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Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Titel: Die Günstlinge der Unterwelt - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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trotzdem, daß sie Verna nie gesagt hatte, sie werde losgeschickt, um einen so großen Teil ihres Lebens als Lockvogel zu verschwenden.
    Verna tadelte sich selbst. Sie hatte überhaupt nichts verschwendet. Sie hatte das Werk des Schöpfers getan. Nur weil sie damals nicht alle Fakten gekannt hatte, wurde die Bedeutung dessen nicht geschmälert. Viele Menschen rackerten sich ihr ganzes Leben lang sinnlos ab. Verna hatte sich für etwas abgerackert, das die Welt der Lebenden gerettet hatte.
    Davon abgesehen waren diese zwanzig Jahre vielleicht die besten ihres Lebens gewesen. Sie war draußen in der Welt auf sich gestellt gewesen, zusammen mit zwei Schwestern des Lichts, hatte etwas über fremde Orte und fremde Völker gelernt. Sie hatten unter den Sternen geschlafen, ferne Bergzüge gesehen, Ebenen, Flüsse, endlose Hügellandschaften, Dörfer, Orte und Städte, die nur wenige andere je zu Gesicht bekamen. Sie hatte ihre eigenen Entscheidungen getroffen und die Folgen akzeptiert. Niemals hatte sie Berichte lesen müssen – sie hatte den Stoff gelebt, aus dem Berichte waren. Nein, ihr war nichts entgangen. Sie hatte mehr Erfahrungen gesammelt als jede der Schwestern, die hier festsaßen, in dreihundert Jahren sammeln würde.
    Verna fühlte, wie ihr eine Träne auf die Hand tropfte. Sie wischte über ihre Wange. Sie vermißte ihre Reise. Die ganze Zeit über war sie überzeugt gewesen, sie zu hassen, und erst jetzt erkannte sie, wieviel sie ihr bedeutet hatte. Sie drehte das Reisebuch in ihren zitternden Fingern um, spürte die vertraute Größe, das Gewicht – die vertrauten Narben des Leders, die vertrauten drei winzigen Erhebungen oben auf dem Deckblatt.
    Plötzlich riß sie das Buch hoch und betrachtete es im Schein der Kerzen. Die drei kleinen Erhebungen, der tiefe Kratzer unten am Rücken – es war dasselbe Buch. Sie konnte ihr Reisebuch unmöglich verwechseln, nicht, nachdem sie es zwanzig Jahre bei sich getragen hatte. Es war ganz genau dasselbe Buch. Sie hatte sich, geistesabwesend nach diesem einen suchend, alle Bücher aus der Kiste in ihrem Büro angesehen, und es nicht gefunden. Es war hier gewesen.
    Aber warum? Sie hielt das Papier in die Höhe, in das es eingeschlagen gewesen war, und sah, daß etwas darauf geschrieben stand. Im Kerzenlicht las sie:
    Behüte dies mit deinem Leben.
    Sie drehte das Papier um, doch das war alles, was dort stand. Behüte dies mit deinem Leben.
    Verna kannte die Handschrift der Prälatin. Unterwegs, als sie Richard gesucht, und später, als sie ihn gefunden hatte, man ihr jedoch verbot, ihn in irgendeiner Weise zu behelligen oder seinen Halsring zur Hilfe zu nehmen, um ihn zu kontrollieren, sie ihn aber trotzdem mitbringen sollte, ihn, einen erwachsenen Mann, der anders war als alle anderen, die sie je aufgespürt hatten, da hatte sie eine verärgerte Nachricht an den Palast geschickt. Ich bin die Schwester, die für diesen Jungen verantwortlich ist. Diese Anweisungen sind ungerechtfertigt, wenn nicht gar absurd. Ich verlange, daß man mir die Bedeutung dieser Anweisungen erklärt. Ich verlange zu wissen, auf wessen Geheiß sie gegeben wurden.
    Sie hatte eine Nachricht zurückerhalten. Du wirst tun, was man dir aufgetragen hat, oder du mußt die Konsequenzen tragen. Wage nicht, die Befehle des Palastes erneut in Frage zu stellen – höchstselbst, die Prälatin.
    Der Verweis, den die Prälatin geschickt hatte, hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Die Handschrift war in ihr Gedächtnis eingraviert. Die Handschrift auf dem Stück Papier war die gleiche.
    Diese Nachricht war ihr ein Stachel im Fleisch gewesen, denn sie verbot ihr gerade eben jenes, worin man sie ausgebildet hatte. Erst nach ihrer Rückkehr in den Palast war sie dahintergekommen, daß Richard Subtraktive Magie besaß, und er sie, hätte sie den Halsring benutzt, sehr wahrscheinlich getötet hätte. Die Prälatin hatte ihr das Leben gerettet, aber es ärgerte sie, daß man sie wieder einmal nicht informiert hatte. Wahrscheinlich war es das, was sie am meisten ärgerte: daß die Prälatin ihr das Warum nicht erklärte.
    Natürlich hatte sie Verständnis. Schwestern der Finsternis befanden sich damals im Palast, und die Prälatin durfte kein Risiko eingehen, sonst wäre die ganze Welt untergegangen. Vom Gefühl her war sie dennoch verstimmt. Vernunft und Leidenschaft stimmten nicht immer überein. Als Prälatin wurde ihr allmählich klar, daß man die Menschen manchmal einfach nicht von einer Notwendigkeit

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