Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
Schlauf! Das wird aber nie passieren, obwohl Atze insgeheim sehnsüchtig auf so etwas wartet. Wie die meisten Männer, die international arbeiten, will er später einfach nur zurückkommen und hier seinen Lebensabend verbringen.«
»Kann man ihm nicht eine andere Identität geben?«
Esser verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. »Der Mann heißt Arthur Schlauf, und er ist an einem anderen Namen nicht im Geringsten interessiert. Seiner Meinung nach hat er die gleiche Lebensleistung erbracht wie die Kanzlerin, wobei ich ihm zustimmen würde.«
»Und diese Staatsanwaltschaften? Kann man da keinen Einfluss nehmen?«
»Bei Erbsenzählern ist das ganz schwierig«, sagte Esser. »Und Atze will bei dieser Regierung keinen Euro Steuern zahlen.«
»Das ist nachvollziehbar«, sagte Dehner trocken. »Also, was soll ich ihm genau sagen?«
Müller hatte starke, wühlende Schmerzen, die ihm den Atem nahmen. Wahrscheinlich hatten sie ihn aus der Ohnmacht geholt. Die Schmerzen konzentrierten sich auf das linke Bein und zogen sich hinauf bis in die Hüfte.
Er lag wieder auf dem Rücken auf dem weißen Laken, wo er aufgewacht war, nachdem Quelle Sechs ihn niedergeschlagen hatte.
Er hörte, wie jemand, der anscheinend sehr wütend war, sagte: »Verdammt noch mal, wir verbinden ihn einfach, das muss reichen.« Das klang nach Quelle Sechs.
»Das reicht nicht«, sagte eine Frau dicht neben Müller. »Du hast gesagt, er ist viel wert, also reicht das nicht.«
»Wann ziehen wir um?«, fragte eine zweite Männerstimme, wahrscheinlich der Alte.
»Gegen Mittag«, antwortete Quelle Sechs.
»Dann lass mich hier in Ruhe arbeiten«, sagte die Frau. »Wir können uns plötzlich auftretende Blutungen nicht leisten, dann fällt der Mann schlicht um und macht enorme Schwierigkeiten. Stellt euch vor, er wird ohnmächtig. Was wollt ihr dann tun? Er hat ohnehin schon sehr viel Blut verloren. Und er muss unbedingt viel trinken.«
»Was genau willst du denn machen?«, fragte der Alte.
»Ich will die Wunde ansehen, ich will sie säubern, desinfizieren und nähen. Also, geht beiseite und lasst mich machen. Ihr redet zu viel und tut nichts.«
»Dieser Scheißspion«, sagte Quelle Sechs wütend.
»Aber es ist idiotisch, zornig zu sein und den Transport damit infrage zu stellen«, sagte die Frau. »Ihr braucht diesen Mann in bester Verfassung und nicht bewusstlos. Wie soll das gehen, wenn ihr selbst ein Chaos anrichtet?«
»Wenn ich etwas befehle, dann wird es getan!«, sagte Quelle Sechs schroff.
»Dann solltest du aber darauf achten, dass es ihm gut geht«, sagte die Frau mit leichter Verachtung in der Stimme.
Müller öffnete die Augen und dachte: Wieso konnte ich so naiv sein und glauben, der Alte sei allein?
Die dunkelhaarige schlanke Frau, die sich kniend über seine Beine beugte, trug eine Armeeuniform. Und sie war offensichtlich Ärztin. Sie roch gut nach einem sehr exquisiten Parfüm.
Sie bemerkte, dass er die Augen geöffnet hatte, und sagte ruhig: »Liegen Sie einfach still, bitte.«
»Was wollen Sie machen? Wie sieht denn die Verletzung aus?«, fragte Müller vollkommen klar.
»Es ist eine tiefe Wunde, außen am linken Oberschenkel. Sie kommt von einem war ein Neun-Millimeter-Geschoss, nicht gerade spaßig.«
»Ja, ja«, sagte Müller. »Heckler & Koch. Und jetzt?«
»Jetzt sehe ich mir das genau an, dazu muss ich etwas spreizen. Es wird wehtun, und ich werde Ihnen vorher etwas spritzen, damit Sie mir hier keinen Tanz hinlegen. Werden Sie vernünftig sein?«
»Aber immer«, sagte Müller. »Wenn ich weiterleben kann, werde ich immer sehr vernünftig.«
»Na gut«, die Frau lächelte leicht. »Dann kommt jetzt die Spritze, und danach schneide ich Ihnen die Hose vom Bein.«
Müller konnte nichts tun, er schlief ein und spürte nichts mehr.
Als er aufwachte, erinnerte er sich sofort daran, dass die Gruppe umziehen würde. Offenbar lag er immer noch auf derselben Liege, er sah die Teppichwelt um sich her, nichts schien verändert.
Der Schmerz war jetzt erträglicher. Müller starrte auf die weiße Betondecke mit den aufgedübelten Lichtspots und konzentrierte sich auf den linken Oberschenkel. Der pochte gleichmäßig, der Schmerz war dumpf, es fühlte sich an, als habe er dort über der Schusswunde einen festen Verband. Er sah niemanden, hörte auch niemanden. Er wollte wissen, wie spät es war, aber er spürte die Uhr nicht, und das Handgelenk wollte auch nicht gehorchen.
Er wurde augenblicklich sehr unsicher.
Er
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