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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Kühlschrank, es hatte keinen Sinn, jetzt hektisch zu werden.
    Sie versuchte es bei Mona, aber da informierte sie ein Band darüber, dass Mona erst später wieder erreichbar sei, keine Angabe der Uhrzeit.
    »Hier Shannon Ota«, erzählte Svenja dem Band. »Wir kennen uns von einer Party. Ich habe einen gültigen Diplomatenpass und brauche dringend Maschinen nach Tripolis. Es geht um einen Notfall. Meine Nummer in Berlin ist …«
    Bei Gerrit kam nicht einmal ein Band, überhaupt keine Information, nur die langen Signaltöne.
    Eine mögliche Schiene waren die sogenannten Wirtschafts flieger. In der Regel handelte es sich um schnell gecharterte kleine Düsenjets, deren Besitzer gegen eine entsprechend hohe Entlohnung bereit waren, das betreffende Land anzufliegen, ihre kostbare Fracht dort abzuladen und dann zu warten, bis die Rückreise möglich war. Es gab auch Unternehmen, die eigene Maschinen besaßen, die sie in Krisensituationen einsetzten, um zu retten, was zu retten war. Grundsätzlich schickten die Unternehmen hochkarätige junge Manager, die sich selbst als Allzweckwaffen empfanden, sich in mehreren Sprachen unterhalten konnten und grundsätzlich bereit waren, ein hohes Risiko einzugehen.
    Es ging dabei in der Regel gar nicht darum, irgendwelche materiellen Werte zu retten und aus dem Land zu schaffen, vielmehr war es zunächst notwendig, den Managern im betroffenen Land zu signalisieren: Seht her, wir sind da, wir lassen euch nicht allein. Nach dem Dilemma setzen wir unsere Zusammenarbeit nahtlos fort. Also: kein Grund zur Panik! Erst dann erreichte man den Punkt, an dem es möglich war, Probleme auszuleuchten, zu erkennen und dann kurzfristige Planungen anzustellen. Generell waren für Libyen die Ölindustrie und alle ihre Zulieferer interessant.
    Svenjas Festnetzanschluss klingelte.
    Eine Frauenstimme in den höchsten Tönen. »Bist du Shannon, Schätzchen?«
    »Ja, die bin ich.«
    »Wann willst du denn raus aus diesem öden Tempel? Hier ist die allmächtige Mona.«
    »Wann immer ich kann. Was hast du denn im Angebot?«
    »Heute habe ich nicht mehr viel.«
    »Es geht um eine Rettungsaktion.«
    »Aber nix mit Maschinengewehren und so, oder? Ich meine, auf so was stehe ich nicht.«
    »Nein, nein, ich muss jemanden aus Tripolis rausholen.«
    »Dann versuche ich mal was. Mach dich schon mal auf einen Blitzstart gefasst, Kindchen. Und noch was: Ich mache das alles für umsonst, aber ich habe ein Herz für krebskranke Kinder. Einhundert Euro ist das Mindeste, zweihundert sind besser.«
    »Gib mir die Kontonummer, okay?« Sie schrieb die Nummer mit. »Ich überweise das jetzt, und du rufst mich an, wenn du helfen kannst.«
    »Genauso wird es gemacht«, sagte Mona.
    Svenja überwies den Betrag sofort, und weil es um ihren Müller ging und weil Svenja etwas für ihren Seelenfrieden tun wollte, wurden es dreihundert.
    Es gab auch die Schiene der Diplomaten. Grundsätzlich falsch war die Annahme, man könne heutzutage wegen der direkten, superschnellen Verbindungen der Computer, also des Internets, auf reisende Kuriere verzichten. Nach jahrelangen Skandalen um die geradezu gewaltigen Unsicherheiten im Netz war man reumütig zur alten Form der schnellen Kuriere zurückgekehrt. Es war im Grunde simpel: Reiche Staaten leisteten sich den Luxus eigener Kuriermaschinen, waren aber auch wegen der selbstverständlichen und unausgesprochenen Bruderschaft in den Lagern der Diplomaten durchaus bereit, die Post anderer, kleinerer Nachbarn mitzunehmen. In Libyen waren während der beginnenden Unruhen zunächst alle Botschaften und Interessenvertretungen im Land in eine tagelange Starre gefallen, lösten sich dann aber vorsichtig, sprachen mit zu Hause, trafen Abmachungen, wurden nach Hause zum Rapport bestellt, kehrten wieder zurück, setzten Notplanungen um, kümmerten sich um Touristen und im Land arbeitende Landsleute, waren fieberhaft bemüht, alles Erdenkliche möglich zu machen. Das funktionierte allerdings nur, solange sie sich aus der Schusslinie des heißen Kampfes heraushalten konnten.
    Svenjas Festnetzanschluss meldete sich wieder, und Sowinski sagte hastig: »Mach jetzt keinen Aufstand, Mädchen. Wir wissen, dass du alles weißt, und wir nehmen an, dass du nach Tripolis fliegen willst, um ihn herauszuholen. Lass das um Gottes willen sein.«
    »Ich fliege nicht nach Tripolis«, erwiderte sie.
    »Das wäre auch nicht in unserem Sinn!«, sagte er bestimmt. »Wir schicken ohnehin jemanden.«
    »Ja, ich weiß.

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