Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
Tore des Louvre am heutigen Tage von so hohen Edelleuten bewacht werden und nicht von einem einfachen Sergeanten der Fußwache?«
    »Diga me.«
1
    »Man erwartet den Nuntius des Papstes, welcher der Königinmutter einen Besuch abzustatten gedenkt.«
    »Oh«, sprach ich
sotto voce
, »das verheißt nichts Gutes. Weiß doch ein jeder, daß der Papst und Philipp II. von Spanien vereint danach trachten, beim König unseren Tod zu erwirken!«
    »Aber wie soll ihnen das gelingen«, fragte Miroul, »da doch unser Coligny sich der Gunst des Königs erfreut?«
    All dies ward auf okzitanisch mit leiser Stimme zwischen uns gesprochen, doch hätten wir es aus vollem Halse vor aller Welt hinausschreien können, so wenig Aufmerksamkeit widmete uns die lärmende, buntschillernde Menge der Höflinge um uns herum, welche eifrigst ihren müßigen Geschäften nachgingen und allein mit sich selbst beschäftigt waren.
    Die Galerie, worinnen der Maestro seine Fechtübungen mit Rabastens vollführte, welche schon im Gange waren, da wir eintraten, und von Samson mit höchster Verwunderung betrachtet wurden, war ein langer Raum, aufs beste erhellt von hohen Fenstern auf den Seine-Fluß hinaus, jedoch bar jeglicher Ausstattung, so daß auch nicht der kleinste Schemel zu erblicken war und die sich im Fechten übenden Edelleute die abgelegten Wämser ihren Dienern zum Halten geben mußten.
    Da in dieser Galerie zu gleicher Zeit drei oder vier Fechtübungen im Gange waren, verursachte das Klirren und Rasseln so vieler aufeinandertreffender Klingen sowie das Keuchen und Schreien der Fechter, der Geruch ihres Schweißes, vermischt mit dem Geruch der auf den Boden gestreuten Sägespäne, eine Erregung der Sinne, welche ich als höchst angenehm befand.
    Ich verwunderte mich wieder und wieder über die Kraft, welche von dem riesenhaften Rabastens ausging, während er die Klinge mit Giacomi kreuzte, zumal er ebenfalls auf italienische Art focht, und nicht ohne Kunstfertigkeit. Doch Giacomi handhabte den Degen mit einer solchen Besonnenheit – jede überflüssige Bewegung vermeidend, nie zurückweichend, stets in vollkommener Körperhaltung, den langen Arm ganz ausgestreckt –, daß seine Klinge auf wundersame Weise stets dort zugegen war, so die von Rabastens auftauchte, und ich kaum Zweifel hatte über den Ausgang dieses freundschaftlichen Kampfes, in dem Giacomi sich gleichwohl mehr mit der Verteidigung begnügte, um den Stolz des Franzosen nicht durch wiederholte Treffer zu beleidigen.
    Die Fechter vollführten ihre Übungen auf der Fensterseite, die Zuschauer drängten sich auf der gegenüberliegenden Seite hinter einer dünnen roten Schnur, welche in zwei Zoll Höhe über dem Boden gespannt war. Die einzelnen Fechterpaare waren indes nicht voneinander abgeteilt, und so konnte es hin und wieder geschehen, daß einer von ihnen, vor einem ungestümen Angriff zurückweichend, mit dem Rücken an den Rücken eines anderen Fechters stieß und diesem also größte Ungemächlichkeit bereitete. In einem solchen Falle ward die Übung unterbrochen, und beide Seiten ergingen sich in großen Entschuldigungszeremonien unter gegenseitigem Verbeugen und Salutieren mit dem Degen. Diese Höflichkeitsbezeugungen, über welche ich mich nicht wenig verwunderte, hatten anscheinend die italienischen Maestri eingeführt, denn sowohl im Ballhaus als auch im Hofe des Louvre oder in den Sälen, welche ich durchquert, schien mir die Aufführung der Höflinge trotz ihrer prächtigen und vielfarbigen Tracht rauh und ungehobelt, gebrauchten diese Elegants doch gar oft ohne Rücksicht die Ellenbogen, stießen andere, ob Mann oder Weib, beiseite, traten einander auf die Füße, spuckten aus oder schneuzten sich mitden Fingern ohne Rücksicht, wen oder was ihr Auswurf traf; auch lüpften sie zuweilen mit dem Finger die Masken der Damen, wenn sie diesen nicht gar mit frecher Hand im Vorbeigehen den Hintern tätschelten. Bei letzterem bestand freilich die Ungesittetheit mehr in der Gebärde als in der Sache selbst, denn die hochfeinen Damen trugen, wie ich hörte, an jener Stelle eine Auspolsterung, auch falscher Steiß genannt, welcher ihre dortigen Reize üppiger erscheinen lassen sollte und ihnen als Schutz und Schild gegen solcherart freche Angriffe diente.
    Da sich Miroul indessen wieder – wie es seine Art war – ohne ein Wort des Bescheides von mir entfernte, folgte ich ihm mit den Augen, und als ich bemerkte, daß er sich unter die Diener mischte, welche die Wämser

Weitere Kostenlose Bücher