Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
fiel auf Yves Joseph de Kerguelen. Während der beiden, in den Jahren 1767 und 1768 zur Hebung und zum Schutze des Stockfischfanges nach den Küsten von Island unternommenen Fahrten hatte dieser Seemann Skizzen einer großen Anzahl von Häfen und Rheden aufgenommen, viele astronomische Beobachtungen gesammelt, die Karte von Island berichtigt und über das bis dahin nur wenig bekannte Land eine Fülle genauer und interessanter Beobachtungen aufgezeichnet. Ihm verdankte man die erste eingehende und verläßliche Schilderung der »Geyser«, jener Quellen heißen Wassers, welche manchmal ziemlich hoch aufsteigen, die merkwürdigen Nachrichten über das Vorkommen fossilen Holzes und damit den Beweis, daß das letzt jedes Baumwuchses entbehrende Island in vorgeschichtlicher Zeit mit ungeheuren Wäldern bedeckt gewesen sein muß.
Gleichzeitig veröffentlichte Kerguelen damals viele noch unbekannte Einzelheiten über Sitten und Gebräuche der Bewohner.
»Die Frauen, sagte er, tragen Röcke, Leibchen und Schürzen aus einem in Island selbst gefertigten und ›Wadmel‹ genannten Stoffe (noch heute in Skandinavien als ›Vadmal‹, das ist etwa: selbstgefertigter Fries, bekannt); über das Leibchen ziehen sie einen sehr weiten Rock, ähnlich dem der Jesuiten, der aber nicht so weit herabreicht wie die Unterkleider, welche er noch sehen läßt. Dieser Ueberrock ist von verschiedener Farbe, meist jedoch einfach schwarz; man nennt ihn ›Hempe‹. Er wird mit Sammetband oder anderem Ausputz verziert… Ihre Haartracht gleicht einer Pyramide oder einem zwei bis drei Fuß hohen Zuckerbrote. Sie flechten sich dabei ein großes Taschentuch von grobem Leinengewebe ein, welches genügende Steifigkeit besitzt und, von einem feineren bedeckt, die oben erwähnte Form hervorbringt…«
Endlich verstand jener Officier sehr wichtige Nachrichten über Dänemark, die Lappen, die Samojeden zu sammeln und beschrieb auch die Archipele der Faröer, der Orcaden und der Shetlands-Inseln, welche er genau untersuchte.
Betraut mit der Erprobung des von Grenier vorgeschlagenen Seeweges, ging Kerguelen den Minister um die Erlaubniß an, mit dem ihm zu übergebenden Schiffe gleichzeitig die Wiederaufsuchung der von Bouvet de Lozier im Jahre 1739 entdeckten südlichen Länder versuchen zu dürfen.
Der Abbé Terray, der Nachfolger des Herzogs von Praslin, übergab ihm das Commando des Schiffes »Le Betryer«, das von Lorient Lebensmittel für vierzehn Monate, dreihundert Mann Besatzung und einige für Isle de France bestimmte Munition mitnahm. Der Abbé Rochon begleitete dabei Kerguelen, um die astronomischen Beobachtungen zu leiten.
Gleich nach seiner Ankunft bei Isle de France, am 20. August 1771, vertauschte Kerguelen die »Berryer« gegen die Flute »Fortune«, mit der noch die kleine Flute »Gros-Ventre« von sechzehn Kanonen mit hundert Mann Besatzung unter dem Befehle de Saint Allouarn’s vereinigt wurde.
Sobald die beiden Schiffe segelfertig waren, fuhr Kerguelen ab und steuerte nördlich nach dem Archipel der Mahe-Inseln. Während eines wüthenden Sturmes ergaben da die Sondirungen der »Fortune« eine bedrohlich abnehmende Wassertiefe von dreißig auf neunzehn, siebzehn und vierzehn Faden. Nun ließ man einen Anker fallen, der in erwünschter Weise eingriff und auch das ganze Unwetter über aushielt.
»Der kommende Tag befreite uns endlich aus dieser unerquicklichen Lage, schreibt Kerguelen, da wir weder Land noch Felsen sahen. Die ›Gros-Ventre‹ trieb drei Meilen von uns unter dem Winde. Sie konnte gar nicht begreifen, daß ich vor Anker lag, da der rollende Donner und die flammenden Blitze das Erkennen oder Hören aller meiner Signale verhindert hatte…. Es giebt wohl in der That auch kein Beispiel dafür, daß ein Schiff während einer stürmischen Nacht auf offenem Meere an einer unbekannten Bank geankert hätte. Ich machte mich wieder frei, um sondirend weiter zu treiben. Lange Zeit fand ich vierzehn, dann zwanzig, fünf-und achtundzwanzig Faden Wasser. Plötzlich verlor sich der Grund gänzlich, der Beweis, daß wir nur über einem Berggipfel schwammen. Diese neue Bank, welche ich die ›Bank der Fortune‹ nannte, erstreckt sich von Nordwest nach Südost unter 7°16’ südlicher Breite und 55°50’ östlicher Länge.«
Die »Fortune« und »Gros-Ventre« segelten nun bis zum fünften Breitengrade der von Chevalier de Grenier empfohlenen Route hinaus. Die beiden Befehlshaber überzeugten sich, daß die Winde zu jener
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