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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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sich ihr zu, küßte sie aufs dunkle Haar. Dann schritt er hinaus in die Wüste. Tränen tropften in den Sand.Mahlah starrte zu Boden. Als sie den Kopf wieder hob, flog ein Pelikan auf und entschwand zwischen den Sternen.
    Yalith eilte ins Zelt. »Mahlah hat sich mit einem Nephil verlobt!«
    Keiner hörte auf sie. Ihre Eltern, Brüder und Schwägerinnen lagerten auf Ziegenfellen, aßen und tranken Wein, den Vater aus den ersten Trauben bereitet hatte. Mehrere Öllampen sorgten für Licht und Wärme. Es war zu warm im Zelt, dachte Yalith. Kaum ein Lufthauch kam durch die zurückgeschlagene Zeltklappe und die Öffnung im Dach. Der Mond ging bereits unter, nur die Sterne waren in dem kleinen Ausschnitt zu sehen. Yalith hätte gern mit ihrem Lieblingsbruder gesprochen, mit Japheth, aber der war offenbar noch unterwegs und suchte den Bruder des jungen Riesen in Großvaters Zelt.
    Matred, ihre Mutter, rührte in einer Holzschüssel Brei an. Ihr zu Füßen lag Selah, das gut genährte Mammut, und schlief.
    Jemand hatte sich übergeben, wahrscheinlich Ham, der an einem schwachen Magen litt. Der Geruch nach Erbrochenem mischte sich mit dem des Weines, des Fleisches im Topf, den Ausdünstungen der Ziegenfelle. Yalith war dies alles gewohnt. Sie sah, daß Ham blaß war. Anah, seine rothaarige Frau, kniete an seiner Seite, bot ihm Wein an. Er wies den Krug matt zurück, zog dann aber Anah zu sich und küßte sie voll auf den sinnlichen Mund.
    Yalith wandte sich Matred zu, wiederholte: »Mahlah hat sich verlobt.«
    Matred schaute kaum auf. »Dazu ist sie noch zu jung.«
    »Aber Mutter. Sie ist alt genug.«
    »Und wer ist es diesmal?«
    »Keiner von uns. Ein Nephil.«
    Matred zuckte zusammen, rührte aber unbeirrt weiter. »Mahlah hat sich verändert. Sie ist nicht länger das fröhliche Kind, das an einem Schmetterling Gefallen findet. Oder an den Tautropfen in einem Spinnennetz. Es gefällt ihr nicht mehr daheim, bei uns, im Zelt.« Eine Träne fiel in die Schüssel.
    Yalith tätschelte ihrer Mutter den Arm. »Sie wird erwachsen.«
    »So wie du. Doch du treibst dich nicht nachts in der Oase herum. Du stellst keinem Nephil nach.«
    »Vielleicht hat er ihr nachgestellt?«
    »Hübsch genug wäre sie. Aber es schickt sich nicht, daß ich dergleichen von anderen erfahre. So will ich die Botschaft nicht hören. So führt sich meine Tochter nicht auf.«
    »Verzeih mir«, sagte Yalith verlegen. »Ich kam von Großvater Lamechs Zelt und sah sie, Mahlah und den Nephil. Er heißt Ugiel. Und er trug mir auf, dir die Nachricht zu überbringen, damit du dich nicht sorgst.«
    »Damit ich mich nicht sorge!« rief Matred. »Sprich bloß nicht zu deinem Vater darüber. Was können wir denn tun, um diesen Ug…«
    »Ugiel.«
    »… um diesen Nephil daran zu hindern, mit Mahlah hier aufzutauchen und sich deinem Vater und mir zu offenbaren, wie es Brauch ist?«
    Yalith runzelte bekümmert die Stirn. »Er sagt, die Zeiten ändern sich.« Das hatte auch Eblis gesagt. Sie fühlte sich plötzlich unbehaglich, verunsichert; das Gefühl drückte ihr auf den Magen. Die Begegnung mit Eblis erwähnte sie ihrer Mutter gegenüber am besten nicht.
    Matred legte zornig den Holzlöffel weg. »So manche hält es für eine Ehre, von den Nephilim beachtet zu werden und ihre Wege zu gehen.« Sie schaute zu Anah hinüber, Hams rothaariger Gemahlin, der prallen Schönheit, die jedoch allmählich zu viel Fett ansetzte. »Anah sagte mir, daß ein Nephil ihre jüngere Schwester Tiglah zum Weib erkoren habe. Anah sagte, das sei ein Grund zur Freude.«
    »Du denkst anders darüber.«
    »Tiglah ist nicht meine Tochter. Mahlah hingegen ist mein eigen Blut.« Matred wandte den Kopf ab. »Kind, mich kann der Sternenglanz der Nephilim nicht blenden. Sie unterscheiden sich von uns.«
    »Sie sind schön.«
    »Ja, schön sind sie. Aber sie führen Veränderungen herbei. Und nicht jeder Wandel ist einer zum Besseren.«
    Ich möchte nicht, daß sich etwas ändert, dachte Yalith. Und auf einmal sah sie wieder den jungen Riesen vor sich, der ihr in Großvater Lamechs Zelt zugelächelt hatte und keinem glich, den sie kannte.
    Matred sprach weiter: »Alles ändert sich, das ist wohl nicht zu vermeiden. Und manchmal ist es gut so.« Sie nickte Sem zu, ihrem Ältesten, der sich von seiner Frau Elisheba mit Trauben füttern ließ. »Elisheba ist mir eine große Hilfe. So wie auch Japheths Weib.«
    Yalith nickte der Hellhäutigen mit dem gelockten Haar zu, O-holi-bamah, die eine hölzerne

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