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Die große Volksverarsche

Die große Volksverarsche

Titel: Die große Volksverarsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Jaenicke
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»Premiumfahrzeugen« durch die Stadt fahren. Das hat mit der Realität deutscher Kripobeamter sehr viel weniger zu tun als mit Profitgier. Was fuhr Nick Tschiller in seinem ersten Hamburg-»Tatort«? Richtig, einen dicken Daimler-Geländewagen.

»Do not read beauty magazines,
they will only make you feel ugly.«

    »Lesen Sie keine Lifestylemagazine, sie bewirken nur,
dass Sie sich hässlich fühlen.«

    Die Kosmetik- und Schönheitsindustrie investiert Milliarden, damit bloß niemand diesen klugen Rat aus Baz Luhrmanns »Everybody’s Free to Wear Sunscreen«-Song 25 befolgt. Was uns an Cremes, Gels, Sprays, Kapseln, Ampullen, Tonics, Facials, Seifen, Parfums, Tönungen, Diäten etc. via ausgehungerten Models und deren Photoshop-Bearbeitungen in Zeitschriften, TV und Internet angedreht wird, verschlingt Summen, mit denen man wahlweise die Energiewende, die Begrünung der Sahelzone, die Bewältigung des Hungerproblems, der AIDS- oder Bankenkrise locker und in bar bezahlen könnte ...
    Über den Kosten-Nutzen-Faktor von Schönheitsprodukten möchte ich mich hier gar nicht weiter auslassen, jeder weiß oder ahnt zumindest, dass sämtliche Ausgaben für die eigene optische Erscheinung eher psychologisch denn physisch wirken – mal abgesehen von chirurgischen Eingriffen, die zwar zunächst sichtbar sind, über deren Vor- und Nachteile aber spätestens ein paar Jahre später zu diskutieren wäre. Das Streben nach Schönheit ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit und hat schon immer zu skurrilen Anstrengungen und Auswüchsen geführt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Auch nicht daran, dass über
die dunklen Seiten des Schönheitswahns – leider meist sinnloserweise – weiterhin viel geschrieben, analysiert und gefachsimpelt wird: Essstörungen, Schönheitschirurgie, Botox, Hautkrebs, giftige Implantate ... Faszinierend finde ich aber, wie konsequent wir unser Hirn ausschalten, mit welchem Herdentrieb wir der Kosmetikindustrie auf den Leim gehen und ihr dadurch konstant steigende Umsätze bescheren ...

    »Wer schön sein will, muss leiden« heißt es im Volksmund, und bis vor einigen Jahren war diese vermeintliche Weisheit auf Frauen gemünzt. Voller Mitgefühl fing Mann die Frau auf, wenn sie wieder einmal aufgrund ihres zu fest geschnürten Korsetts hyperventilierend in Ohnmacht fiel oder auf High Heels über Stufen und Kopfsteinpflaster stolperte. Und Mann – meine Wenigkeit eingeschlossen – wundert sich gelegentlich, was Frauen sich so alles antun, um ihre Attraktivität zu steigern.

    »Frauen tun für ihr Äußeres Dinge, für die jeder
Gebrauchtwagenhändler ins Gefängnis käme.«

    Tja, lieber Nick Nolte, das stimmt offenbar nicht mehr so ganz, denn längst rudern auch Männer mit in der Jung-schön-schlankerfolgreich-Welt. Das maskuline Bad-Duett Seife und Rasierschaum ist mittlerweile zu einem symphonischen Bad-Orchester angeschwollen: Power-Zahnweiß, Deodorant XTreme 48, Force Supreme Augencreme, Total Revitalizer Gesichtspflege, Wetgel cool, High Recharge Showergel, Peeling Energy Boost ... Männerkosmetik boomt! Allein zwischen 2005 und 2010 stiegen die Verkaufszahlen für Männerkosmetik in Deutschland um sagenhafte 100 Prozent. Dieser Punkt geht also eindeutig an die Kosmetikindustrie und ihre findigen Werbestrategen: Was will Mann? Erfolg.
Wovor hat er Angst? Misserfolg. Logische Schlussfolgerung: Der gepflegte Mann hat Erfolg. Im Beruf und bei den Frauen. Bestes Beispiel David Beckham, metrosexuelle Kultfigur und mittlerweile selbst Kosmetikunternehmer. Oder Sebastian Vettel: Der wäre bestimmt nie Formel-1-Doppel- und Dreifachweltmeister geworden, hätte er nicht auf Head & Shoulders vertraut. Und Kosmetikkonzerne wie L’Oréal (Men Expert), Beiersdorf (Nivea), Procter & Gamble (Gillette), Henkel (Schwarzkopf) und Unilever (Axe) kassieren kräftig ab. Nun also auch bei den Herren der Schöpfung, auf die sich bislang vor allem die Zigaretten-, Auto-, Uhren- und Elektronikhersteller eingeschossen hatten. Und da Männer nun mal keine halben Sachen machen, legen sie sich, genauso wie ihre weiblichen Vorbilder in Sachen Verschönerung, immer häufiger auch unters Messer, wenn’s dem attraktiven Erscheinungsbild dient. Wo Milch und das Nervengift Botulinumtoxin allein nicht mehr ausreichen, um munter, strahlend und optimistisch auszusehen, müssen eben ein paar chirurgische Eingriffe her. Schlupflider? Weggeschnippelt. Tränensäcke? Rettungsring? Abgesaugt. Der Beauty-Doc

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