Die grosse Fahrt der Sable Keech
Memokristall übertrug seine Daten ins organische Gehirn. Das am Kristall festgemachte Steuergerät lag nicht mehr innerhalb seines geistigen Raums. Erlin fand es doppelt ironisch, dass derjenige, der es hier am meisten verdient gehabt hätte, tot zu bleiben, wohl am ehesten überleben würde. Als sie sich abwandte, sah sie, wie eine bestimmte Person den Tankraum betrat, und fühlte sich auf einmal entsetzlich schuldig – ein Kind, wohl wissend, dass es sich schlecht benommen hatte. Er durchquerte den Raum und ragte neben ihr auf.
»Ein interessanter und abenteuerlicher Rettungsversuch, wie ich gehört habe«, brachte sie hervor, und ihr Mund war trocken, als sie sich zu ihm umdrehte.
»Er hatte seine Augenblicke«, entgegnete Ambel. Er musterte sie gründlich. »Musstest du gerettet werden?«
»Ein Segel hat es getan, als die Gefahr für mich am größten war.« Sie zuckte die Achseln. »Die späteren Gefahren waren weniger direkt. Bloc wollte mir nicht wehtun, sondern mich nur lenken, und ich bezweifle, dass selbst du viel gegen Riesenwellen und Pradorraumschiffe hättest ausrichten können.« Sie wusste, dass sie seiner unausgesprochenen Frage auswich.
»Ich hatte gefragt, ob du gerettet werden musstest«, sagte er.
Sie drehte sich erneut zu ihm um. »Ich denke, nein.« Sie wedelte mit der Hand, deutete so auf die Kettenglastanks ringsherum. »Ich bin derzeit sehr beschäftigt und werde es auch noch eine Zeit lang bleiben. Wer weiß schon, was dann geschieht? Wie du mir schon einmal erklärt hast: Ich muss Jahre ansammeln.«
Ambel nickte nachdenklich. »Ron hat mir erzählt, dass eine nette Kneipe direkt vor diesem Raum liegt. Schließt du dich mir dort später an?«
»Das tue ich.« Erlin wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, und Ambel entfernte sich und rief den Mitgliedern seiner Mannschaft, die im Raum verstreut arbeiteten, die eine oder andere Frage zu. Seine unausgesprochene Frage an Erlin hatte gelautet: »Möchtest du sterben?« Sie hatte das Gefühl, dass sie das nicht wollte. Sie wusste, dass eine Riesenschnecke ihr diese Lektion erteilt und die Zeit an Bord der Sable Keech die Lektion untermauert hatte. Sie wusste jedoch auch, dass ein solches Gefühl täuschen konnte. Plante ihr Unterbewusstsein derzeit schon den nächsten Selbstmordversuch oder hatte sie endlich, nun jenseits eines Vierteljahrhunderts Lebenszeit, einen Wendepunkt überschritten?
Janer lächelte vor sich hin, als er das U-Boot aufwärts an die Mole lenkte. Wade, der am Antigravgeschirr langsam seiner Bahn über den Himmel folgte, musste auf Schwierigkeiten gestoßen sein, da Janer ihn hatte überholen können. Das war gut so, denn jetzt konnte Janer tun, wozu, wie er argwöhnte, sich Wade nicht überwinden würde. Kurz vor seinem Anlegemanöver hatte er verfolgt, wie sich Zephir auf einer Spiralbahn zu Olians Insel hinabsenkte. Als er jetzt auf den Monitor blickte, registrierte er die verwirrten Mienen von Hoopern, die zu dem U-Boot hinabblickten und nach dessen Haltetauen Ausschau hielten. Janer berührte das Anker-Icon auf dem Steuermonitor und hörte die dumpfen Doppelschläge von vier Harpunen, die das U-Boot rechts und links schräg auf den Meeresgrund abfeuerte, wobei sie Ankertaue nachzogen. Vier Spulen-Icons tauchten auf, und dem Display war eine Obenansicht des U-Boots und der Mole daneben übergelegt. Janer ignorierte die Icons, drückte auf das Bild des U-Boots und zog es an die Mole heran. Die Ankertaue justierten sich entsprechend, wurden an einer Seite schlaff und zogen sich auf der anderen stramm, sodass das Boot an die Stützbalken der Mole gedrückt wurde. Janer stand jetzt vom Sitz auf und stieg aus.
Die Hooper schienen inzwischen weniger an Haltetauen interessiert als an etwas, das im Innern der Insel geschah. Andere stiegen auf die Decks ihrer Schiffe und blickten in dieselbe Richtung.
Als Janer auf die Mole stieg, fragte er den nächsten Hooper: »Was ist passiert?«
Der Hooper war eine massige Frau, die ihr ganzes Haar verloren und es durch eine weiße Schädeltätowierung aus sich windenden Schlangen ersetzt hatte. Sie blickte Janer an. »Explosionen in Olians Bank.« Janer rannte sofort los.
»Warte eine Minute!«, rief die Frau, aber er kümmerte sich nicht darum und lief weiter.
Wade würde bald auf der Insel landen, aber was unternahm er dann? Zephir hatte schon zwei organische Segel umgebracht und pustete jetzt Sachen in die Luft – was bedeutete, dass die Zeit für Verhandlungen und
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