Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
drei Schlössern versehenen Cassette. Den einen Schlüssel zu dieser besitzt er selbst, den zweiten der Vicekönig und den dritten der Provedor de hacienda reale. Die erste Cassette wird alsdann in eine zweite eingeschlossen, auf der die drei genannten Personen ihre Siegel anbringen, und welche die drei Schlüssel der ersteren enthält. Der Vicekönig hat nicht das Recht, zu untersuchen, was sie enthält. Er sorgt nur dafür, daß Alles in einen dritten, starken Koffer kommt, den er, nach Versiegelung des Schlosses, nach Lissabon sendet.«
Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln und der hohen Strafen, welche jeden Diamantendieb treffen, wird doch noch ein unglaublicher Betrug getrieben. Jene Diamanten bilden übrigens nicht die einzige Revenue des Königs von Portugal, sondern Bougainville rechnet, daß dessen gesammte Einnahmen nach Abzug der Unterhaltung der Truppen, des Gehaltes der Civilbeamten und aller Verwaltungskosten, aus Brasilien allein zehn Millionen Pfund erreichen dürften.
Von Rio nach Montevideo ereignete sich kein bemerkenswerther Zwischenfall; auf dem La Plata aber wurde die »Etoile« von einem spanischen Schiffe angesegelt, wobei sie das Bugspriet, die Gallion und verschiedenes Tauwerk einbüßte. Diese Havarien und die Heftigkeit des Stoßes, welcher das Schiff etwas leck gemacht hatte, nöthigten dasselbe, nach Encenada de Baragan zurückzukehren, wo es leichter war als in Montevideo, die nöthigen Reparaturen auszuführen. Doch konnte man den Strom nicht vor dem 14. November verlassen.
Dreizehn Tage später befanden sich die Schiffe in Sicht des Caps der Jungfrauen, am Eingange der Magelhaens-Straße, in welche sie sofort einfuhren. Die Possessions-Bai, die erste, der man begegnet, stellt eine große Einbuchtung dar, welche allen Winden ausgesetzt ist und nur schlechte Ankerplätze bietet. Vom Cap der Jungfrauen bis zum Cap Orange rechnet man etwa fünfzehn Meilen, während die Breite der Meerenge überall fünf bis sieben Meilen beträgt. Die erste enge Fahrstraße ward ohne Schwierigkeit überwunden und in der Boucault-Bai Anker geworfen, wo zehn Officiere und Matrosen an’s Land gingen.
Diese machten bald Bekanntschaft mit den Patagoniern und tauschten verschiedene, für jene werthvolle Kleinigkeiten gegen Vigogne-und Guanacofelle aus. Die Einwohner waren zwar von großer Figur, doch nicht über sechs Fuß hoch.
»Wahrhaft riesig, sagt Bougainville, erschien mir an ihnen nur ihre ungeheure Schulterbreite, die Dicke ihres Kopfes und die Stärke der Gliedmaßen. Sie sahen kräftig und wohlgenährt aus; ihre Nerven schienen straff und das Fleisch fest und zäh; mit einem Worte, sie gleichen Menschen, welche im Naturzustande und bei vollsaftiger Nahrung sich frei entwickelt haben, soweit das eben möglich war.«
Von dem ersten nach dem zweiten Sunde, der ebenso glücklich passirt ward, mögen es sechs oder sieben Meilen sein. Derselbe ist nur eineinhalb Meile breit und etwa vier Meilen lang. In diesem Theile der Meerenge trafen die Schiffe auf die Inseln St. Barthelemy und Elisabeth. An der letzteren gingen die Franzosen an’s Land, fanden aber weder Holz, noch Wasser, sondern nur ein Stück gänzlich unfruchtbares Erdreich.
Von eben dieser engen Straße ab erscheint dagegen die amerikanische Küste reichlich mit Wald bestanden. Ueberwand Bougainville nun auch die ersten schwierigen Stellen mit großem Glücke, so sollte er dafür später Gelegenheit finden, seine Geduld zu beweisen. Es ist nämlich für das hiesige Klima charakteristisch, daß Veränderungen in der Atmosphäre so unerwartet und heftig auftreten, daß Niemand davon auch nur eine Ahnung haben kann. In Folge dessen kommt es zu Havarien, wo man am wenigsten daran denkt, und zu Verzögerungen der Fahrt, wenn die Schiffe nicht gar gezwungen werden, an der Küste Schutz zu suchen, um ihre Schäden auszubessern.
Die Bai Guyot-Duclos ist ein ausgezeichneter Ankerplatz, wo man bei sechs bis acht Faden Tiefe guten Grund findet. Bougainville hielt hier an, um seine Wassertonnen neu zu füllen und sich womöglich etwas frisches Fleisch zu verschaffen; er fand aber nur eine kleine Zahl wilder Thiere. Zunächst lief man nun die Landspitze St. Anna an. Hier hatte Sarmiento im Jahre 1581 die Kolonie Philippeville gegründet. In einem vorhergehenden Abschnitte haben wir schon die schreckliche Katastrophe geschildert, in Folge welcher diese Stelle den Namen »Port Famine« erhielt. Die Franzosen entdeckten bald verschiedene Baien, Caps und
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