Die grosse Fahrt der Sable Keech
entdeckte Kompositbalken, die in der Nähe auf einer Reihe von Auflageböcken ruhten. Ein Spinnenroboter zog ein Blech aus irgendeinem Metall an der Schiffsflanke hoch. Das gewaltige Ruder, das derzeit von einem Deckskran in Position geschwenkt wurde, zeigte das Emblem eines Unternehmens, das sich, wie Janer wusste, auf die Produktion von Blasenmetallen spezialisiert hatte – von Legierungen, die mit Edelgasen aufgeschäumt und in Schwerelosigkeit gegossen wurden, sodass die Blasen darin gleichmäßig verteilt wurden. Ringsherum hing der Geruch schnell bindender Epoxydharze schwer in der Luft.
»Kein einziger Nagel zu sehen«, bemerkte er.
»Nicht mal Hooper verwenden Nägel für den Schiffsbau«, sagte Wade, drehte sich um und ging nun am Zaun entlang. »Sie benutzen Pflöcke, Schwalbenschwänze und Zapfenverbindungen, und das hat sich auch nicht geändert, als jede Menge Metall für sie verfügbar wurde.«
»Du kennst dich also mit Schiffsbau aus?«, fragte Janer.
»Ich rede nur von simplen Holzarbeiten. Allerdings …« Wade tippte sich an die Stirn. »… habe ich kürzlich viele Informationen über das Schiff heruntergeladen.«
Janer dachte darüber nach. Menschen konnten sich Informationen direkt in den Kopf herunterladen, aber dazu brauchten sie eine bestimmte Hardware im Schädel. Für Golems war das viel einfacher. Schon auf diesem kurzen Spaziergang aus dem Lager hatte Janer fast vergessen, wer Wade in Wirklichkeit war.
»Warum bist du hier?«, erkundigte er sich.
»Warum du?«, konterte Wade und betrachtete ihn forschend. Dann fuhr er fort: »Ich bin ein freier Golem. Ich gehe dorthin, wohin mich das Interesse führt … Na, das sieht jetzt aber nach einem Schwachpunkt aus!« Er streckte die Hand aus, und Janer brauchte eine Sekunde, um zu bemerken, dass ihn der Golem auf eine Fuge im Zaun neben einem der Birnstockpfosten hinwies.
»Ja …?«, fragte Janer vorsichtig.
Wade warf ihm einen undeutbaren Blick zu, streckte die Hand aus und schob die Finger durch die Zaunmaschen. Janer roch heißes Ozon; dann zerrte Wade, und knisternd und Funken sprühend teilte sich der Zaun.
»Siehst du, minderwertige Verarbeitung«, sagte Wade. »Sollen wir?« Er deutete durch die Lücke.
Da drin war es sicher gefährlich, aber Janer stellte immer wieder fest, dass er von Gefahren, falls er sie zu meiden suchte, gewöhnlich nur überrumpelt wurde. Außerdem langweilte ihn schon die Aussicht, mit den übrigen Hoopern herumzusitzen und zu sehen, ob es möglich war, den Rum so schnell zu trinken, wie Forlam ihn brannte – denn sie schienen auf wenig mehr erpicht. Das zeigte, wie er wusste, dass sie die Unsterblichkeit akzeptiert hatten: Sie konnten lange Zeit untätig bleiben. Er nicht.
»Okay«, sagte er und duckte sich vor Wade durch den Zaun.
Der Golem überholte ihn schnell und drang, ihm voraus, tiefer auf die Baustelle vor.
»Bist du immer noch weg?«
Keine Antwort aus der Schwarmverbindung. Schnell holte er Wade wieder ein.
Jetzt, wo sie dem Schiff näher kamen, erhielt Janer einen besseren Eindruck von dessen schierer Größe. Die Flanke ragte wie eine Felswand vor ihm auf; der Bug lag auf dem Strand, und das Heck grenzte an den ersten der Hänge an, die zum Gipfel der Insel der Toten hinaufführten.
»Wie wollen sie es zu Wasser lassen?«, fragte er.
Wade deutete auf die Unterseite des Rumpfs, die weitgehend von Baumaterial und Maschinen verdeckt wurde. »Sie haben den Kiel auf eine Rampe und ein paar hundert Paletten gelegt.«
Als sie an einem Stapel Bauholz vorbeikamen, blickte Janer forschend durch eine Lücke und sah im Schatten des Schiffsrumpfs das glänzende Metall einer Raupenkette. Sie gingen weiter und kamen an einem offenen Container vorbei, noch zur Hälfte voll mit Rohrleitungsstücken und nüchternem Installationszubehör, wie man es in jedem gewöhnlichen Haushalt fand. Ein weiterer Container direkt dahinter enthielt elektrische Ausrüstung, und daneben wiederum lag eine halb verbrauchte Rolle aus isoliertem und kombiniertem Fünf-Kern-Supraleiter- und Faseroptikkabel. Hier solch übliche Dinge anzutreffen, das war für Janer ein bisschen enttäuschend – bis Wade auf etwas am eigentlichen Rumpf deutete.
»Ich wusste, dass sie das haben würden«, sagte der Golem.
An der Schiffsflanke erblickten sie ein großes offenes Tor mit der Art Irisblende, wie man sie eher auf Raumstationen fand. Man konnte sie untertauchen, bemerkte Janer, denn sie lag unterhalb der künftigen Wasserlinie.
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