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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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bescheidenen Heim«, grüßte Amalia, überwältigt von einer unschuldigen Freude, wie sie sie seit Kindertagen nicht erlebt hatte.
    »Bescheiden scheint mir das rechte Wort zu sein.« Von Hildebrandt grummelte, doch seine listigen Äuglein blickten wie meist wach und freundlich.
    Amalia lächelte. Dieser Mann hatte die einzigartige Gabe, solche Sätze zu sagen, ohne beleidigend zu sein. Mit ausgestreckter Hand zeigte sie auf die Eingangstür, aus der sich behagliche Wärme auf den frisch gefegten Hof ergoss. Von Hildebrandt folgte steifbeinig ihrer Einladung. Er ließ seine Biberfellmütze auf dem Kopf und legte auch den pelzbesetzten Umhang nicht ab. Dafür nahm er dankend den Becher dampfenden Würzwein aus Krystas Händen.
    »Hm, das schmeckt köstlich. Mit diesem Getränk, liebe gnädige Frau, könnten Sie in Wien ein Vermögen verdienen«, lobte er überschwänglich, kaum dass er ein paar Tropfen gekostet hatte, und trank den Becher mit einem Zug leer.
    Geschmeichelt nahm ihn Krysta wieder in Empfang. Sie huschte flink wie ein junger Vogel zurück zum Kessel, füllte den Becher erneut und brachte ihn dem hohen Herrn augenblicklich zurück.
    Amalia konnte sich eines Grinsens nicht erwehren und auch Jakobus und Conrad stießen sich feixend in die Seiten.
    Wenig später erreichte auch Erasmus die alte Burg. Der Doktor schien sich der Vernunft gebeugt zu haben und war im geschlossenen Wagen gereist. Schließlich hatte der Herr Jesus Christus, wie Graf Wenzel ausrichten ließ, niemals mit solch widrigen Wetterbedingungen zu kämpfen gehabt. Jetzt wirkte Erasmus müde und durchgefroren. Gleichzeitig versicherte er in einem fort, dass er sich freue, Bekanntschaft mit dem großen Gelehrten zu machen und wie glücklich er über die Einladung sei.
    Der Arzt war gekleidet wie immer. Er trug ein Hemd aus weißem Leinen, mit ungewöhnlich eng anliegenden Ärmeln und schmucklosen Manschetten. Seine Beinkleider aus schwarzem Samt waren unter den Knien gebunden. Die weißen Strümpfe, die bis zu den Knien hinaufreichten, mündeten in schwarzen Schuhen mit Schnallen aus purem Silber. Über Hemd und Beinkleid trug er weder Wams noch Justaucorps, sondern einen Talar aus hochwertigem, schwarzem Tuch mit einem altmodischen weißen Kragen, von denen er mindestens ein halbes Dutzend weiterer besitzen musste. Alle blütenweiß, sorgfältig gestärkt und gebügelt und – wie er gern erwähnte – von seiner seligen Mutter geklöppelt. Jetzt eilte er auf seine Kammer, um sich den Staub von den Kleidern zu bürsten und, wie Amalia vermutete, den Kragen zu wechseln.
     
    *
     
    In freudiger Erwartung eilte Erasmus, kaum dass er sich einen frischen Kragen umgebunden hatte, die Treppe der alten Burg hinunter, um seinen Kollegen im Geiste, den Architekten, zu treffen. Er freute sich sehr, endlich einen Gelehrten in Falkenfried begrüßen zu dürfen. Allein, kaum dass er die Tür zum Festsaal öffnete, blieb er wie erstarrt stehen. Was er sah, war gottlos.
    »Kommen Sie schon rein, Doktor, und schließen Sie die Tür.«
    Erasmus tat, wie ihm geheißen, ohne den Blick von Amalia und dem Architekten zu wenden, die schamlos eng beieinanderstanden und ihre Köpfe über einen Bogen Papier neigten.
    Der Architekt war nicht groß, aber von gehörigem Umfang. Sein goldfarbenes Wams spannte über einem kolossalen Bauch, und auf dem weißen Halstuch prangte unübersehbar ein Fettfleck.
    Graf Wenzel stellte sie einander vor. Ein Augenblick, auf den sich Erasmus vorbereitet hatte. Er hatte sich sogar einige eloquente Sätze zurechtgelegt, die er dem berühmten Architekten zur Begrüßung sagen wollte. Der jedoch verbeugte sich nur knapp und wandte sich augenblicklich wieder der Gräfin und den Bauplänen zu. Statt eines gelehrten Gespräches stand Erasmus allein mit seinem Becher mitten im Raum.
    Unschlüssig trat er an eines der trüben Butzenfenster, die von der milchigen Helligkeit kaum durchdrungen wurden. Er hatte eine lange Reise hinter sich, zudem noch in der Kutsche. Um diese Jahreszeit gab es viele Kranke in Linz, die jetzt ihren Arzt missen mussten. Dies alles hatte er auf sich genommen, weil die Gräfin ihn gebeten hatte, zu Ehren des hoch angesehenen Wiener Architekten an einem festlichen Mahl teilzunehmen. Zu Ehren eines Gastes, der ihn nicht einmal wahrgenommen hatte. Erasmus mühte sich, seine Wut im Zaum zu halten. Wie durch eine unsichtbare Wand hörte er das Plappern der Gräfin, den tiefen Bass des Stallmeisters und das fröhliche

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