Die grosse Fahrt der Sable Keech
sehe nach.«
Ambel ging zur Leiter hinüber, die in den Laderaum führte, stieg hinunter und blickte sich um. Wenn er darüber nachdachte, fand man an Bord nicht viel, das Turbul abschreckte. Die meisten hier gelagerten Vorräte hätten eher das Gegenteil erreicht. Egelgalle hätte vielleicht die abschreckende Wirkung gezeitigt, aber davon hatte er nichts an Bord, da er sie schon während der Fahrt raffiniert hatte, um nur den Ertrag an reinem Sprine zu Olians Bank bringen zu müssen. Und da er ohnehin gerade erst von dort kam … Übersah er vielleicht etwas? Während er noch grübelte, hörte er einen lauten dumpfen Schlag am Schiffsrumpf.
»Turbul! Turbul! Wir haben sie unterm Kiel!«, ertönte Pecks aufgeregter Ruf.
Ambel stürmte wieder an Deck, als seine Besatzung gerade die Leinen auswarf. Anne bekam als Erste einen Turbul zu packen und zog ihn herauf: ein zwei Meter langes Exemplar mit glänzendem Röhrenkörper, aufs Geratewohl platzierten Flossen, Kaimanschädel und Peitschenschwanz, der in einer Axtflosse auslief. Sie riss den Haken zwischen den Kiefern hervor, und das Tier schlug dumpf an Deck auf. Mit einem bedauernden Blick trat sie zu und beförderte den rutschenden und zappelnden Turbul zu Ambel hinüber, da er es immer war, der sich mit solch großen Exemplaren befasste. Er stampfte mit dem Fuß auf den umherpeitschenden Schwanz, kniff die Kiefer mit der rechten Hand zusammen und legte die linke Hand hinter den Schädel. Er gab den Schwanz wieder frei, zerrte mit der rechten Hand und stieß mit der linken zu. Begleitet von einem saugenden Knirschen kam der Schädel einen halben Meter weit vom Rumpf frei, und die Flossen verschwanden im Rumpf. Ambel packte erneut zu, und die bebende Röhre aus Fleisch rutschte übers Deck, sodass er nur noch den Kopf, die lange Wirbelsäule und den daran hängenden Beutel der inneren Organe in Händen hielt. Die Flossen zuckten und bibberten an den Enden von Gelenkknochen überall entlang der Wirbelsäule, und am hinteren Ende peitschte der Schwanz immer noch umher. Ambel warf diesen Rest über Bord und sah ihn wegschwimmen, während die übrigen Crewmitglieder noch mehr dieser fischartigen Kreaturen an Bord zogen, wenn auch kleinere Exemplare. Der Schwarm hielt, wie Ambel sah, Kurs unter das Schiff, schwenkte aber an Backbord scharf ab. Eindeutig erschreckte etwas die Turbul. Vielleicht trieb sich irgendwo in der Nähe ein großer Tiefseeheirodont herum und hatte auch Anlass geboten für das Verhalten der anderen Schwärme? Ambel verwarf den Gedanken jedoch, als er einen Stöpsel Rhinowurmfleisch als Köder am Haken befestigte, die Leine auswarf und sofort einen weiteren Turbul angelte.
Bald war das Deck übersät mit ihren Röhrenleibern und glänzte von Schleim. Als Anne einen egelnarbigen und schmerzlich dünnen Turbul an Bord zog, wussten sie, das sie den Schluss des Schwarms erreicht hatten.
»Fässer und Würzessig!«, wies Ambel sie an, als sie diese klägliche Kreatur vom Haken nahm und wieder ins Meer warf.
»Scheiße!«, schimpfte Peck. »Das iss aber’n großes Mistvieh!«
Ambel blickte zu dem Seemann hinüber, der sich jetzt gegen den Zug der Leine nach hinten lehnte. Die wie ein Stromkabel summende Leine führte in einem Vierzig-Grad-Winkel ins Meer. Ambel wusste, dass Peck nicht gerade ein Schwächling war, sodass schon ein mächtig großer Turbul nötig war, um ihm irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. Der Kapitän wickelte die eigene Leine auf und trat hinter Peck, während die übrigen Crewmitglieder egelbefallenen Ausschuss über Bord warfen, ihre Leinen aufwickelten und sich umdrehten, um zuzusehen.
»Scheiße«, sagte Peck wieder – es war sein Lieblingswort.
Ambel musterte die kurze Kompositrute, die sich inzwischen doch tatsächlich durchbog. Pecks Knöchel waren weiß, so fest hielt er den Griff umklammert. Bei jedem anderen hätte Ambel vermutet, dass sich der Haken am Meeresgrund verfangen hatte, aber Peck wusste, wann er ein lebendes Tier am Haken hatte, und so, wie sich die Leine im Meer bewegte, bestätigte sie das.
»Vielleicht hast du einen Heirodonten erwischt«, überlegte Ambel.
Peck rutschte jetzt ungeachtet seines Widerstands auf die Reling zu. Ambel trat vor und schlang ihm einen Arm um die Taille.
»Keine … holt die verdammte … Winde!«
Pecks Rumpf war starr wie Stein, und sogar Ambel musste sich anstrengen, um zu verhindern, dass der andere über Bord ging. Ein Turbulkörper rutschte ihm vor die Füße, dann
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