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Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Titel: Die Günstlinge der Unterwelt - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Hügel, von denen aus man den Hafen überblicken konnte, waren nur im knisternden Aufleuchten der Blitze zu erkennen, die urplötzlich aus dem Nichts aufflackerten, und dann sah man auch die massiven Steinmauern der Festung hoch oben auf einer entfernten Anhöhe. Ansonsten schienen die schwachen Lichter in einem pechschwarzen Himmel zu schweben.
    Dort saß Jagang.
    Im Traum vor ihm zu stehen war eine Sache – irgendwann wachte sie vielleicht wieder auf –, aber ihm leibhaftig zu begegnen eine ganz andere. Jetzt würde es kein Erwachen geben. Sie hielt sich fester an die Verbindung. Auch für Jagang würde es kein Erwachen geben. Ihr wahrer Geliebter würde sich seiner bemächtigen und ihn zwingen zu bezahlen.
    »Sieht aus, als würdet Ihr erwartet.«
    Ulicia riß sich aus ihren Gedanken und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kapitän. »Was?«
    Er zeigte mit seiner Mütze auf eine Kutsche. »Die ist bestimmt für Euch, meine Damen. Außer den Soldaten ist niemand in der Nähe.«
    Den starren Blick in die Dunkelheit gerichtet, entdeckte sie endlich die schwarze Kutsche mit ihrem Gespann aus sechs riesigen Wallachen, die auf der Straße oben über dem Kai wartete. Die Tür stand offen. Ulicia mußte sich daran erinnern, wieder auszuatmen.
    Bald wäre es vorbei. Jagang würde bezahlen. Sie brauchten es nur zu Ende zu bringen.
    Als ihre Augen erst einmal die bewegungslosen, dunklen Umrisse erfaßt hatten, konnte sie auch die Soldaten ausmachen. Sie standen überall. Auf den Hügeln rings um den Hafen waren viele Feuer zu erkennen. Dabei wußte sie, für jedes Feuer, das im Regen brannte, gab es zwanzig oder dreißig andere, die nicht angehen wollten. Auch ohne die Feuer zu zählen, war unschwer zu erkennen, daß es Hunderte waren.
    Das Fallreep polterte übers Deck, als die Matrosen es ausführen. Mit einem dumpfen Schlag kippte ein Ende auf den Kai. Gleich nach dem Aufsetzen trabten die Matrosen mit dem Gepäck der Schwestern die Planke hinunter und hielten den Kai entlang auf die Kutsche zu.
    »Es war mir ein Vergnügen, mit Euch Geschäfte zu machen, Schwester«, log Captain Blake. Er nestelte an seiner Mütze herum und wartete, daß sie endlich von Bord gingen. Er drehte sich zu den Männern an den Tauen um. »Haltet euch bereit, die Leinen loszumachen, Männer! Wir wollen mit der Flut auslaufen!«
    Es brach kein Jubel aus, aber nur, weil sie die Folgen fürchteten, wenn sie ihre Freude darüber zeigten, daß sie ihre Passagiere los waren. Auf der Seereise zurück in die Alte Welt war es nötig gewesen, den Matrosen ein paar weitere Lektionen in Disziplin zu erteilen – Lektionen, die keiner von ihnen je vergessen würde.
    Niemand bedachte die sechs Frauen auch nur mit einem Blick, während die Seeleute schweigend auf das Kommando ›Leinen los‹ warteten. Am Ende des Fallreeps hielten sich vier Mann mit gesenktem Blick bereit, in der Hand eine Stange, die die Ecke einer Persenning aus Segeltuch stützte, um sie über die Köpfe der Schwestern zu halten, damit sie nicht völlig durchnäßt wurden.
    Ulicia verfügte über ebensoviel Energie wie das krachende Gewitter rings um sie und ihre fünf Begleiterinnen und hätte leicht ihr Han gebrauchen können, um sich und ihre fünf Schwestern vor dem Regen abzuschirmen, aber sie wollte die Verbindung erst benutzen, wenn die Zeit gekommen war. Damit hätte sie Jagang nur gewarnt. Außerdem machte es ihr Spaß, diese bedeutungslosen Würmer zu zwingen, die Persenning über ihre Köpfe zu halten. Sie konnten von Glück reden, daß sie die Verbindung nicht preisgeben wollte, sonst hätte sie sie alle miteinander abgeschlachtet. Und zwar in aller Ruhe.
    Ulicia marschierte los, und auch ihre Schwestern setzten sich in Bewegung. Jede einzelne von ihnen besaß nicht nur die Gabe, mit der sie geboren worden war, das weibliche Han, sondern durch ein geheimes Ritual verfügten sie über das Gegenstück: das männliche Han, das sie jungen Zauberern gestohlen hatten. Neben der angeborenen Additiven Gabe war jede außerdem im Besitz von deren Ergänzung: Subtraktive Magie.
    Und das alles war nun miteinander verbunden.
    Ulicia war nicht sicher gewesen, ob es funktionieren würde. Nie zuvor hatten Schwestern der Finsternis, und mehr noch, Schwestern der Finsternis, denen es darüber hinaus gelungen war, das männliche Han aufzunehmen, versucht, ihre Kraft miteinander zu verbinden. Sie waren damit ein gefährliches Risiko eingegangen, die Alternativen jedoch waren nicht

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