatte sich in Hitze geredet. Sein Gesicht war rot und seine Augen blutunterlaufen. Beifall heischend drehte er sich nach seinen Nachbarn und Verwandten um.
    Es war heraus, also wollte er allen mitteilen, dass es keinen Grund mehr gab, ihn zu verachten, dass er Großes für die Gemeinschaft geleistet hatte. Durstig nahm er das Glas aus Erasmus’ Hand und trank es leer.
    »Ich bin mir sicher, dass auch die anderen Herren Beobachtungen gemacht haben. Jedes Detail ist wichtig, alles kann der Wissenschaft helfen, diese schreckliche Geisel Gottes unschädlich zu machen. Gewiss ist ein jeder hier«, Erasmus machte eine Pause, fasste erneut jeden Einzelnen ins Visier, »ein jeder hier bestrebt, dem Bösen das Handwerk zu legen! Also, was ist Ihnen aufgefallen?«
    Gafur war blass geworden und auch Zdenko wirkte nachdenklich. Der Schmied hob sein Glas und trank.
    »Seine Fingernägel waren gewachsen.« Gafur blickte hoch, zuckte erneut mit den Schultern. Erasmus nahm seinen Stift und notierte die Aussage sorgfältig in seinem Buch. »Gab es sonst noch etwas, Blutflecken zum Beispiel?«
    »Es war dunkel, Euer Ehren, aber an seinem Kragen – da war etwas, das hätte Blut sein können.«
    »Gut, Ihr seid mir eine große Hilfe, Gafur. Habt Ihr sonst noch etwas gesehen – oder die anderen?«
    Zdenko rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin

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