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Die große Zukunft des Buches

Titel: Die große Zukunft des Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco , Jean-Claude Carrière
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dass er am Abend seine Töchter auf den Champs-Elysées vorüberfahren sehen wird. Er hat ihre Kutschen bezahlt, die Lakaien und alles, was zu ihrem Glück beitragen kann. Und ist darüber natürlich verarmt, ja, hat sich ruiniert. Da er Angst hat, dass seineGegenwart ihnen lästig sein könnte, hält er sich im Verborgenen, macht ihnen keinerlei Zeichen. Er begnügt sich damit, die bewundernden Kommentare derer zu hören, die sie sehen, und sagt zu Rastignac: »Ich wäre gern das Hündchen auf ihren Knien.« Darauf muss man erst einmal kommen! Es gibt also von Zeit zu Zeit kollektive Wiederentdeckungen, aber auch persönliche Wiederentdeckungen, die jeder von uns macht, wenn er sich eines Abends hinsetzt und ein vergessenes Buch in die Hand nimmt.
     
    U. E.: Ich entsinne mich, dass ich in meiner Jugend Georges de La Tour für mich entdeckte, ich verliebte mich in ihn und fragte mich, warum er nicht als Genie vom Rang eines Caravaggio betrachtet wurde. Jahrzehnte später wurde de La Tour wiederentdeckt und allgemein beweihräuchert. Er ist dann sehr populär geworden. Manchmal genügt eine Ausstellung (oder die Neuauflage eines Buches), um plötzlich eine Welle der Begeisterung auszulösen.
     
    J.-C. C.: Wir könnten hier auch das Thema der Widerstandskraft bestimmter Bücher gegen die Zerstörung streifen. Wir sprachen schon von der Art und Weise, wie die Spanier mit den altamerikanischen Kulturen umgegangen sind. Von diesen Sprachen, diesen Literaturen haben sich insgesamt nur drei Maya-Kodizes und vier aztekische Kodizes erhalten. Zwei von ihnen sind durch ein Wunder wiedergefunden worden. Der eine, ein Maya-Kodex, in Paris; der andere, aztekische, in Florenz, deshalb heißt er auch codex florentino . Sollte es schlaue, eigenwillige Bücher geben, die partout überleben und eines Tages vor unseren Augen stranden wollen?
     
    J.-P. DE T.: Vielleicht stellt der Diebstahl von kostbaren Büchern und Manuskripten für jemanden, der eine genaue Vorstellung von ihrem Wert hat, eine Versuchung dar. Unlängst ist ein Konservator der Banque National in Paris angeklagt worden, ein Manuskript aus dem hebräischen Fundus gestohlen zu haben, für den er zuständig war.
     
    U. E.: Es gibt auch Bücher, die gerade durch Diebstahl überlebt haben. Ihre Frage erinnert mich an die Geschichte von Girolamo Libri, einem Florentiner Grafen aus dem 19. Jahrhundert, ein großer Mathematiker, der französischer Bürger wurde. Als bedeutender und hochangesehener Wissenschaftler wurde er zum außerordentlichen Kommissar für die Rettung der zum Nationalerbe gehörigen Manuskripte ernannt. Er bereiste ganz Frankreich, von einem Kloster zur nächsten Stadtbibliothek, und setzte sich tatsächlich dafür ein, Dokumente von hohem Wert und jede Menge kostbarer Bücher ihrem traurigen Los zu entreißen. Sein Unternehmen fand Beifall in dem Land, das ihn aufgenommen hatte, bis zu dem Tag, da man entdeckte, dass er für seinen eigenen Gebrauch Tausende von Dokumenten und Büchern von unschätzbarem Wert entwendet hatte. Ihm drohte ein Prozess. Die damaligen Vertreter der französischen Kultur, von Guizot bis Mérimée, unterzeichneten einen Aufruf zur Verteidigung des armen Girolamo Libri, in dem dessen Integrität leidenschaftlich beteuert wurde. Und auch die italienischen Intellektuellen erhoben sich. Es war ein einstimmiges Plädoyer, das da zugunsten dieses unglücklichen, zu Unrecht Angeklagten angestimmt wurde. Man verteidigte ihn weiterhin, selbst dann noch, als man bei ihm zu Hause Tausende von Dokumenten entdeckte, die gestohlen zu haben man ihn verdächtigte. Er war wahrscheinlich ein wenig wie diese Europäer,die in Ägypten Objekte entdeckten und es ganz selbstverständlich fanden, diese mit nach Hause zu nehmen. Es sei denn, er hat diese Dokumente bei sich behalten, um sie zu klassifizieren. Um dem Prozess zu entkommen, ging Girolamo Libri ins Exil nach England, wo er, mit dem Makel eines gewaltigen Skandals behaftet, sein Leben beschloss. Aber bis auf den heutigen Tag hat es keine Enthüllung gegeben, die zu entscheiden erlaubt hätte, ob er schuldig war oder nicht.
     
    J.-P. DE T.: Bücher, von deren Existenz wir wissen, die aber niemand je gelesen hat. Unbekannte Meisterwerke, dazu bestimmt, unbekannt zu bleiben. Unschätzbare Manuskripte, geraubt oder seit fast tausend Jahren im Innern einer Grotte schlummernd. Aber was soll man sagen über Werke, die plötzlich die Vaterschaft ihres Autors verlieren, um einem anderen Autor

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