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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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Tiere. Dann war ihr, als wäre Schwester Resa bei ihr.
    »Deine Mutter tut, was immer sie tut, weil sie dich liebt und wenn du groß bist, wirst du sie verstehen« , flüsterte Resa in ihrem Kopf, und Elena wusste, dass die fromme Schwester die Wahrheit sagte.
     
    *
     
    Amalias Augen brannten. Sie blickte seit Stunden angestrengt zum Horizont. Ihr Herz war bei ihrer kleinen Tochter, die ihr näher schien als jemals zuvor. Auch wenn sie Elena niemals wiedersehen würde, so hatte sie doch die Erinnerung an ihr Kind endlich wiedergefunden. Sie wusste, dass sie kein Recht mehr auf sie hatte, einzig die Pflicht, jegliches Unbill von Elena abzuwenden, war ihr geblieben. Laut der Worte des Doktors ging es Elena gut, mehr konnte sie nicht erwarten.
    Vor ihr Blickfeld schob sich nun etwas anderes, und es brachte wärmende Erinnerung an die wenigen schönen Zeiten ihrer Kindheit. Es war die Spitze des mächtigen Südturms von St. Stephan, der ihr die nahe Stadt ankündigte. Ermattet ließ sie sich in ihre Kissen aus Brokatseide sinken. Ihre Gedanken liefen vor der Kutsche her, zogen durch das Stadttor, vorbei an den kleinen Gassen, über den hohen Markt und verweilten schließlich vor der klaren Fassade der Jesuitenkirche.
    Sie betrat die Kirche, die von aberhundert Kerzen hell erleuchtet war. Leise Orgelklänge erfüllten den Raum. Pater Eugen trat auf sie zu, er reichte ihr seinen Arm und führte sie zu einer Seitenkapelle. Die große Heilige saß auf einem Stuhl mit hoher Rückenlehne, die Füße auf einem Schemel, das einfache Ordensgewand reichte in üppigem Faltenwurf bis auf die Erde. In der Hand hielt sie eine Wachstafel und einen Stift. Es war eine nahezu lebensgroße Statue der heiligen Hildegard. Sie lächelte milde von ihrem erhöhten Platz auf sie hinab. Amalia wollte sich soeben niederknien, als eine wohlvertraute Stimme sie aus ihrer Andacht riss.
    »Prinzessin, sehen Sie nur, wir sind da, dort vorn ist das Stadttor.« Marijke wippte mit den Füßen. Die Freude, endlich wieder in Wien zu sein, überzog ihre Wangen mit einem rosigen Schimmer.
    Amalia rieb sich verschlafen die Augen. Sie hatte die heilige Hildegard gesehen, in Wien. Amalia lächelte. Bisher hatte sie noch in keiner einzigen Kirche jemals einen Altar von dieser großen Heiligen gesehen. Vielleicht gab es so etwas am Rhein, aber hier sicherlich nicht. Margeth hätte es gefallen. Ach, Margeth! Amalia seufzte.
    Dann waren sie auch schon durch das Tor hindurch, und der Wagen rumpelte auf den geliebten Straßen der Stadt.
    Vor der Residenz derer von Torgelow standen die Diener bereit, Amalia zu empfangen. Unter ihnen befand sich auch Rosalie, eine von Agnes’ Enkelinnen, die sich um die Küche kümmerte.
    Amalia reichte ihr die Hand. »Wie sehr du deiner Großmutter gleichst, mein Kind.« Mit der freien Hand tätschelte sie dem Mädchen den Arm. »Du musst wissen, dass sie ein wahrhaft guter Mensch gewesen ist.«
    »Sie hat viel von Euch gesprochen, Gnädigste. Sie hat Euch sehr gern gehabt.« Rosalie errötete.
    Amalia schenkte ihr ein Lächeln und ging weiter, hinein in die Kammer, in der sie so viele glückliche Kindertage erlebt hatte. Trotz des lauen Frühlingstages brannte ein Feuer in dem kleinen Kachelofen. Mit Marijkes Hilfe legte sie sich auf die altmodische Ottomane. Dann ging die Tür auf und eine Zofe brachte ein Tablett mit heißem Kakao und einer Torte, die vollständig mit Schokolade überzogen war. Amalia sog den Duft ein und nahm von dem Gebäck.
    »Wie wunderbar es hier ist. Ich hatte es beinahe vergessen.« Sie aß einige Bissen von dem herrlichen Kuchen, ehe sie mit einem unterdrückten Stöhnen die Gabel zur Seite legte. Ihr Gesicht wurde blass und Schweiß trat ihr auf die Stirn. Eine Welle des Schmerzes durchfuhr ihren Körper.
    Marijke griff nach dem Mohnsaft, den sie immer mit sich führte.
    Schwach winkte Amalia ab. »Es geht schon vorüber. Das Gebäck war es wert. Welch wunderbarer Geschmack, so süß und schwer und gleichzeitig fruchtig und heiter. Lass mich ein wenig schlafen und schicke eine Nachricht an von Hildebrandt.«
     
    *
     
    Erasmus kam am frühen Nachmittag in Falkenfried an. Er war länger in Linz geblieben als nötig, um dem eintönigen Leben auf dem Schloss für eine Weile zu entfliehen. Bester Laune öffnete er die Tür zu Amalias Gemach. Der Blick ins Innere der Kammer ließ ihn erstarren. Sein Herzschlag setzte aus. Mit angehaltenem Atem sah er sich um.
    Die Vorhänge des Bettes waren hochgebunden,

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