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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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füllen und gleichzeitig seinen Senf hinzuzugeben. »Wenn ich’s euch sage. Zdenko und Gafur haben was damit zu tun. Ich hab sie gestern gesehen. Sie waren zu viert, gemeinsam mit dem Schmied und Thomasz, und sie haben sich seltsam benommen.«
    »Was weißt du?«
    Noch ehe der Bauer antworten konnte, öffnete sich die Tür und die vier Genannten betraten die Stube. Die Stimmen erstarben auf der Stelle. Erasmus straffte die Schultern und trat den Ankömmlingen gemessenen Schrittes entgegen.
    »Setzen wir uns, meine Herren, die Wissenschaft hat einige wichtige Fragen an Sie.« Mit großer Geste zeigte er zu einem Tisch im hinteren Teil der Stube. »He, Wirt, bring fünf Gläser und sorge dafür, dass sie nicht leer werden. Aber keinen billigen Fusel, ich habe mit den Herren etwas Wichtiges zu besprechen.«
    Mit einer knappen Handbewegung unterstrich er seinen Auftrag und setzte sich neben Dagomars Sohn. Die übrigen Gäste versammelten sich schweigend um sie herum.
    Erasmus versuchte, sie zu verscheuchen, sie aber taten, als bemerkten sie es nicht. Schließlich gab er resigniert auf. Der Wirt kam zurück, stellte eine Flasche und fünf Gläser auf den Tisch, keiner machte Anstalten, zu trinken.
    Der Schuster schließlich griff nach dem Branntwein, füllte sein Glas und trank es mit einem Schluck leer. Flugs füllte er es erneut, so voll, dass die kostbare Flüssigkeit auf den Tisch lief. Fasziniert beobachtete Erasmus, wie sich die Hand des Schmieds wie ein Schraubstock um den Hals der Flasche schloss. Er nahm sie an sich und füllte die restlichen Gläser. Die Männer tranken schweigend.
    Erasmus nahm sie ins Visier. Sie würden schon reden, das war eine Erfahrung, die er in seinem Leben oft gemacht hatte. Irgendwann würden sie die Stille nicht mehr aushalten. Er brauchte nicht lange zu warten. Thomasz stürzte das übervolle Glas hinunter, sein Gesicht verzog sich nahezu schmerzlich. »Verdammt gutes Zeug«, murmelte er, während er sich mit der Hand über den Mund fuhr. Ganz langsam erhob er den Kopf, sein Blick glitt über die Gesichter der Umstehenden. Der Schuster hob sein leeres Glas.
    »Was glotzt ihr so? Wir haben unsere Pflicht getan, für jeden Einzelnen von euch.« Er stand auf, sein rechter Finger stach Löcher in die Luft, während er sich mit der Linken am Tisch festhielt. »Unsere verdammte Pflicht haben wir getan.« Mit glasigen Augen starrte er von einem zum anderen. Kein weiteres Wort kam aus seinem Mund, seufzend sank er auf seinen Stuhl zurück.
    Erneutes Schweigen füllte den Raum. Erasmus fixierte Gafur, den er für den Rädelsführer hielt.
    Doch es war Zdenko, der Enkel des Verrückten, der das Schweigen brach. »Was hätten wir tun sollen? Bis die Behörden sich um so etwas kümmern, hat er wer weiß wie viele von uns auf dem Gewissen. Wir mussten das Recht selbst in die Hand nehmen.«
    Auch er blickte in die Gesichter seiner Nachbarn und Freunde, die beiden anderen nickten zustimmend. Es war Zeit, dass Erasmus etwas sagte. Er versuchte, seine Stimme offiziell klingen zu lassen, beruhigend und selbstbewusst.
    »Ich bin hier als ein Vertreter der Wissenschaft, meine Herren. Mir liegt es fern, das, was Sie getan haben, zu beurteilen. Ich möchte lediglich wissen, was Sie gesehen haben. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, dass Sie sich absolut an die Wahrheit halten. Sie dürfen nichts verschweigen und nichts hinzufügen.«
    Gafur nickte ernst, Thomasz ergriff sein Glas erneut und Zdenko stierte unbeweglich vor sich hin. Der Schmied verschränkte die Arme vor der gewaltigen Brust. Zwischen zusammengebissenen Zähnen stieß er hervor: »Mag sein, dass wir einfache und ungebildete Männer sind, aber wir sind keine Lügner.«
    Einige der Umstehenden nickten. Sie rückten näher, viele hatten die Haltung des Schmieds angenommen. Die Gesichter waren verschlossen. Erasmus wappnete sich, dies hier waren Bauern. Sture, einfache Leute. Diese Menschen trauten niemandem. »Dies ist die übliche Belehrung, sie gilt für jedermann«, beeilte er sich, zu beschwichtigen. Gleichzeitig nahm er sein Notizbuch und einen Graphitgriffel aus der Tasche. Er öffnete das Buch und spitzte sorgfältig den Stift an. »Haben die Herren etwas in dem Sarg gefunden?«
    Leises Gemurmel erhob sich im Schankraum, doch die Männer am Tisch blieben stumm. Der Schmied hatte seine Pranke auf Thomasz‘ Unterarm gelegt, der Schuster senkte den Blick in das leere Glas. Erasmus betrachtete ihre Gesichter, bei Gafur verweilte er.

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