Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
es um ein halbes Pfund Margarine ging. Und die Nachbarn fuhren in Ferien und hatten neue Autos und machten riesige Weihnachtsgeschenke, und meine Frau lag mir in den Ohren und machte Druck. Und dann kam Herr Nieswandt …«
»Stopp!«, fiel ihm Krause wütend in das Geständnis. »Sagen Sie nicht Herr Nieswandt. Er ist ein beschissener Gauner, der wusste, dass es Ihnen dreckig ging. Oder?«
»Ja, das wusste er wohl. Ich war bei ihm wegen einer Gehaltserhöhung. Er sagte, ich sollte mal mit ein paar Leuten sprechen. Und mit denen habe ich mich dann auch getroffen.«
»Aber die Gehaltserhöhung hat Nieswandt Ihnen nicht gewährt, oder?«
»Nein. Er sagte, das geht nicht.«
»Was waren das für Leute, mit denen Sie sich trafen?«
»Zwei Frauen und ein Mann. Die waren schon älter, so um die sechzig, würde ich mal sagen.«
»Haben Sie die Namen?«
»Nein, habe ich nicht komplett. Aber ich weiß, wo die wohnen.«
»Gut. Weiter.«
»Sie sagten mir, dass da eine üble Geschichte gegen die Kanzlerin läuft und dass man das unbedingt verhindern müsste. Es gäbe auch den Verdacht, dass ein gewisser Arthur Schlauf für den BND arbeitet, obwohl er hier in Deutschland einen Haufen Steuerschulden hat. Und dieser Schlauf sei ein großer Gegner unserer Bundeskanzlerin. Und das könnte man beweisen, indem man das Kürzel für den Vorgang hier im Haus findet. Also das AX (d). Und das lief ja durch meine Tabellen.«
»Wie viel haben die Ihnen bezahlt?«
»Fünfundzwanzigtausend in bar«, antwortete er flüsternd.
»Aber geholfen hat das nicht«, stellte Krause fest.
»Nein, hat es nicht.« Hundt schüttelte den Kopf.
»Haben Sie Ihrer Frau gesagt, woher das Geld kommt?«
»Nein. Ich habe gesagt, das wäre eine Bonuszahlung.«
»Und Ihre Frau hat todsicher schon ausgerechnet, was Sie mit den nächsten Bonuszahlungen so alles machen können.«
»Das stimmt.« Er hob den Blick und konnte Krause plötzlich in die Augen schauen. Er schien mit einem Mal geradezu erstaunlich ruhig.
»Wissen Sie was, junger Mann? Lassen Sie sich scheiden!«, schnaubte Krause. »Sonst werden Sie Ihr Leben lang unglücklich sein. Und jetzt gehen Sie zwei Türen weiter und erzählen Sie die ganze Geschichte meinem Mitarbeiter. Und lassen Sie keine Kleinigkeit aus. Und wir überlegen mal, was wir für Sie tun können.«
»Das wäre zu schön«, sagte Tobias Hundt leise.
Svenja erkannte die Stimme anfangs nicht und fragte immer wieder: »Wie bitte?«
»Mädchen!«, sagte der Wirt Ben schließlich laut und fuhr betont langsam fort: »Ich bin kein Alien, ich bin der von gegenüber. Ben, die Kneipe! Du hast doch mal wissen wollen, wer dir einen neuen Job anbieten wollte, oder? Dann komm schnell her, der Typ ist wieder hier.«
»Okay«, sagte sie.
»Bei Ben ist der Mann, der mir einen neuen Job anbieten wollte«, sagte sie zu Müller. »Schauen wir uns den an?«
»Den schauen wir uns an«, sagte Müller. »Ein Glas Bier war sowieso fällig.«
Sie gingen also in Bens Kneipe und setzten sich auf zwei getrennte Plätze, damit nicht der Eindruck entstand, Svenja habe einen Freund und Bewacher. Der dicke, listige Ben begriff das sofort, goss Svenja einen kleinen Kelch Sekt ein und murmelte: »Rechts von dir, der an der Bar.« Dann ging er zu Müller. »Und was willst du, großer Fremder?«
»Ein Bier«, forderte Müller. »Falls es so was gibt in dieser Kaschemme.«
»Der Mann mit dem roten Schal«, verkündete Ben im Flüsterton.
Svenja nahm den Sekt und steuerte einen kleinen Tisch an, der unmittelbar hinter Müller stand. »Ich brauche einen Happen, Ben. Forellenfilet, wenn du hast.«
»Hab ich. Kommt gleich.«
Es war noch früh am Tag, und die meisten Tische waren noch leer. Bens große Zeit kam am Abend, wenn seine Gäste ihre Schreibtische vergessen wollten und einen Ort brauchten, an dem sie lustvoll damit angeben konnten, wie sie ihren Chefs mal wieder die Meinung gegeigt hatten.
»Noch ein Pils, der Herr?«, fragte Ben den Mann mit dem roten Schal.
»Ja, ja«, antwortete der. »Ist das nicht die Dame, über die wir mal geredet haben?« Dann hatte er plötzlich ein Handy in der Rechten und fotografierte damit in den Raum.
»Ja«, sagte Ben. »Das ist sie.«
»Na, so was. Das nenne ich Glück.«
»Soll ich das Bier dorthin tragen?«, fragte Ben freundlich. »Ich kann die Dame ja fragen.«
»Das mache ich schon«, sagte der Mann und glitt von seinem Hocker. Er ging direkt zu dem kleinen Tisch, an dem Svenja saß, und fragte:
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