Die Graefin der Woelfe
fassen, dass das Mädchen seinen Namen trug, auch wenn sie von allen nur Elena gerufen wurde. Er konnte es kaum erwarten, sie endlich zu sehen, doch am dritten Tage nach ihrer Geburt sank er auf das Krankenlager. Sein Husten wurde von Tag zu Tag schlimmer und endlich hatte er auch hohes Fieber bekommen. Die Gräfin wollte nach einem Arzt schicken, aber Jakobus lehnte dankend ab. Einzig Margeth durfte die Medizin ihres Granatapfels zur Anwendung bringen. Sie legte ihm Umschläge mit Huflattich auf, befahl ihm, Unmengen von Hühnerbrühe zu trinken, und flößte ihm etliche Kannen eines bitteren Tees ein.
»Wenn mich die Krankheit nicht umbringt, dieses Weib schafft es mit seiner bitteren Brühe«, klagte er bei Amalia, die ihn am Krankenlager besuchte.
»Ich sehe, Jakobus, dir geht es schon wieder besser«, entgegnete sie ungerührt, doch er konnte die Erleichterung in ihrem Gesicht erkennen.
»Schau«, fügte sie hinzu, »Elena Jakobine ist bereits getauft. Du musst alles tun, was Margeth sagt, sonst läuft die Kleine, ehe du sie das erste Mal besuchen kannst.«
Jakobus nickte und trank wie zur Bestätigung einen weiteren Schluck von Margeths bitterem Tee. Dennoch dauerte es beinahe einen Monat, bis er wieder so kräftig war, dass er den ganzen Tag über das Bett verlassen konnte.
*
Margeth war wenige Wochen nach Amalias Niederkunft in ihre Kate zurückgekehrt. Auch wenn die Kammer im Schloss viel mehr Annehmlichkeiten bot, war sie doch froh, wieder ihr eigener Herr zu sein. Traurig stellte sie fest, dass die gute Niederkunft die Häme der Dorfbevölkerung nicht zum Versiegen gebracht hatte. Elenas Geburt sorgte überall für Gesprächsstoff und manch wilde Mutmaßung wurde geäußert. Dagomar wollte wissen, ob das Kind Male hatte. Eine Frage, die Margeth ihr beantworten könnte, es aber nicht tat. Denn tatsächlich hatte Elena ein Mal. Es war etwa so breit wie eine Hand, länglich und befand sich auf der linken Seite des Kindes, etwa zwischen dem unteren Rippenbogen und der Hüfte. Es war das gleiche Mal an der gleichen Stelle, wie Margeth es bei der Gräfin gesehen hatte. Das war seltsam, aber nicht ungewöhnlich. Dennoch hoffte Margeth inständig, dass keiner der Umstehenden je davon erfahren würde.
Ganz besonders verwunderten sich die Frauen darüber, dass Amalia keine Amme hatte. Selbstverständlich hatte keine der Frauen jemals eine Amme für ihre Kinder gehabt. Doch eine Gräfin, die ihr Kind selbst nährte, das war ungewöhnlich, das hatte etwas zu bedeuten. Normalerweise war es Dagomar, die solchen Dingen auf den Grund ging, doch die alte Bäuerin war müde geworden.
»Ich weiß es nicht«, war alles, was sie dazu sagte und Margeth blickte verwundert hinter ihr her, als sie mit schleppendem Schritt zurück zu ihrem Haus ging.
»Der Tod Gawrils hat sie mehr mitgenommen, als ich dachte«, sagte sie zu Bertha und Smarula.
Bertha nickte. »Wer hätte gedacht, dass sie so an ihm gehangen hat?«
Smarula wischte sich über die Augen, auch Juri war im vergangenen Winter gestorben und nur wenige Schritte neben Gawril beerdigt worden. So sind die Menschen, dachte Margeth, während sie in ihre Hütte ging. Niemals hätte sie gedacht, dass die zarte Smarula den Tod ihres Mannes so viel besser verkraften würde, als die robuste Dagomar.
5. Kapitel
Herbst 1725
M it schweren Schritten näherte sich Jakobus dem gepflegten Bauernhof. Er hatte diesen Besuch lange vor sich hergeschoben, aber nun gab es keinen Aufschub mehr. Das kleine Gehöft leuchtete in der Sonne und er erfreute sich an den Farben von Betsys üppigem Küchengarten. Gackernd liefen ihm ein paar fette Hühner und Gänse entgegen. Jakobus sah, wie Andres, von dem Geschnatter seines Geflügels über den Besuch informiert, aus dem Stall trat. Als der Bauer ihn erblickte, wischte er sich die Hände an der Hose ab und rief etwas über die Schulter.
Wenn ich Glück habe, ordert er jetzt einen Krug von Betsys gutem Bier , dachte Jakobus und das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Sein Schritt wurde rascher. Nun , überlegte er, das ist der Lauf der Welt. Du wirst alt und die Jugend nimmt deinen Platz ein. Du hast ihn lange genug innegehabt .
Wenn er schon sein Amt als Oberpiqueur abgeben musste, so an diesen Bauern, der ihm von allen Einwohnern Zwinzaus der Liebste war.
Andres kam ihm erfreut entgegen. Im Laufe der Jahre hatte sich eine stille Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, die auch durch die Nacht am Wolfsgehege nicht
Weitere Kostenlose Bücher