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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hatte.
    »Madame«, sprach ich da, ihre anmutige Hand ergreifend und sie zu einem Schemel führend, denn so sie saß, schien mir die Gefahr geringer, in welche sie mich brachte. »Wie kommt es, daß Ihr wie durch ein Wunder, wie eine
dea ex machina
1 allhier erscheinet, just da ich Euch so dringend brauche?«
    »Es ist«, erwiderte sie, »kein Wunder. Wie ein jeder im Königreich, der von einigermaßen vornehmer Geburt ist, komme ich, an der Hochzeit der Prinzessin Margot mit dem elenden Ketzer teilzunehmen, obgleich mir das Herz ob dieser widernatürlichen Bindung blutet. Und da mein Weg mich über Montfort-l’Amaury führte, erfuhr ich von Madame Béqueret, welche just einen Brief von Euch erhalten, wo Ihr Quartier genommen. Doch ist es denn wahr, mein hübscher Bruder«, sie zwinkerte mit den Augen und machte Miene, sich zu erheben (woran ich sie, mit der Hand ihre Schulter niederdrückend, hinderte), »daß Ihr mich so dringend braucht?«
    »Wie!« rief ich, »hat Euch Madame Béqueret von meinem Ansinnen nicht berichtet?«
    »Sie hat mir anvertraut, sie wäre einverstanden, doch sie hat nicht gesagt, womit.«
    »Und Ihr, Madame …«
    »O Pierre«, unterbrach sie mich, »nennet mich nicht länger Madame! Liebt Ihr mich denn so wenig?« fügte sie mit scheinheiliger Trauermiene hinzu, so daß ich unwillkürlich einen erneuten Angriff befürchtete.
    »Meine holde Schwester«, sprach ich, den Druck meiner Hand steigernd, an welche sie nunmehr ihr Angesicht schmiegte und ihre heißen Lippen preßte, »könntet Ihr wohl bei Madame Béqueret zu Montfort Quartier nehmen? Würde sie Euch aufnehmen?«
    »Gewißlich! Doch was sollte ich fort, fern von meinem Samson und von Euch, fern von Paris und den rauschenden Festen, welche zur Hochzeit der Prinzessin gegeben werden?«
    »Oh, Madame!« rief ich, »es muß sein! Samson gerät allhier durch seinen unbeugsamen, geraden Sinn in die allergrößten Gefahren.«
    Und sogleich berichtete ich ihr die unglückselige Begebenheit bei der Prozession, welche meinen viellieben Bruder, weil er vor der verstümmelten Marienstatue nicht die Mütze gezogen, fast das Leben gekostet hätte.
    »Ach! Derartiges habe ich befürchtet!« sprach sie. »Er ist so edel, so rein und unschuldig wie ein Engel, mein lieber kleiner Hugenott. (Ho! dachte ich, der wenigstens ist kein elender Ketzer!) Doch bei der Heiligen Jungfrau – meine Rache wäre furchtbar, wenn man ihn mir tötete!« rief sie, die Hand an einen langen Dolch legend, welchen sie an ihrem Gürtel trug, woran ich ersah, daß die schöne Normannin just von ihrer Reise angelangt war, obgleich sie doch so frisch und munter schien, als wäre sie eben aus ihrem Bett gestiegen.
    »Wie wenig hülfe Eure Rache mir und auch Euch selbst«, erwiderte ich, »wenn Samson nicht mehr am Leben wäre! Meine Schwester, es braucht einen schnellen Entschluß. Samson darf nicht länger hier verweilen und in allen Gassen ausschreien, er sei des reformierten Glaubens und hasse alle Götzenbilder und Heiligen.«
    »Aber was soll man tun? Was nur?« rief Dame Gertrude ganz verzweifelt.
    »Ich will es Euch sagen: verzichtet auf die Festlichkeiten einer Hochzeit, welche Ihr ohnehin nicht billigt. Nehmt meinen Samson unter Eure Fittiche und ziehet mit ihm nach Montfortl’Amaury. Möge er sich dort des Tages mit seinen Arzeneigefäßen abgeben, des Nachts … Ihr wißt schon, und des Sonntags nehmt ihn mit zur Messe, dann wird ihm keine Gefahr drohen. Doch bleibt er hier, steht das Schlimmste zu befürchten!«
    Worauf Dame Gertrude du Luc schwieg, die Lider über ihre grünen Augen gesenkt (welchselbe mich an die einer anmutigen Katze erinnerten, welche wir auf Mespech besessen). Ich sah, wie sehr sie hin und her gerissen war zwischen den Freuden, welche sie sich von den rauschenden Festen der Hochzeit am Königshofe versprach, und ihrer großen, wenn auch nicht immertreuen Liebe, die sie für meinen schönen Samson empfand. Da sie zudem gekleidet war wie eine Königin und fast ebenso prächtig anzuschauen war wie die Baronin von Tourelles, konnte ich mir wohl vorstellen, daß ihr der Sinn danach stand, in der Hauptstadt gesehen zu werden und selbst zu sehen, in aller Muß in den Kaufläden der Grand’ Rue Saint-Honoré und der Sankt-Michaels-Brücke nach schönen Dingen zu kramen, sich am Hof zu zeigen, wo ihre Schönheit gewißlich die Bewunderung der Kavaliere erregen würde, und schließlich all die Wunderbarlichkeiten der königlichen Hochzeit nicht nur

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