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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verursacht, kurieret und geheilet werden kann, sofern der Patient der Ruhe pflegt, alles Husten und Sprechen vermeidet, auch sich aller Bewegung enthält, welche seinen Körper ermüden oder in Schweiß bringen könnte. Leider tut der König das ganze Gegenteil: er hustet, daß ihm schier das Herz birst; er brüllt, anstatt zu sprechen; er bläst auf seinen Trompeten, bis ihm die Luft ausgeht; er schwitzt in seiner Schmiede, und er erschöpft seine Kräfte auf der Jagd und beim Ballschlagen.«
    »Weist Ihr ihn trotzdem auf die Schädlichkeit solchen Tuns hin?«
    »Alle Tage. Doch in diesen Dingen vertraut der König nur seinem Leibarzt, welcher einer der größten Esel der sorbonnischen Art ist und die unheilvolle Neigung Karls IX. ungestümer körperlicher Betätigung noch bestärkt. Viel klüger wäre, ihn zu drängen, sich in stille Abgeschiedenheit unter die ›ge lehrten Jungfrauen‹ zurückzuziehen, wie Euer perigurdinischer Montaigne sagt.«
    »Liebt denn Karl IX. die Musen?« fragte ich, aufs höchste verwundert.
    »Gewiß! Er liest Verse. Er verfaßt selbst welche, wobei er mit Leidenschaft dem Beispiel Ronsards folgt.«
    »Alle gekrönten Häupter des Hauses Valois sind vernarrt in die Kunst«, fügte der ehrenwerte l’Etoile an, ohne daß der grämliche Ton seiner Stimme verriet, ob dies als Lob gemeint sei. »Die Königinmutter läßt Bernard Palissy und Jean Goujon ihre Förderung angedeihen. Prinzessin Margot beherrscht das Lateinische auf wunderbarliche Weise. Und der Herzog von Anjou versteht das Französische mit höchster Kunst zu sprechen.«
    Dieses Gespräch erhellte meinen Geist über so viele Dinge, sowohl große als auch kleine, daß ich gewünscht hätte, es nähme nie ein Ende. Doch nach beendigtem Mahle entschuldigte sich Pierre de la Ramée, daß er uns verlassen müsse: erhabe noch in dieser Stunde einen Kaufmann in der Rue Saint-Denis aufzusuchen, welcher eine schnelle und gar treffliche Methode besitzen solle, die Unterschiedlichkeit der Münzen, Maße und Gewichte zu berechnen bei seinem täglichen Handel und Commerz mit fremden Kaufleuten aus Italien und England.
    »Dico atque confirno«
, sprach er lächelnd, indes er sich erhob ,
»nullum esse in Academia Paris mathematicis artibus eruditum quem non familiarem carumque habeam
«.
    »Verdolmetschet mir dies, ich bitt Euch«, sagte Ambroise Paré.
    »Ich sage und behaupte, daß es an der Universität zu Paris keinen Gelehrten der Mathematik gibt, den ich nicht als meinen Freund und Vertrauten erachte, und sei es einer jener praktischen Leute«, fügte er mit gerunzelter Stirn hinzu, »für welche der ungelehrte Charpentier so große Verachtung hegt.«
    Da er nun Ramus aufbrechen sah, erhob sich auch Ambroise Paré, welcher, so er allein gewesen, noch länger verweilt hätte (da er seine Speisen so langsam kaute), und sprach, er ginge mit jenem gemeinsam des Weges, denn er habe auch im Viertel Saint-Denis zu tun. Er müsse dort die Knochen eines gebrochenen Knies richten, aus welcher Ursache er am Morgen das Skelett eines Hingerichteten, welches er in seinem Hause aufbewahre, mit größter Aufmerksamkeit studieret und sowohl vom Knie als auch von dessen einzelnen Bestandteilen eine Zeichnung angefertigt habe, die er mir zeigte und die ich für ausgezeichnet und sehr genau befand. Einer wie der andere umarmten sie mich beim Abschied mit Herzlichkeit, darob mir das Herz höher schlug, denn sie hatten mit ihrer Wissenschaft, Kühnheit und Menschlichkeit meine Bewunderung erregt.
    »Der berühmtere von beiden«, so sprach Pierre de l’Etoile, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen, »ist Ambroise Paré, denn er ist der Verbündete des Menschen gegen den drohenden Tod. Doch ich vermeine, Pierre de la Ramée ist der größere Geist, denn sein Wissen umfaßt alle Künste bis hin zur Mathematik, welche er besser kennt denn jeder andere in Frankreich. Diesen Reformierten, der eine Zierde seiner Kirche ist, treibt es, alle mit Verkehrtheiten behafteten Dinge zu reformieren: die Schulen, die Grammatik, die Rechtschreibung, denn er ist gar groß an Geist und ketzerisch auf allen Gebieten, wie esAmbroise Paré in der Heilkunst ist. Aus welcher Ursache auch versucht worden ist, den einen wie den anderen dem Tode auszuliefern, so haß- und gifterfüllt sind in diesem Königreiche die Verfechter des Althergebrachten.«
    »Er scheint voller Zorn zu sein auf diesen Charpentier«, fügte ich an.
    »Nicht ohne Grund«, fuhr l’Etoile fort. »Denn

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