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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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froh, sich wieder ausstrecken zu können. Higgaion machte es sich am Fußende des Lagers bequem. Sandy schloß die Augen. Er widerstand der Versuchung, sich an den juckenden Stellen zu kratzen. Er dachte an Yalith, wollte sie Wiedersehen. Er dachte an Dennys, wollte sich mit ihm beraten. Darüber, wie sie wieder herauskommen würden aus diesem seltsamen Wüstenland, das irgendwo lag, irgendwo in den zahllosen Sonnensystemen der zahllosen Galaxien.

Die Nephilim
    D ennys schlief unruhig. Das Aufschlagen der Zeltklappe weckte ihn. Er öffnete die Augen, sah in der Dunkelheit nur die Öllampe, sah sie näherkommen, rief erschrocken: »Wer ist da?« Yalith oder O-holi-bamah hätten kein Licht gebraucht.
    Jemand berührte sanft seinen Arm. Es war ein Mammut. Dennys erinnerte sich vage, im großen Zelt ein Mammut gesehen zu haben.
    Ein bärtiger Mann hockte sich ans Lager. »Wir dachten, Selah, unser Mammut, möge dir Gesellschaft leisten, nun, da es dir wieder besser geht.«
    »Danke«, sagte Dennys. »Wer bist du?«
    »Yaliths Vater. Noah.«
    Es fiel Dennys noch immer schwer, sich zurechtzufinden. Manchmal, wenn das Fieber stieg, glaubte er, daheim zu sein und alles nur zu träumen. Dann wieder wurde ihm irgendwie bewußt, daß es Sandy und ihn in eine fremde Welt verschlagen hatte, in eine von braunen Zwergmenschen bewohnte Wüste. Er erinnerte sich an Yalith, die Schöne mit den bernsteinfarbenen Haaren und Augen. Und an die andere, die etwas älter war, deren Name mit Oholi begann. Sie schien zu wissen, was ihm gut tat, denn sie hatte ihn mit Wasser besprengt und mit Ölen eingerieben. Er erinnerte sich auch an Japheth, Oholis Mann, der Dennys ins Zelt getragen hatte, wie ein Hirte ein krankes Schaf.
    Seit Dennys halbtot aus dem großen, stinkenden Zelt in dieses kleinere geschafft worden war, hatte er Yaliths Vater nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er richtete sich vorsichtig auf, denn immer noch schmerzte jede Bewegung, und fragte: »Wie geht es meinem Bruder Sandy?«
    »Es heißt, er werde bald gesund sein.« Noahs tiefe Stimme klang freundlich. Noah. Diesen Namen hatte Dennys schon einmal gehört. »Die Frauen sagen, er habe eine neue Haut. So wie du sie nun bekommst.«
    Dennys seufzte. Er konnte es kaum glauben. Ihm ging die verbrannte Haut in Streifen ab und hinterließ nässende Narben. »Wann kann ich meinen Bruder sehen?«
    »Bald. Wenn es dir besser geht.«
    »Wo ist er?«
    »Das sagten wir dir schon. Im Zelt meines Vaters Lamech. «
    »Ich vergesse es immer wieder.«
    »Das liegt am Sonnenfieber. O-holi-bamah weiß, wie man es heilt. Und die Seraphim gaben ihr lindernde Kräuter. «
    »Wer sind die Seraphim?«
    Der Mann lächelte. »Es geht dir wirklich besser. Du stellst Fragen. Die Seraphim sind Els Söhne. Wir wissen nicht, woher sie kommen und warum sie bei uns sind.«
    »Sind sie Engel?«
    »Gibt es in eurer Heimat Engel?«
    »Nein«, sagte Dennys. »Aber auch keine Mammuts oder virtuelle Einhörner. Daher bin ich meiner Sache nicht mehr so sicher. – Wie heißt du?«
    »Noah. Wie oft soll ich das noch sagen?«
    Noah. Noah und die Sintflut. Er und Sandy befanden sich also nach wie vor auf der Erde. Sie waren nicht durch den Raum, sondern durch die Zeit gewirbelt worden, zurückversetzt in ein Irgendwann kurz vor der Sintflut. Das war immerhin besser als eine Reise in ein fremdes Universum. War es wirklich besser? »Ich hätte gern eine Bibel«, sagte er.
    »Eine – was? Fieberst du wieder?«
    »Nein.« Unsinn. Zu Noahs Zeit gab es die Bibel ja noch nicht. Wahrscheinlich gab es hier und jetzt überhaupt keine schriftliche Überlieferung.
    Wie war das mit Noah? Noah und die Sintflut. Noah baute eine Arche und nahm seine Frau, seine Söhne und deren Frauen mit an Bord. Und viele Tiere. Auch Yalith? An eine Yalith konnte er sich nicht erinnern. Auch an keine Oholi… O-holi-bamah. Japheth, ja, der Name kam in der
    Bibel vor. Und Sem? Ja. Vielleicht. Aber Elisheba nicht. Die war nett. Sie hatte ihn einmal mit Öl eingerieben und dabei gesagt, es sei eine Schande, daß der alte Großvater ganz allein, nur mit einem Mammut, in seinem Zelt hausen müsse.
    Selah schmiegte sich an ihn. Dennys dachte angestrengt nach. Da war also Sem. Und Ham. Das war der Blasse mit der rothaarigen Frau. Die beiden hatte er am ersten Abend im großen Zelt gesehen. Plötzlich fragte er: »Wie geht es Higgaion?«
    »Higgaion?« Das überraschte Noah. »Er hilft deinen Bruder pflegen.«
    »Gibt es bei euch viele Mammuts?«
    »Nicht

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