Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
wiederkommen, wenn es geht. Wir haben noch viele Fragen. Und wir lassen Ihnen Visitenkarten da, damit Sie uns anrufen können.«
»Ja, ist gut«, sagte sie. »Und welche Behörde vertreten Sie, warum wollen Sie das alles überhaupt wissen?«
»Es ist ganz einfach«, erklärte Müller. »Wenn Deutsche im Ausland sich nicht mehr um ihr Geld kümmern, wenn das irgendwo in Deutschland herumliegt und verstaubt, dann melden sich die Banken bei uns. Und wir müssen uns dann kümmern.«
»Ist sie denn im Ausland?«, fragte die Frau mit hoher Kinderstimme. Ihr Gesicht war rot und verschwollen. Der Alkohol setzte ihr sichtlich zu, es machte keinen Sinn mehr, weiterzureden. In diesem Zustand waren ihre Aussagen nichts wert.
»Das nehmen wir an«, sagte Svenja. »Wir haben Zeugenaussagen, dass es ihr gut geht. Wenn wir dürfen, würden wir morgen früh noch einmal vorbeikommen. So gegen elf Uhr?«
»Ja, sicher.« Sie weinte.
Als sie durch den Vorgarten zum Auto gingen, sagte Svenja: »Die wirklich schrecklichen Dinge hat sie gar nicht angesprochen.«
»Das denke ich auch«, murmelte Müller.
»Madeleine hatte nie eine Chance in diesem Haus. Ich würde gern mit diesem Matthias Probst sprechen.«
ACHTZEHNTES KAPITEL
Goldhändchen saß im dunklen Reich seiner Bildschirme und kontrollierte, was seine Jünger an Gerüchten und übler Nachrede über den Geheimdienst herausfanden, was sie selbst dazu beitrugen und wie sie sich freuten, wenn sie selbst ein Gerücht streuen konnten.
Aber er war nicht bei der Sache, er war niedergedrückt, dachte darüber nach, was aus ihm werden könnte, wenn die Gerüchte und üblen Nachrichten über ihm zusammenschlagen würden. Selbstverständlich würde es heißen, er sei über die Jahre ein Hacker gewesen, ein ehemaliger Krimineller, ein Einbrecher in die geheimnisvollen Welten der Banken, der staatlichen und militärischen Organisationen. Sie würden über ihn schreiben und berichten, und sie würden Fotos von ihm finden, auf denen er wie ein Pennäler aussah. Sie würden herausfinden, dass er vorbestraft war. Vorbestrafte, so dachte er, konnten nicht im Geheimdienst arbeiten. Er hatte panische Angst vor der Szene, die sich immer wieder vor seinem inneren Auge abspulte: Krause an seinem Schreibtisch mit ernstem Gesicht. Er schaute ihn nicht einmal an, sondern sagte nur auf eine endgültige, steinerne Weise: »Es tut mir leid, mein Lieber, wir müssen uns von Ihnen trennen!«
Aus dem großen Raum der Überwacher kam eine Meldung, die ihn aus seinen Gedanken riss: »Rechner sechzehn, ich habe eine Nachricht für Sie, Sir.«
»Was ist passiert?«
»In Wittenberg wurde ein Mann mit einer Gitarrensaite stranguliert.«
»Wann?«
»Vor einer Stunde ist er in seinem Haus aufgefunden worden.«
»Wer ist es?«
»Das wissen wir noch nicht. Das ist Sache der Mordkommission, jedenfalls kann ich das hier lesen.«
»Wittenberg, die Lutherstadt?«
»Genau die!«
»Welche Polizei?«
»Lokale Einheit.«
»Her damit!« Er drückte die stehende Verbindung zu Sowinski und Esser. »Wir haben hier eine üble Neuigkeit«, sagte er. »In Wittenberg ist ein Mann zu Tode gekommen. Mit einer Gitarrensaite. Wie reagieren wir?«
»Ganz sicher? Keinerlei Zweifel?«, fragte Esser scharf.
»Sieht so aus, ja.«
»Dann gehen wir rein!«, befahl Esser. »Erst brauche ich die lokale Polizeieinheit, also die Kripo, dann das BKA . Ich bin der Meinung, wir sollten ohne Anfrage reingehen, als Besucher. Das bedeutet, dass die lokale Gruppe nur sichert. Ich brauche das BKA , den Präsidenten oder seinen Vertreter. Ist der Name des Toten schon festgestellt?«
»Nein, noch nicht.«
»Wen schicken wir?«
»Wir haben nur Dehner«, sagte Sowinski seufzend. »Alle anderen sind draußen. Und Dehner ist völlig erschöpft.«
»Okay. Wir bieten dem BKA Mitflug an und nehmen einen Helikopter. Hat die Flugbereitschaft einen?«
»Hat sie«, sagte Sowinski. »Wir könnten zusätzlich Müller hinschicken. Der ist in der Gegend von Braunschweig.«
»Dauert mir zu lange«, entschied Esser.
Matthias Probst aufzutreiben war einfach gewesen. Sie hatten nur in der Fleischerei Mundt anrufen müssen, um sich mit ihm zu verabreden. Jetzt saßen sie ihm auf zwei kleinen Sesseln gegenüber in seiner winzigen Wohnung unter dem Dach eines Neubaus.
»Es geht um Madeleine Wagner. Wir haben schon mit ihrer Mutter in Grassel gesprochen. Stehen Sie noch in Verbindung mit Madeleine?«, fragte Müller mit einem freundlichen
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