Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
von Saint-Tropez« als Hintergrundmusik.
– Er hatte sich schwere politische Rückendeckung beschafft, fuhr Jean-Claude fort, vor allem den alten Guy Dolhet und einen später tragisch verstorbenen Politiker, dessen Namen wir hier vielleicht nicht nennen sollten. Du weißt, die Leute, die gewöhnlich die Messières-Mafia genannt werden. Berger war im Mai 1992 mehrmals in Villette gewesen und hatte ihnen seine Idee verkauft. Ich hatte auch die Ehre, er lud mich in sein schickes Haus unten amFluß zum Essen ein und versuchte zu erreichen, daß ich in den Jubelchor einstimme und an der Pressekonferenz teilnehme. Aber ich traue Berger nicht, auf mich hat er immer wie ein Pferdehändlertyp gewirkt, und Vélo Éclair und noch ein paar Fälle machen die Sache nicht besser, deshalb blieb ich auf Distanz. Viele Mitglieder waren deshalb sauer auf mich. Der Aufsichtsratsvorsitzende Arnaud Morel, der in seinen lichteren Augenblicken einen gewissen Sinn für industrielle Logik hat, protestierte auch etwas. Er fand ebenso wie ich, daß das Konzept windig war. Aber es endete jedenfalls damit, daß Berger bekam, was er wollte, er kaufte den ganzen Laden für einen symbolischen Ecu.
Ihre Hauptgerichte wurden aufgetragen. Jean-Claude nahm prüfend eine Kostprobe von etwas, das wie geräucherter Schweinerücken mit Bauernbohnen in weißer Sauce aussah.
– Phantastisch, sagte er, meine Mutter machte öfter judd mat bounen , aber ich habe es seit mehreren Jahren nicht gegessen. Bist du auf dem laufenden bei dem Hin und Her um Berger?
– Ich glaube schon, sagte Martine und spießte ein paar rundliche kleine Pfifferlinge auf die Gabel, aber ich verstehe nicht ganz, was der Witz des Ganzen für Berger war, wenn diese Armierungseisen ein solches Verlustgeschäft sind?
Jean-Claude lächelte sie voller Hochachtung an.
– Auf den Punkt, Frau Richterin, diese Frage haben wir uns alle gestellt, wir, die wir nicht den Kopf verloren hatten, als Inspektor Bruno als der neue Erlöser nach Villette hereindonnerte. Die offizielle Antwort ist, daß das Werk zu den besten seiner Art in Europa gehört, was an und für sich wahr ist, und daß sich mit Bergers Riecher für Geschäfteund Kontaktnetze phantastische Möglichkeiten eröffnen, von denen die alten Knacker in der Leitung von Forvil keine Ahnung hatten. Und zweitens kommt Berger Rebar um eine Menge teure Bürokratie herum, indem es von Forvil gelöst wird, nicht die Kosten für schicke Hauptverwaltungen und Direktorenvillen und so weiter tragen muß. Das ist ein Argument, das immer ankommt. Aber ich für meinen Teil glaube, daß Berger Rebar an der Spitze viel zu dünn ist. Ihre Verkaufsorganisation ist ein Witz. Der Betriebsleiter, Lou Victor, ist ein dubioses Subjekt aus Marseille, ein Kumpel von Berger, und sehr viel mehr ist da nicht.
– Aber sie haben voriges Jahr jede Menge Aufträge gekriegt, das habe ich in der Zeitung gelesen.
Jean-Claude beugte sich vor über den Tisch und strich sich wieder die Haare aus der Stirn.
– Ja, und das, Martine, macht mir wirklich Sorgen. Ein Jahr nachdem die Stahlpreise am Boden sind, schaffen sie es, in neue Märkte einzudringen, Türkei und Polen und was es noch war, ist das normal? Die einzige denkbare Erklärung ist, daß sie die Ware verschleudern, Dumpingpreise verlangen, um Klartext zu reden. Das sieht im Augenblick gut aus, hält aber auf die Dauer nicht.
– Und während alle ihren Geschäftserfolgen applaudieren, macht Stéphane Berger im Hintergrund … was? fragte Martine.
– Ich habe da so meinen Verdacht, sagte Jean-Claude finster, aber es ist schwer, ihn zu beweisen, weil der Einblick in das Unternehmen extrem schlecht ist. Berger Rebar ist Eigentum von Berger Holdings, was seinerseits zu hundert Prozent Eigentum von Stéphane Berger selbst ist. Aber Berger Rebar soll voriges Jahr eine saftige Ausschüttung an denEigner vorgenommen haben, die fast der ganzen Kasse entsprach, die Forvil mitschickte, als Berger übernahm.
– Ich war nie gut in Gesellschaftsrecht, sagte Martine, aber das ist wohl nicht ungesetzlich?
– Ich war gut in Gesellschaftsrecht, sagte Jean-Claude, und du hast recht, es ist nicht ungesetzlich. Aber es deutet nicht direkt auf ein langfristiges Engagement in Villette hin. Es gibt aber anderes, was man sich ansehen sollte. Berger Rebar hat nämlich hohe Beträge an Fördergeldern aus Brüssel für Umweltinvestitionen und zusammen mit der kommunalen Ausbildungsgesellschaft in Messières für Investitionen
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