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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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freut es mich, Euch in solcher Ausstaffierung zu sehen!
Bei meinem Gewissen, ich könnte vergehen!
Dieser Satin! Diese Schulterweite! Dieser Schnitt nach der letzten Mode! Diese Perlen von schönstem Glanz! Man sieht gleich, daß es keine Lyoner Glaswaren sind! Madame wäre höchst erfreut, Euch in dieser Kleiderpracht zu sehen!«
    »Ist sie nicht im Hause?« fragte ich kühl.
    »Madame kann erst zu späterer Stunde hier sein, denn sie wurde im Palais durch einen widrigen Zufall zurückgehalten. Doch bittet Sie Euch, allein zu speisen, und hofft, gegen die Mitternacht hier zu sein.«
    Nach welchen Worten Corinne wiederum einen jener Knickse vollführte, welche ihre Reize auf höchst bequeme Weise dem Blicke darboten, mich bei der Hand nahm und inein heimeliges, mit purpurfarbenem Sammet ausgekleidetes Gemach führte, worinnen ein reichgedeckter Tisch stand, hell erleuchtet von einer gehörigen Anzahl Kerzen und beladen mit so vielen wohlriechenden Speisen, daß mir das Wasser im Munde zusammenlief.
    »Sapperment, Corinne!« rief ich, »welch herrliche Tafel! Doch wie traurig speist es sich allein, selbst von einem goldbestickten Tischtuch und aus silbernem Geschirr! Wenn du mich zu deinem Herrn willst und tun, was ich befehle, dann sollst du mir Gesellschaft leisten wie auch mein Miroul.«
    »Oh, gnädigster Herr!« erwiderte Corinne, sich windend wie die Schlange im Garten Eden auf dem Baume der Erkenntnis und mir einen Blick zuwerfend, der mich geradewegs aus dem Paradies gelockt hätte, wenn nicht schon unsere Vorahnen daraus vertrieben worden wären. »Ob ich Euch zu meinem Herrn will? Was fragt Ihr? Befehlet nur, gnädigster Herr. Ich werde mich gehorsamer, fügsamer, lenksamer und williger zeigen als alle Haremsdamen des Großtürken zusammen.«
    Worauf Mirouls braunes Auge zu strahlen begann, und indes Corinne unter dem anmutigen Schwingen ihres smaragdfarbenen Rockes mit den mandelgrünen Streifen hinausging, um Nicotin anzuweisen, zwei Gedecke herbeizubringen, trat mein wackerer Diener an meine Seite und sprach zu mir:
    »Moussu, ich weiß nicht, ob die Herrin Euch gewogen sein wird, doch die Dienerin habt Ihr schon im Sack; sie brennt so heiß, daß sie ihre Hüllen von ganz allein fallen lassen wird.«
    »Ebendas gefällt mir nicht«, sprach ich mit leiser Stimme. »Ein Frauenzimmer muß sich bitten lassen. Dieses hier ist mir zu ungeniert. Ich fürchte, man stellt mir eine Falle, damit ich hineintappe und man mich zum Esel machen kann. Warum läßt man mich gegen diesen kleinen Turm anrennen, wenn man mir die ganze Burg ausliefern will?«
    »Ei, Moussu!« sprach Miroul, »ich an Eurer Stelle würde mir das Hirn nicht so zermartern. Haben wir nicht auf dieser langen Reise so viele Tage die Bitternis der Enthaltsamkeit auf uns nehmen müssen?«
    »Was!« rief ich, »du Halunke wagst es, von Enthaltsamkeit zu sprechen, da du mir die Hausmagd von Madame Béqueret zu Montfort vor der Nase weggefischt hast?«
    »Nun, Moussu«, erwiderte Miroul lächelnd, »das sind dieMißlichkeiten des Standes eines Edelmannes. Ein solcher erwirbt nicht so leicht wie ein Diener die Vertraulichkeit einer Hausmagd. Doch da kommt Eure türkische Sklavin zurück. Greifet zu, Moussu, wenn Ihr auf mich hören wollt. Was man hat, das hat man.«
    Hinter der strahlenden Corinne trat der kleine Nicotin ein mit traurigen Augen und betrübtem Gesicht, zwei Gedecke in den Händen, höchst bekümmert in seiner Seele, daß er sich nicht mit zu Tische setzen durfte, wie es Miroul erlaubt war. Als ich ihn so sah, ließ ich mich von seiner schmollenden Miene erweichen (denn er war hübsch und liebreich wie eine Jungfer anzusehen, mit Wangen so zart und glatt, daß die Schermagd Babette kein Härlein darauf gefunden hätte); und da ich mir zum anderen diese kleine Drohne nicht zum Feinde machen wollte, befahl ich ihm, auch für sich ein Gedeck aufzutragen, worauf er, hüpfend vor Freude, mit glänzenden Augen und verzaubertem Gesicht, wie ein Kind zu mir herlief und mir unter tausend rührenden Dankesworten die Hand küßte. Als nun Corinne von neuem hinausging, schob ich ihm einige Sols in die Hand, was ihn mir vollends gewogen machte und zu weiteren Dankesworten und so heißen Blicken bewog, daß mich deuchte, ich hätte mich hier, außer in der Burg selbst, zwischen Turm und Wächterhäuschen nach meinem Belieben tummeln können. Doch du weißt wohl, geschätzter Leser, daß ich mich von solchen Gelüsten weder angezogen noch abgestoßen

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