Die Günstlinge der Unterwelt - 5
waren, meinte er fast, die Luft um sie herum würde knistern. Es gab Schwestern, die eine Aura von solcher Kraft auszustrahlen schienen, daß sich ihm die Nackenhaare sträubten, wenn sie vorübergingen.
Diesen selben Blick hatte Richard in Lunettas Augen bemerkt – sie war in ihr Han gehüllt gewesen. Was er nicht wußte, war warum – weshalb stand sie dort, tat nichts und berührte doch ihr Han. Magierinnen hüllten sich normalerweise nicht in ihr Han, es sei denn, sie verfolgten einen Zweck damit – genau wie er sein Schwert nicht ohne Grund zog und so seine Magie heraufbeschwor. Vielleicht erfreute es ganz einfach ihr kindliches Gemüt, eben wie diese bunten Flicken. Doch das mochte Richard nicht recht glauben.
Vielleicht hatte Lunetta versucht, in Erfahrung zu bringen, ob er die Wahrheit sprach. Er wußte nicht genug über Magie, um mit Sicherheit zu sagen, ob das möglich war. Dennoch schienen Magierinnen oft irgendwie zu wissen, wenn er nicht aufrichtig war, und gaben ihm bei jeder Lüge das Gefühl, daß es für sie auch nicht offensichtlicher hätte sein können, wenn sein Haar plötzlich in Flammen aufgegangen wäre. Er hatte nichts riskieren wollen und war darauf bedacht gewesen, sich vor Lunetta nicht bei einer Lüge ertappen zu lassen – vor allem nicht was Kahlans Tod anbetraf.
Brogan hatte sich zweifellos für die Mutter Konfessor interessiert. Richard hätte ihm gerne geglaubt – was er sagte, ergab durchaus Sinn. Möglicherweise war es einfach die Sorge um Kahlans Sicherheit, die ihn allem gegenüber mißtrauisch machte.
»Der Mann bedeutet Ärger und scheint sich hier niederlassen zu wollen«, sagte er gegen seinen Willen laut.
»Wollt Ihr, daß wir ihm die Flügel stutzen, Lord Rahl?« Berdine ließ ihren Strafer, der an einer Kette an ihrem Handgelenk hing, hochschnappen und fing ihn in ihrer Hand auf. Sie zog eine Braue hoch. »Oder vielleicht etwas anderes, ein wenig tiefer?« Die anderen beiden Mord-Siths lachten amüsiert in sich hinein.
»Nein«, meinte Richard müde. »Ich habe mein Wort gegeben. Ich habe alle Leute gebeten, etwas Beispielloses zu tun, etwas, das ihr Leben für immer verändern wird. Ich muß zu meinem Wort stehen und ihnen allen Gelegenheit geben, zu erkennen, daß dies richtig ist und zum Wohl der Allgemeinheit geschieht und die beste Chance auf Frieden darstellt.«
Gratch gähnte, daß man seine Reißzähne sehen konnte, und ließ sich auf dem Boden hinter Richards Sessel nieder. Richard hoffte, daß der Gar nicht so müde war wie er selbst. Ulic und Egan schienen dem Gespräch nicht zuzuhören. Sie standen entspannt da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, reglos und hochaufragend wie die Säulen rings um den Saal. Ihre Augen jedoch wirkten keinesfalls entspannt, sie behielten die Ecken und die Nischen stets im Blick und paßten auf, obwohl der riesige Saal, abgesehen von der Achtergruppe auf dem prunkvollen Podium, verlassen war.
Nachdenklich rieb General Reibisch mit seinem fleischigen Daumen über den knollig-goldenen Fuß einer Lampe am Rand des Podiums. »Lord Rahl, war es Euch ernst damit, als Ihr sagtet, die Männer sollen nicht behalten, was sie erobert haben?«
Richard sah in die besorgten Augen des Generals. »Ja. Das ist die Art unserer Feinde, nicht unsere. Wir kämpfen für die Freiheit, nicht um der Beute willen.«
Der General wich seinem Blick aus und pflichtete ihm nickend bei.
»Habt Ihr dazu etwas anzumerken, General?«
»Nein, Lord Rahl.«
Richard ließ sich in seinen Sessel zurückfallen. »General Reibisch, ich war Waldführer, seit ich alt genug war, daß man mir vertrauen konnte. Nie zuvor mußte ich eine Armee befehligen. Ich gebe gern zu, daß ich über die Position, in der ich mich plötzlich wiederfinde, nicht allzuviel weiß. Ich könnte Eure Hilfe gebrauchen.«
»Meine Hilfe? Welche Art von Hilfe, Lord Rahl?«
»Eure Erfahrung könnte mir von Nutzen sein. Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr Eure Meinung sagen würdet, anstatt damit hinterm Berg zu halten und immer nur ›Ja, Lord Rahl‹ zu sagen. Kann sein, daß ich nicht einer Meinung mit Euch bin, kann sein, daß ich wütend werde, aber ich werde Euch nicht dafür bestrafen, wenn Ihr mir Eure Gedanken mitteilt. Wenn Ihr Euch meinen Befehlen widersetzt, werde ich Euch ablösen lassen, aber es steht Euch frei, zu sagen, was Ihr davon haltet. Das ist eines der Dinge, für die wir kämpfen.«
Der General verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. Seine
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