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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Rabentor heute nacht geschlossen«, brummte er. »Aber morgen wird die Kunde dort draußen herumgehen wie ein Lauffeuer und ins ganze Land hinausgetragen werden, ob es uns paßt oder nicht. Wir können weder Fragen aussperren noch die Wahrheit unter Verschluß halten. Der junge Prinz und die Prinzessin werden sich bald dem Volk zeigen müssen, oder es wird große Angst herrschen.«
    Jetzt klafft ein Loch im Königreich,
begriff Ferras Vansen.
Ein schreckliches Loch.
Das konnte der Moment sein, da ein starker Mann hervortreten würde, um dieses Loch zu füllen. Und wenn Avin Brone selbst dieser Mann zu sein gedachte?
    Der Typ dazu war er gewiß. Der Konnetabel war so groß wie Vansen, der selbst kein kleingewachsener Mann war. Aber Brone war fast doppelt so massig, mit einem mächtigen, buschigen Bart und Schultern, so breit wie sein ansehnlicher Bauch. In seinem schwarzen Mantel — Ferras vermutete, daß er ihn einfach über das Nachtgewand geworfen hatte und rasch in die Stiefel gefahren war — wirkte der Konnetabel wie ein Fels, an dem ein Schiff zerschellen konnte ... oder auf den sich ein mächtiges Haus bauen ließ. Und es gab noch andere im Königreich, die glauben mochten, die Statur zu haben, um eine Krone zu tragen.
    Während sich der Hofarzt Chaven am Leichnam des Prinzen zu schaffen machte, ging Avin Brone zu den beiden getöteten Wachsoldaten hinüber. »Der hier ist Watkin, stimmt's? Den anderen kenne ich nicht.«
    »Caddick — ein neuer Mann.« Ferras runzelte die Stirn. Vor wenigen Tagen erst hatten sich die Männer über Caddick Langbein lustig gemacht, weil er noch nie ein Mädchen geküßt hatte. Jetzt war auch der Tod für den Jungen Neuland. »Normalerweise wären noch zwei Mann hier gewesen, aber ich hielt es für besser, den Teil der Hauptburg im Blick zu behalten, wo die Fremden einquartiert sind.« Er schluckte jäh aufsteigende Galle hinunter. »Eigentlich hätten zwei weitere Wachen hier bei dem Prinzen sein sollen.«
    »Und habt Ihr schon mit diesen Männern gesprochen? Bei den Göttern, Mann, wenn sie nun alle tot sind und die Fremden mit blutigen Schwertern durch die Hauptburg streifen?«
    »Ich habe längst einen Boten hingeschickt und auch Antwort erhalten. Einer meiner besten Leute — Saddler, Ihr kennt ihn ja — führt diesen Trupp, und er schwört, daß der hierosolinische Gesandte und seine Begleiter ihr Quartier nicht verlassen haben.«
    »Aha.« Brone stieß mit der Stiefelspitze gegen den Leichnam des einen Wachsoldaten. »Mit der Klinge getötet. Ein wenig zu fein für ein Schwert, würde ich sagen. Aber wie kann ein ganzer Trupp Männer unbemerkt über den Prinzen herfallen und ihn ermorden? Und wie hätten weniger Männer so grimmig wüten sollen?«
    »Ich weiß nicht, wie ein ganzer Trupp hier unbemerkt hätte hereinkommen sollen, Konnetabel. Die Gänge waren ja nicht leer.« Ferras starrte auf Watkins Gesicht herab: geweitete Augen, der Mund offen, als ob der Tod vor allem eine Überraschung gewesen wäre. »Aber die Bediensteten haben am früheren Abend etwas gehört — Streit, heftige Worte, aber gedämpft. Sie konnten nichts verstehen und auch die Stimmen nicht erkennen, aber sie sind sich alle einig, daß es nicht klang wie ein Kampf auf Leben und Tod.«
    »Wo sind die Leibdiener des Prinzen? Wo sind seine Pagen?«
    »Fortgeschickt.« Allmählich fand Ferras Brones Fragen beleidigend. Glaubte der Konnetabel etwa, nur weil Hauptmann Vansens Vater Bauer war, hätte der Sohn keinen Verstand? Dachte dieser Mann wirklich, er wäre nicht längst selbst drauf gekommen, diesen Dingen nachzugehen? »Der Prinz hat sie selbst weggeschickt. Sie dachten, er wolle einfach allein sein, um nachzudenken oder vielleicht auch, um die Entscheidung wegen seiner Schwester mit jemandem zu besprechen.«
    »Mit jemandem?«
    »Sie wissen nichts, Herr. Als er sie wegschickte, war er allein. Sie haben schließlich in der Küche bei den Küchenjungen geschlafen. Ein Page, der noch mal zurückging, um irgendeinen religiösen Gegenstand zu holen, hat dann den sterbenden Prinzen gefunden und Alarm geschlagen.«
    »Dann will ich diesen Pagen sprechen.« Brone ließ seine massige Gestalt vorsichtig in die Hocke herab. Er zupfte am Waffenrock des ihm nächstliegenden Wachsoldaten. »Er trägt einen Harnisch.«
    »Das meiste Blut an ihm kommt aus der aufgeschlitzten Kehle. Daran ist er gestorben.«
    »Der andere auch?«
    »Auch seine Kehle wurde aufgeschlitzt, und er hat eine Menge Blut verloren,

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