Die grosse Fahrt der Sable Keech

von hier entfernt, wie es nur kommen konnte.«
    »Du kennst dich also mit Kapuzlern aus?«
    »Ich bin ein bisschen herumgekommen«, antwortete Wade.
    Janer nickte, ließ das Gespräch einen Moment lang ruhen und erwartete, dass die Schwarmintelligenz eine Bemerkung einflechten würde. Sie blieb jedoch bedenklich ruhig.
    »Ich bin nie dazu gekommen, dich zu fragen«, sagte Wade. Er deutete mit dem Kopf auf den durchsichtigen Behälter an Janers Schulter. »Wenn ich es richtig verstehe, bist du nicht mehr dienstverpflichtet, und seit gewissen Ereignissen, die sich hier vor zehn Jahren zugetragen haben, hast du keine Augen einer Schwarmintelligenz mehr getragen. Warum also jetzt?«
    Janer fragte nicht, wie Wade an diese Informationen gekommen war – jeder mit Zugriff auf die KI-Netze konnte das wissen. »Geld«, erklärte er aalglatt. »Nach Ablauf der Dienstverpflichtung habe ich weiter für diese Schwarmintelligenz gearbeitet. Wie du schon sagtest: Nach den Ereignissen hier habe ich den Vertrag aufgelöst, ihn aber später neu ausgehandelt.«
    »Habe ich es richtig verstanden, dass du inzwischen über beträchtlichen persönlichen Wohlstand verfügst?«, fragte Wade.
    »Man kann nie zu viel haben«, antwortete Janer. »Die Schwarmintelligenz zahlt gutes Geld für die geringfügige Unbequemlichkeit, einen Schwarm Hornissen in Stasis herumzutragen und zwei lebende an der Schulter, und im Gegenzug brauche ich nur der Tourist zu sein, der ich ohnehin sein möchte.«
    Wade sagte nichts dazu; vielmehr deutete er nach vorn, wo einer der Reifis ihnen auf dem Pfad entgegenkam. »Das ist Aesop – einer von Taylor Blocs Stellvertretern.«
    Sie blieben stehen und wichen aus, als Aesop an ihnen vorbeiging. Janer konnte den Reifi nur anhand der auffälligen schusssicheren Weste und der Angaben Wades identifizieren. Zum ersten Mal erblickte er jetzt die Züge des Reifis. Aesops Gesicht wies Verletzungen auf – neue Verletzungen –, aber sie verblassten neben der alten und viel zu offenkundigen tödlichen Wunde. Über dem linken Schädel, zwischen zwölf und ein Uhr, fehlte ein Stück der Schädeldecke komplett. Aesop reagierte überhaupt nicht auf die beiden, als diese ihren Weg fortsetzten.
    »Kennst du dich mit der Geschichte der Reifis aus?«, fragte Wade.
    »Ich habe von Keech ein bisschen erfahren. Sie waren wiederbelebte Mordopfer, zunächst noch nicht intelligent, die man hinter den Mördern herhetzte. Schließlich entwickelten sie sich zu KIs, als die Technik der Memoaufzeichnung toter Gehirne verfügbar wurde. Der Kult entstand erst später, und seine Anführer schnitten die Lehrsätze immer nur dann auf die Realität zu, sofern ihnen diese genehm war.«
    »Sehr vereinfachend«, fand Wade.
    Janer warf ihm einen Blick zu. »Ich habe erst kürzlich erfahren, wie der Kult in sich zusammenfiel, als Reifis, die mehrere Jahrhunderte alt waren, sich nicht mehr in der Lage sahen, solch simplen Glaubensvorstellungen zu folgen. Ich weiß, dass die Dinge komplizierter sind, aber interessiere ich mich genug dafür, um es genauer herauszufinden? Im Grunde nicht.«
    Hinter einer Wegbiegung hatten sie den Blick frei auf eine beträchtliche Geschäftigkeit rings um das riesige, nahezu fertig gestellte Schiff dort unten. Janer sah jetzt, dass das, was er bislang für die kahlen Strünke toter Bäume im Dschungel gehalten hatte, in Wirklichkeit neun Masten waren, die von den Decks und den mehrschichtigen Aufbauten des Schiffs aufragten. Skeletöse Golems glitzerten im Sonnenlicht, während sie die Takelage spannten und Spieren, Kabelmotoren und die gewaltigen Rollen aus Monofasersegeln hochzogen, die von den lebenden Segeln gelenkt werden sollten.
    »Beeindruckend«, fand er.
    »Wohl wahr«, pflichtete ihm Wade bei. »Die Konstruktion solcher Schiffe ist schon aus Zeiten vor unserem Aufbruch von der Erde bekannt, und sie wurde seither noch stark verbessert. In Anbetracht reichlich verfügbarer Energie und Gravomotoren bestand allerdings nie der Bedarf, so etwas tatsächlich zu bauen.«
    »Bis jetzt.«
    »Ja.«
    Sie folgten weiter dem entwaldeten Hang, und Janer verfolgte, wie robotische Kettenfahrzeuge Ausrüstungsgegenstände aus gewaltigen offen stehenden Kisten zum Schiff brachten. Das waren die Großgeräte, die noch innerhalb des Rumpfs montiert werden mussten, ehe die Golems die letzten Rumpfplanken aufsetzten. Janer blieb stehen und betrachtete sich die Arbeit, sodass Wade einen Vorsprung gewann.
    »Was denkst du?«, fragte er