Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Gedächtnis rief, daß ich in der Rue Trouvevache erwartet würde, suchte er mich davon abzubringen, diese »Erzkokette« aufzusuchen; wenn mir der Sinn nach galanten Abenteuern stünde, meinte er, dann wüßte er schon, wohin er mich führen könne, damit ich zufriedengestellt würde. Allein, ich willigte nicht ein, weil ich mein der Baronin gegebenes Wort nicht brechen und auch verhindern wollte, daß Quéribus meine ganze Zeit in Anspruch nähme, wozu er im Überschwange seiner Freundschaft neigte, wie ich sah. Was nicht heißen soll, daß ich ihn nicht liebte, im Gegenteil! Doch wollte ich von Anfang an etwas Zurückhaltung gewahrt wissen, damit ich Herr der Stunden meines Lebens bliebe.
Wir trennten uns nicht ohne eine letzte Umarmung, nach ungezählten Küssen, Treueschwüren, freundschaftlichen Blicken als auch einigen Freudentränen. Ich schaute ihm nach, wie er im Glanze der noch hoch am Himmel stehenden Sonne in seinen prächtigen Kleidern über den Hof des Louvre-Schlosses davonging. Und sein Schritt war so federnd, als liefe er, den Boden nur mit den Zehenspitzen berührend, einen Hügel hinauf, um sich in den Himmel der Glückseligkeit zu erheben.
»Heu! Quam difficilis gloriae custodia est!«
1 sprach da eine hämische Stimme, und ich erkannte, mich umwendend, Fogacer mit hochgezogenen Brauen und glitzernden Augen, nichtunähnlich einer großen schwarzen Heuschrecke, welche mir eines ihrer langen Glieder auf die Schulter legte und mit spöttischem Lächeln fortfuhr: »Siorac, mi fili, diese liebevollen Umarmungen des ungestümen Quéribus, welche gewißlich schätzenswerter sind als seine Degenspitze an der Kehle – ein Fintstoß, den ihn der große Silvius gelehrt –, hast du nur mir zu verdanken! denn ich stand an einem Fenster des Louvre, und als ich dich auf dem Hof im Streit mit diesem gefährlichen Haudegen sah, berichtete ich ungesäumt dem Herzog davon, mit dem Ergebnis, welches du kennst. Und nun bin ich uneins mit mir, ob ich recht getan oder nicht. Gewißlich ist es nicht wenig, dich am Leben erhalten zu haben,
mi fili
, den ich mit der Milch der Philosophie und der Logik aus den beiden unfruchtbaren Brüsten des Aristoteles genährt; doch vielleicht habe ich dich nur, in prächtiger Kleidung und mit wohlgefülltem Beutel, auf das Kapitol erhoben, damit du von der Höhe des Tarpejischen Felses in die Leere hinabgestürzt werdest?
Fortuna vitres est. Tum cum splendet fragitur.
1 «
»Fogacer, was bedeuten deine Worte?« sprach ich mit weitgeöffneten Augen, indes mein Samson, Giacomi und Miroul (welche sich wieder zu mir gesellt, sobald ich aus dem Schloß getreten war), schweigend und staunend ob meines unerhörten Glückes wie ob der unheilschweren Botschaft, welches dies hüpfende schwarze Langbein soeben verkündet, um mich standen.
»Siorac«, fuhr Fogacer fort, seinen Kopf dem meinigen nähernd (was ihm Samson, Giacomi und Miroul sogleich nachtaten, so begierig waren sie, seine Worte zu hören), »es wird keine Stunde vergehen, ohne daß nicht der ganze Hof weiß, welch beispiellose Gunst der Herzog von Anjou Euch erwiesen. Noch heute abend wird Pierre de l’Etoile davon erfahren, und morgen die ganze Stadt.«
»Nun, darin kann ich kein Übel entdecken«, erwiderte ich.
»Das Übel ist riesengroß«, entgegnete Fogacer ohne jeden Spott. »Von diesem Tag an, Siorac, wirst du der Partei des Herzogs von Anjou zugerechnet und also den drei anderen verdächtig sein: den Hugenotten ganz gewiß, welche dir die Gunst des Siegers von Jarnac und Moncontour mit eisigen Mienenlohnen werden; den Anhängern des Guise, welche die Schlauheit des Herzogs weit mehr fürchten als die des Königs; und schließlich dem König.«
»Dem König? Wie das?« rief ich aus, stotternd vor Erregung.
»Habe ich es Euch nicht schon berichtet? Der König haßt seinen Bruder und verabscheut dessen Freunde. Siorac, begreifet die Ironie des Schicksals: bis zum heutigen Tag konntet Ihr Euch vor dem König nicht zeigen wegen Eures geflickten Wamses. In Eurer prächtigen Ausstaffierung könnt Ihr Euch jetzt vor dem König zeigen, doch er wird Euch nun nicht mehr empfangen.«
»Ach, Fogacer!« sprach ich mit allergrößter Bitterkeit, »was sagt Ihr da? Dann wäre doch das ganze Beginnen kläglich gescheitert, welchen Grund und Ursache dieser langen Reise, der durchstandenen Gefahren, der vertanen Zeit und der großen Ausgaben an Geld! Hätte ich die Dukaten des Herzogs zurückweisen und dies Wams nicht annehmen
Weitere Kostenlose Bücher